Peter Grimm / 10.04.2025 / 15:00 / Foto: David Hall / 47 / Seite ausdrucken

Überraschendes im Staatsvertrags-Fernsehen

Das kam unerwartet: Eine kritische 45-Minuten-Reportage über die brutalen Gewalttaten von Migranten wird im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gesendet, wo sonst die negativen Folgen der massenhaften illegalen Einwanderung entweder relativiert oder beschwiegen werden.

Da an dieser Stelle gelegentlich und berechtigterweise der allzu regierungsfreundliche Blick der Zwangsgebühren-Sender auf bestimmte brisante Themen gerügt wird, sollte man es auch würdigen, wenn es überraschenderweise einmal anders kommt. In etlichen Medien konnte das interessierte Publikum am Donnerstagmorgen von einer skandalösen Äußerung der Bundessprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, lesen. Die Welt berichtete beispielsweise:

„In der ARD-Sendung ‚Klar‘ wurde die Nachwuchspolitikerin auf die Migrationspolitik der vergangenen Jahre angesprochen. Auf die Frage von Moderatorin Julia Ruhs, was Nietzard Eltern oder Angehörigen sagen würde, deren Kinder durch Migranten getötet worden, wich sie aus: ‚Ich finde es dumm, auf die Frage zu antworten.‘

Schließlich antwortete Nietzard doch auf Ruhs Frage: „Was sage ich den Frauen, die letztes Wochenende umgebracht wurden von ihrem eigenen Vater, was sage ich denen? Das ist keine Debatte.“ Natürlich sei es schlimm, wenn Kinder ermordet werden, fuhr die 26-Jährige fort. Dann stellte Nietzard in den Raum: „Aber Kinder werden nicht mehr von afghanischen Attentätern ermordet als von deutschen Vätern.“

Ein Öffnungs-Zeichen?

Das gilt verständlicherweise als berichtenswerter Aufreger, aber überraschend ist solch eine Äußerung von Frau Nietzard eigentlich nicht. In ihrer ideologischen Linientreue ist sie betonhart. Viel überraschender ist die nur als Quelle erwähnte neue 45-Minuten-Sendung "Klar". Es lohnt sich, die ganze Dreiviertelstunde anzusehen, denn die widmet sich dem von öffentlich-rechtlichen Redaktionen sonst gemiedenen Thema „Migration: was falsch läuft“. 

Linear wurde Klar am späteren Mittwochabend im NDR gesendet und ist jetzt in der Mediathek und auf YouTube zu sehen. Die Sendung ist eine Koproduktion von NDR und BR. Unklar ist, wie oft das Format eigentlich produziert werden soll. Von Moderatorin Julia Ruhs ist am Ende der Sendung nur zu erfahren, dass dies die erste Folge von Klar war und die nächste bereits in Arbeit ist. Wann sie zu sehen sein wird, darüber lässt Frau Ruhs ihre Zuschauer im Unklaren.

Aufwand haben NDR und BR für die erste „Klar“-Sendung offenbar nicht gescheut, denn immerhin wurden – so sagt der Abspann – sechs Autoren beschäftigt. Das Ergebnis lässt sich sehen. Dass ich kulturell damit fremdle, von Moderatoren als Zuschauer einfach geduzt zu werden, steht auf einem anderen Blatt.

Doch das ist nicht so wichtig. Wichtiger ist die Frage, was es zu bedeuten hat, wenn sich in einem öffentlich-rechtlichen Sender plötzlich eine neue journalistisch-kritische Sendung Fragen widmet, von denen man angesichts des sonstigen Programms annahm, die Kollegen in den Anstalten des öffentlichen Rechts hätten verlernt, diese zu stellen. Ist das nur ein kleines Feigenblatt? Ist das ein Öffnungs-Zeichen? Zeigen ein paar Aufrechte Flagge? Oder deutet sich der Beginn einer Art Zeitenwende im Staatsvertragsfunk an? Gut, Letzteres klingt vielleicht etwas zu optimistisch. Aber Würdigung verdient es. Sehen Sie selbst.

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

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Leserpost

netiquette:

W. Renner / 10.04.2025

Habe die Sendung letzte Nacht, eigentlich eher zufällig, verfolgt da ich die zuvor laufende True Crime Doku geschaut habe. und konnte nicht glauben, dass dies der NDR ist. Aber halt nach Mitternacht, im Regionalprogramm.

Karsten Dörre / 10.04.2025

Julia Ruhs fällt bei focus de positiv auf, weil sie dort Artikel veröffentlicht, die weder links noch rechts sind. Positiv natürlich nur für diejenigen, die weder eine rein linke, noch eine rein rechte Demokratie fordern.

Alois Ludwig / 10.04.2025

Zu spät, der Käse ist gegessen. Nun muss die Suppe, die man sich über Jahre gekocht hat, auch ausgelöffelt werden. Guten Appetit! Keine Bange, es ist noch genug Suppe da.

Dietmar Herrmann / 10.04.2025

Die absurdesten Schoten aus Stoibers Mund wurden einst zu einem wirklichen lustigen Video zusammengeschnitten. Absurdes Material liefert auch Frau Nietzard regelmäßig, löst damit aber kein Lachen, sondern Brechreiz aus. Ist sie so unreflektiert, daß sie selbst nicht die soziopathischen Züge ihrer Absonderungen bemerkt, oder daß sie sich selbst bloßstellt, wenn sie Frauen von Männerbeziehungen abrät, da diese ohnehin nicht zum Orgasmus führen (vielleicht mal was anderes ausprobieren als effeminisierte Müslimümmler)? Eiskalt menschenfeindlich sind die Einlassungen, denen zufolge Migrantenmorde nicht so schlimm seien, da auch Menschen im Straßenverkehr oder durch einheimische Mörder sterben. Würden rechte Untaten derartig lapidar weggewischt, drohte eine Anklage wegen Volksverhetzung. Bei den Jettes dieser linken Welt ist es leider umgekehrt: Eine kritische Analyse ihres Mindsets kann den Autor hinter Gitter bringen.

nadine merian / 10.04.2025

Ich bin überzeugt, dass es im ÖRR noch immer Menschen gibt, die den Beruf des Journalisten seriös gelernt haben, Journalist sein wollen und eben deshalb nicht Aktivist sein wollen. Diese Menschen gibt es nach wie vor - im ÖRR. Es ändert aber leider nichts an der Tatsache (ups, darf man das noch sagen, oder ist das jetzt eine falsche Tatsachenbehauptung?) also gut, dann nochmals von vorne… Es ändert aber leider nichts daran (das Wort Tatsache lasse ich einfach weg und tut auch nichts zur Sache). Also nochmals von vorne: Es ändert aber leider nichts daran, dass die 4. Macht in die alternativen Medien abgewandert ist und dort überdurchschnittlich viele Leser und Zuseher findet. Dass das so ist, dafür können die alternativen Medien nur insofern etwas, dass sie ihren Job als Journalisten machen. Oder wie Herr Broder zu sagen pflegt: Die Menschen lesen nach wie vor, nur halt woanders. So ist es.

Thomas Weigel / 10.04.2025

Ausstrahlung nachts um 01:10h. Also im Hinterhof. Von einer Wende kann nicht die Rede sein.

Andreas Rochow / 10.04.2025

Ich habe die neue kritische Tabubrecher-Sendung des NDR nicht gesehen. Das saloppe Du lässt ein KiKa/funk-Experiment vermuten. Hoffnungen beziehe ich aus dem Staatsfunk schon lange nicht mehr. Der Bolschewismus ist in diesem System so sehr zuhause, dass mich ein Grusel erfasst, wenn ich nur wenige Minuten Tagesschau sehe. Mein Zwangsbeitrag ist eine unfreiwillige Spende an das perverseste Pensionssystem, das sich auf deutschem Boden etabliert hat. Zum Glück erlaubt uns Nancy Faeser noch, interessante Kanäle via YouTube zu verfolgen. Dort wird man als Kommentator zwar nummeriert aber nur noch selten zurückgepfiffen. Meine verlässlichen Informationen beziehe ich von dort und erfahre auch, wenn der ö.-r. Rundfunk mal seiner Verpflichtung aus dem Medienstaatsvertrag entsprochen hat.  Achgut.com ist und bleibt übrigens meine erste Wahl.)

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