Walter Krämer / 04.01.2020 / 06:20 / Foto: Victor Bezrukov / 42 / Seite ausdrucken

Überall Gifte? Grenzwertige Grenzwerte (1)

Das Silvester-Geböller hat eines der Leitthemen des Jahres 2019, die Grenzwertdebatte, wieder ins Rampenlicht gerückt. Da hilft es, einmal vom Panik- in den Denkmodus umzuschalten und 500 Jahre zurückzugehen. Da propagierte der große Paracelsus eine damals revolutionäre Theorie. Sie ist bis heute unwidersprochen und ohne Zweifel anerkannt. Weder Galileo noch Newton noch Einstein können das von ihren Thesen sagen. Das ist die Theorie des Paracelsus von der Dosis:

„Was das nit gifft ist? Alle ding sind gifft und nichts ist ohn gifft. Allein die dosis macht das ein ding kein gifft ist. Als ein Exempel: ein jegliche speiß und ein jeglich getranck, so es über sein dosis eingenommen wird, so ist es gifft.“

Die Dosis also, und nicht der Stoff an sich, ist die zentrale Größe jeder Schadstoffdiskussion. Auch bestes Trinkwasser etwa ist in hohen Dosen giftig. In der Medizinliteratur ist von einer Hausfrau aus England zu lesen, die sich an ihrem Haushaltsreiniger verschluckt (die näheren Umstände erfährt man nicht). Die Frau gerät in Panik, ruft ihren Apotheker an, der sagt: trink viel Wasser, die Frau trinkt 12 Liter Wasser und stirbt eine Stunde später an Wasservergiftung.

Die Quantifizierung dieser Dosis-Wirkung-Beziehung geschieht heute mittels fortgeschrittener Methoden der mathematischen Statistik, per sogenannter Dosis-Wirkungskurven. Diese zeigen, wie die in Tierexperimenten der Anteil der erkranken oder gestorbenen Tiere von der Dosis abhängt. Der berüchtigte LD50-Wert bezeichnet dabei diejenige Schwelle, bei der 50 Prozent der untersuchten Tiere sterben. Dann nehmen die Effekte mit sinkender Belastung stetig ab, und unterhalb eines bestimmten  Schwellenwertes sind sie weg.

Je mehr, desto giftiger

In der Toxikologie wird heute davon ausgegangen, dass ein solcher positiver Schwellenwert für die überwiegende Mehrzahl aller Substanzen existiert; Expositionen unterhalb dieser Dosis haben keine gesundheitlichen Effekte. Nur in seltenen Ausnahmefällen gibt es solche positiven Schwellenwerte nicht.

Auch die monoton steigende Gestalt der Dosis-Wirkungskurve ist für die überwiegende Mehrzahl aller toxischen Substanzen nachgewiesen; Je mehr, desto giftiger. Nur in seltenen Ausnahmefällen nimmt die Toxizität eines Stoffes nach einem Maximum mit wachsender Dosis wieder ab.

Üblicherweise sind die aus solchen Dosis-Wirkungskurven abgeleiteten Grenzwerte wie ADI („Acceptable Daily Intake), AEL („Acceptable Exposure Level“) oder NOAEL („No Observed Adverse Effect Level") vorsichtshalber um einen Faktor 100 überhöht. Man ermittelt also einen Wert, bei dem sich im Tierversuch keine Schädigung erkennen lässt. Dann setzt man den Grenzwert für den Menschen bei einem Hundertstel dieser unschädlichen Dosis an. Selbst bei Überschreitung eines solchen Grenzwerts ist also in aller Regel noch nicht von einer Gefahr für die Gesundheit auszugehen.

Die Null-Grenzwert-Illusion

Nicht alle glauben das. Wer Grenzwerte festlege, argumentiert der mittlerweile verstorbene Soziologe Ulrich Beck, toleriere die Vergiftung unterhalb der Grenzwerte. Grenzwerte seien Persilscheine dafür, so Beck, die Menschheit ohne Strafe zu vergiften. Den Grenzwertfestsetzern ginge es darum, das zulässige Maß an Vergiftung zu definieren, was bedeute, Vergiftung grundsätzlich zuzulassen. „Würde man sich auf den nicht völlig abwegigen Grundsatz einigen, überhaupt nicht zu vergiften, gäbe es keine Probleme.“

Was also fordert der „Bund für Umwelt und Naturschutz“ (BUND), als man in Baby-Fertignahrung Pestizide findet? „In Zukunft muss gelten: Babynahrung hat frei von jeglichen Pestiziden zu sein.“ Was fordern Umweltschützer, nachdem in Sporthemden gewisser Firmen das giftige Schwermetall Tributylzinn (TBT) nachgewiesen wurde? Ein totales Produktionsverbot. Was verkünden die Grünen auf einer Bundeshauptversammlung: „Grüne Chemiepolitik zielt also darauf, [...] dass Produktionsziele der chemischen Industrie, die an sich lebensfeindlich sind, ersatzlos aufgegeben werden müssen.“

Ersatzlos aufgeben, total verbieten, völlig frei von Pestiziden. Das klingt gut und bringt Wählerstimmen. Aber ist es überhaupt grundsätzlich durchzusetzen?

In den USA hat man es einmal versucht. Der sogenannte Delaney-Zusatz (Delaney Clause oder Delaney Amendment) von 1958, eine Ergänzung des Gesetzes zur Regulierung von Nahrungs- und Arzneimitteln von 1938 (Food, Drug and Cosmetic Act) hatte bestimmt, dass amerikanische Lebensmittel keinerlei krebserzeugenden Zusätze erhalten dürfen. Und keinerlei heißt keinerlei. Die ersten Opfer waren Preiselbeerfarmer, denen ein Pestizidfund kurz vor dem Erntedankfest 1959, zu dem in den USA immer ein Truthahn mit Preiselbeeren gehört, das Geschäft ruinierte – obwohl die Präsidentschaftskandidaten Kennedy und Nixon vor laufender Kamera große Mengen an Preiselbeeren vertilgten, wollte keiner die mehr haben.

Wenigstens ein Molekül von Jesus Christus

Vielleicht sogar zu Recht, denn damals waren die Nachweisgrenzen noch recht hoch. Als dann aber im Lauf der Jahre die Diagnostik immer feiner und die entdeckten Schadstoffe immer zahlreicher wurden, schwante den Volksvertretern, was sie da angerichtet hatten – bald hätten amerikanische Farmer überhaupt nichts mehr verkaufen dürfen – und so wurde der Delaney-Zusatz im Jahr 1996 wieder abgeschafft.

Zum Scheitern verurteilt war Delaney einfach deshalb, weil fast alle Stoffe, gute und böse, giftige und ungiftige, in fast allen Lebensmitteln wie auch in unserem Körper in mehr oder weniger großen Dosen immer und mit Sicherheit enthalten sind. Zum Beispiel befindet sich im Körper eines jeden erwachsenen Mitteleuropäers – bitte nicht als Gotteslästerung missverstehen – mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest ein Molekül von Jesus Christus! (Wie auch, um hier keine Religion zu benachteiligen, von Moses oder vom Propheten Mohammed).

Eher aber mehr. Der Schweizer Wissenschaftsjournalist Herbert Cerutti hat das in der Neuen Zürcher Zeitung einmal am Beispiel des letzten Atemzuges von Julius Cäsar nachgerechnet. Bevor Cäsar durch die Dolche seines Ziehsohnes Brutus und anderer Verschwörer starb, inhalierte er noch rund zwei Liter Luft, das sind ungefähr 6 mal 10 [hoch] 22 Luftmoleküle (eine Zehn mit 22 Nullen dahinter). Die hatten bis heute über 2.000 Jahre Zeit, sich gleichmäßig in der aus rund 9 mal 10 [hoch] 22 mal 10 [hoch] 21 Luftmolekülen bestehenden Erdatmosphäre zu verteilen. Damit ist in 1,5 mal 10 [hoch] 21 Luftmolekülen im Durchschnitt ein Cäsar-Atemmolekül enthalten. „Wenn wir nun normal atmen, nehmen wir pro Zug einen halben Liter Luft auf, was 1,5 mal 10 [hoch] 22 Molekülen entspricht,“ argumentiert Cerutti. „Mit jedem Atemzug inhalieren wir deshalb 10 Luftmoleküle, die der Imperator höchstpersönlich noch ausgehaucht hatte.“

„Der Gedanke, tagein, tagaus mit jedem Atemzug außerdem mit Kleopatra, Jesus Christus und Wilhelm Tell in Kontakt zu stehen, mag erhebend sein,“ fährt Cerutti fort. „Konsequent weitergedacht, sind wir auch mit Nero, Gessler und Konsorten im intimen Luftaustausch. Bei Stalin und Hitler ist es nur eine Frage der Zeit, bis die globale Luftzirkulation auch ihren giftigen Hauch jedem braven Menschen in die Lungen treibt.“

„Schadstoffe in Kinderregenjacken“

Also: Teuflische und göttliche Stoffe gibt es im und um den menschlichen Körper mehr als genug. Und peu à peu wird man sie auch alle finden! Denn die Analysemethoden werden immer feiner. Die übliche Maßeinheit war hier lange Zeit ein Milligramm pro Kilogramm (ppm). Ein Milligramm Pflanzenschutzmittel pro Kilo Preiselbeeren konnte um die Zeit des Delaney-Amendments nachgewiesen werden, was darunter lag, war nicht vorhanden. In den 1980er Jahren konnten schon Schadstoffkonzentrationen von 1 : 1 Milliarde nachgewiesen werden, und aktuell ist man bei weniger als 1 : 1 Trillion angekommen – ein Zuckerwürfel, aufgelöst im Starnberger See, wäre heute ohne jeden Zweifel nachzuweisen.

Und das ist noch nicht das Ende. In geradezu atemberaubendem Tempo gelingt es der analytischen Chemie, mit immer neuen Messmethoden (Chromatographie, Massenspektrometrie, Kernresonanz-Spektroskopie) immer geringere Menge von Stoffen aufzuspüren, am Institut des Göttinger Nobelpreisträgers Manfred Eigen kann man inzwischen sogar einzelne Moleküle finden. Und vor allem deshalb, weil die Analysen immer feiner werden, und nicht, weil wirklich alles immer mehr vergiftet würde, kommen heute an allen Ecken und Enden stetig neue Schadstoffe ans Tageslicht. Und liefern dann Anlass für Schlagzeilen wie die folgende (aus einer Meldung von dpa):

„Schadstoffe in Kinderregenjacken – alle Produkte enthielten TBT.“ Im Text heißt es dann weiter: „In vielen Regenjacken für Kinder finden sich, einem Bericht der Zeitschrift Öko-Test zufolge, Schadstoffe. So sei in allen 16 untersuchten Jacken der Stoff Tribuzylzin (TBT) gefunden worden. Schon kleinste Mengen dieses Stoffes stünden im Verdacht, das Immun- und Hormonsystem von Menschen zu beeinträchtigen."

Panik-Meldung-Druckmaschine

Aber „das Aufspüren kleinster Schadstoffmengen hat zur Folge, dass überall alles gefunden wird“ (Der Spiegel). Weiter unten in der Meldung wird dann auch noch für eine Jacke eine Menge von 247 Mikrogramm pro Kilogramm und eine vom TÜV Rheinland erlaubte Höchstmenge erwähnt. Aber da war bei den meisten Lesern der Verhaltensschalter im Gehirn bereits auf Panikmodus umgestellt; Kaufhäuser mussten regaleweise Textilien entsorgen, in Dortmund gab es zeitweise keine BVB-Trikots zu kaufen.

Oder man nehme eine andere dpa-Meldung mit der Schlagzeile: „Viele Früchtetees mit Giftstoffen belastet“. Schon das erste Wort der Titelzeile ist falsch. Denn nicht viele Früchtetees enthalten Giftstoffe. Alle Früchtetees enthalten Giftstoffe. Man hat sie nur noch nicht gefunden.

In diesem Fall hatte die Stiftung Warentest in 28 von 50 getesteten Früchtetees das giftige Holzschutzmittel PCP entdeckt. Das war vor allem über die Hagebutte hineingekommen, die Grundlage für fast alle Früchtetees, speziell über Hagebuttenschalen aus Chile, die in Öfen unmittelbar nach PCP getränktem Holz getrocknet worden waren. Auch hier ist weiter unten in der Meldung tatsächlich auch von den gefundenen Mengen und von Grenzwerten die Rede, aber allzu oft genügt den Medien der Hinweis: das und das ist existent, und die Panikmeldung steht.

Damit ist die Grenzwert-Null-Ideologie quasi eine Panik-Meldung-Druckmaschine: Da alle Gifte überall enthalten sind, herrscht an potentiellen Schlagzeilen kein Mangel.

Dies ist Teil 1 eines zweiteiligen Beitrags.

Lesen Sie morgen: Grenzwerte als Spielball der Politik.

Dieser Beitrag erschien auch im PT-Magazin.

Quellen:

U. Beck (1986): Die Risikogesellschaft, Frankfurt (Suhrcamp).

Jörg Blech (2004): Die Krankheitserfinder. Wie wir zu Patienten gemacht werden. Frankfurt  (Fischer).

S. Campbell und G. Currie: "Against Beck: In defence of risk analysis," Philosophy of Social Sciences 36, 2006, 149 – 172.

Herbert Cerutti: "Ausgehaucht," NZZ Folio 9/1998.

Diehl, J.F. (2003): "Von Delaney zu de minimis – die Illusion des Nullrisikos," Deutsche Lebensmittel-Rundschau 99, 359 – 365.

Deutsche Forschungsgemeinschaft, Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe: MAK- und BAT-Werte-Liste: maximale Arbeitsplatzkonzentrationen und biologische Arbeitsstofftoleranzwerte. Weinheim 1992 (Wiley-VCH).

Hilmar Drygas (2009): "STATISTICAL ANALYSIS OF DIABETES MELLITUS," Discussiones Mathematicae, Probability and Statistics 29 (2009) 69 – 90.

European Food Safety Authority (EFSA): "Uranium in foodstuffs, in particular mineral water," The EFSA-Journal 2009, 1018, 1 – 59.

Greenpeace: Die unsicheren Pestizidhöchstmengen der EU, Bericht von 2008.
G. Kolata (2017): „Under new guidelines, millions more Americans will need to lower blood pressure,“ New York Times vom 13. November.

R. Moynihan, und D. Henry (2005): Selling Sickness: How the World's Biggest Pharmaceutical Companies Are Turning Us All into Patients, New York (Nation Books).

B. T. Mossmann, J. Bignon, M. Corn, A. Seaton, J.G. B. Gee (1990): “Asbestos: Scientific developments and implications for public policy,” Science 247, 294-301.

Umweltbundesamt: Rund um das Trinkwasser, Bonn 2011.

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Dr. M. von Rehmstack / 04.01.2020

Was einen immer wieder sprachlos macht, ist die Harmonie oder positive Korrelation zwischen Nichtwissen und Meinung. Es beginnt mit der Verteufelung “der Chemie”, die den Ruf hat, nur Gift zu sein, aber alles was “Natur” ist zu verherrlichen. Es gibt diesen Gegensatz gar nicht, alle Natur ist Chemie, die stärksten Gifte (Digitalis, Butolinustoxin) sind Naturstoffe, ebenso Hormone (Cortison um Gotteswillen:) es gibt eine Bonmot aus der Endokrinologie: wenn wir keine Nebenniere hätten, hätten wir kein Aldosteron und würden sterben, wenn wir keine Nebenniere hätten, hätten wir kein Cortisol und würden sterben, wenn wir keine Nebenniere hätten, hätten wir keine Sexualsteroide und würden sterben wollen), ohne sie wäre kein Organismus lebensfähig. Ich will keinem vorwerfen, die Avogadro Konstante nicht zu kennen, aber so offensichtliche Diskrepanzen zwischen angeblicher Zunahme an Umweltgiften und verlängerter Lebensdauer muß doch jedem auffallen. Wo sind die Dieseltoten oder Feinstaubtoten nach Sylvester? Es gibt sie nicht, weil die Epidemiologen mir ihren statistischen Berechnungen über eine Verkürzung der Lebenszeit um ein paar Stunden durch “Umweltgifte” keinen Hund hinter dem Ofen vorlocken würden, also rechnet man diese Stunden auf Menschenleben um und schon hat meine Schlagzeile über Umwelttote, die dann von Halbwissenden an Unwissende verkauft werden kann. Wie war das noch mit Einstein und der Unendlichkeit des Universums und der Dummheit?

August Klose / 04.01.2020

Das Beispiel mit dem Atemzug hinkt nicht nur, es hat nicht einmal Holzbeine. Zunächst ist es unsinnig von Luftmolekülen zu sprechen, da Luft ein Gasgemisch und keine molekulare Verbindung ist. Aus diesem Grund ist die bei der Berechnung zugrundliegende Avogadrozahl nicht anwendbar, da sie sich auf reine Gase unter Normbedingungen bezieht. Dem moribunden Kaiser einen letzten Atemzug von 2l Volumen zu unterstellen ist ebenso abenteurlich. Der Rest ist eine Zahlenspielerei für den Stammtisch.

Dr. M. von Rehmstack / 04.01.2020

@anders Dairie: ersetze DU durch DUH

Engelbert Gartner / 04.01.2020

@ Rainer Steppkes : Schüler aus Linz haben eine Aktion durchgeführt um die Substanz Dihydrogenmonoxid zu verbieten. An eine Stand in der Innenstadt wurde die schädlichen Eigenschaften dieser Verbindung aufgelistet.  1.) das unabsichtliches inhalieren dieser Substanz tödlich wirken kann. 2 .) in gasförmigen Zustand schwere Verbrennungen verursachen kann.  3. ) ein Hauptbestandteil des sauren Regens ist . 4.) zur Erosion beiträgt. 5 .) die Wirksamkeit von Bremsanlagen von Autos verringert. 6.) im Tumorgewebe unheilbar kranker Krebspatienten gefunden werden kann.  Von 361 antwortwilligen Befragten sprachen sich 357 für die Forderung aus, diese Substanz ( Dihydrigenmonoxid ) sofort zu verbieten. Wie würden Sie entscheiden ?  Das Ergebnis macht deutlich wie unkritisch, uninformiert und leicht manipulierbar der Mann / Frau ist.  Die Befragung war am 22 März 1998. dem internationalen Wassertag. Dihydrogenmonoxid ist Wasser Aus DVGW-Nachrichten 16. Jahrgang Heft 3 September 1998

Dr. Armin Schmid / 04.01.2020

Kleine Meckerei am Rande. Mit der Chemie haben es sogar Autoren mit MINT-Hintergrund nicht unbedingt, hier stoße ich mich an “giftige Schwermetall Tributylzinn (TBT)”. Zinn zählt (allein aufgrund seiner Dichte) zu den Schwermetallen, korrekt. Es ist aber, natürlich in moderater Dosis, insbesondere in den Grenzen, die z.B. die Grundlage der internationalen Chemikaliengesetzgebung (UN GHS) vorgibt, NICHT giftig. Die LD50, falls sie überhaupt je bestimmt wurde, liegt weitaus darüber. Ebenso wenig giftig ist das Schwermetall Eisen, um nur ein anderes Beispiel zu nennen. Es gibt durchaus sehr giftige Eisenverbindungen, z.B. Pentacarbonyleisen, das sich aber im menschlichen Körper aus Eisen oder Eisenverbindungen nicht bilden kann. So ist es auch mit TBT. TBT ist übrigens auch keine Verbindung, sondern steht für eine Stoffgruppe, nämlich die Tributylzinnverbindungen, zu denen z.B. TBTO (Tributylzinnoxid) gehört. Und noch etwas: Manche Schwermetalle, z.B. Eisen, Cobalt usw. sind essentielle, also lebensnotwendige, Spurenelemente. Ein Mangel ist dann genauso schädlich wie eine Überdosis. Wenn man das gesundheitliche Wohlbefinden gegen die Konzentration aufträgt, ergibt sich in diesen Fällen eher so etwas wie eine Glockenkurve.

August Klose / 04.01.2020

Der Begriff “Luftmoleküle” ist purer Unsinn, da Luft ein Gasgemisch ist und keine chemische Verbindung. Einige der Gase liegen in molekularer Struktur vor, die Edelgase atomar. Die Zusammensetzung der Luft dürfte außrrdem variieren.

Wolfgang janßen / 04.01.2020

Vor vielen Jahren diskutierte ich (Chemielehrer) mit einer Elternbeirätin über Dioxinfunde in der Nähe des Müllheizkraftwerks Heusenstamm bei Offenbach. Meine Frage, wieviel Dioxin man denn gefunden habe, konnte sie nicht beantworten. Sie regte sich nur fürchterlich darüber auf, dass ich eine derartige Frage überhaupt gestellt habe. Allein die Tatsache, dass man es gefunden hätte sei doch schrecklich genug. Argumentieren ließ sich hier nicht. Am Ende hatte man auch nicht mehr gefunden als an jedem anderen Ort in Deutschland. Und das war weit unterhalb jeder Schwelle. Um sich zu vergiften, hätte man mehrere Tonnen Erde essen müssen.

Arthur Erhardt / 04.01.2020

@Klaus Müller: Gemeint sind 6 mal 10 hoch 22 Moleküle, also 6 x 1000 000 000 000 000 000 000 0. Der Autor hat nur “ungefähr 2.2 Liter Luft”, also einen flachen Atemzug sehr kompliziert in Worte gefasst. Physikalische Hintergründe: Die Zahl 6.02245 x 10^23 (dreiundzwanzig, kein Fehler) ist die Anzahl Teilchen in einem Mol einer Stoffmenge, also etwa die Anzahl Atome Kohlenstoff in 12 Gramm Kohlenstoff der Massenzahl 12. Benannt ist diese Konstante nach dem italienischen Wissenschaftler Amedeo Avogadro. Ebendieser ist aufgrund der Vorarbeiten anderer Wissenschaftler draufgekommen, daß ein Mol eines idealen Gases (Idealisierung: punktförmige Teilchen ohne Ausdehnung, die nur bei Kollisionen miteinander wechselwirken) bei 1 bar Druck und 0 Grad Celsius ein Volumen von 22.4 Litern einnehmen. Für reale Gase bei nicht zu großem Druck ist das in vielen Fällen eine ausreichende Näherung, die man zum Erkenntnisgewinn weiter verwenden kann.

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