Geschichten waren das erste kollektive Gedächtnis des Menschen, die Erfahrungen der Älteren, die sie abends am Feuer erzählten, die Überlieferung der Ahnen. Über Geschichten lernen kleine Kinder, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, auch große Literatur besteht aus Geschichten, die wesentliche Inhalte und Erfahrungen abbilden. Es scheint also kaum sinnvoll, Rationalität und Geschichten wertend gegenüber zu stellen, zumal die Wissenschaft selbst jeweils den aktuellen Irrtum lebt, der übermorgen ausgeräumt wird - wahrscheinlich mit dem nächsten Irrtum. Die Vorstellung, man finde Vernunft und “richtiges” Denken vor allem in den Naturwissenschaften gegenüber der Irrationalität derjenigen, die in Bildern denken, ist also offenbar falsch. Zumal ein Bild vielfältige Information auf einmal transportiert und so komplexe Zusammenhänge zeigen kann, die das lineare Denken der Naturwissenschaften mühsam in langen Wegen ablaufen muss oder nie als Ganzes zeigen kann. Dass eine über zwei Jahrtausende entwickelte Gesellschaft bestimmte Merkmale in sich trägt und deshalb nicht oder nur in bestimmten Maß mit anderen Gesellschaften und deren Mitgliedern kompatibel ist, ist längst offensichtlich. Wobei ich immer der Ansicht war, andere europäische Staaten sind in der Mentalität nahe genug, dass man durchaus Tür an Tür miteinander leben kann. Der europäische Rahmen kann jedoch nur eine grobe Außengrenze beschreiben, innerhalb der die EU-Nationalstaaten ihre Individualität leben können, auch das ist sichtbar geworden. Et ceterum censeo quod sit liberari Julian Assange.
Der Bilderkult ist so alt wie die Menschheit selbst. Ebenso der Hang des Menschen zur Methaphysik. Der Rationalismus hat versucht, dem Menschen die Religiösität zu nehmen, und hat dadurch einen noch extremeren Bilderkult befördert, nach dem Motto: glaube nur, was du siehst. Der aufgeklärte Wissenschaftler ist also ebenso einem Bilderkult verfallen, wie der Märchenerzähler. Bilderkult ist, der Bibel nach, Götzendienst. Schon im alten Testament wird das Volk Israel aufgefordert, sich kein Bildnis zu machen, von Dingen, die im Himmel sind (Unsichtbare Welt) oder auf der Erde (Sichtbare Welt), und diese dann zu “vergöttern”. Sieht man sich katholische Kirchen oder orthodoxe Kirchen an, so besteht da kaum ein Unterschied zu den reich bebilderten Tempeln in Indien und anderen Ländern Asiens. Einzig der “Bildersturm” der Reformation, hat für etwas mehr Nüchternheit in Kirchen gesorgt. Der Grund ist, dass es dabei ein Zurück zu der Empfehlung der Bibel gab, Auch in moralischer Hinsicht. Und sieht man sich heute die positiven Beispiele funktionierter Demokratien an, so muss man doch den Zusammenhang zur Reformation sehen. Nicht die Aufklärung hat den Angelsachsen diese vorbildliche Demokratie gebracht, sondern ihr Bekenntnis zum Protestantismus, das sie erfolgreich verteidigt haben (z.B. Chromwell). Ebenso waren es reformatorisch geprägte Puritaner, die als Pilgerväter den Grundstein zur Demokratie in der USA gelegt haben. Und auch die Schweiz ist seit mehreren hundert Jahren reformiert, und hat den korrupten Katholizismus nicht länger gewähren lassen. Letzteres ist übrigens der Grund, warum Lateinamerika sich nicht ganz so positiv entwickelt hat. Letztendlich ist die “Seele eines Volkes” geprägt von gemeinsamen Siegen und Niederlagen. Ich selbst bin in Osteuropa als Deutscher aufgewachsen. Obwohl ich schon viele Jahre in Deutschland lebe, fühle ich mich, z.B. mit den Slowaken mehr verbunden, als mit den Westdeutschen. Denn auch sie haben den Kommunismus erlebt.
Nachdem ich die in diesen Beitrag enthaltenen Links zu den andern Beiträgen der Autorin angeklickt und diese gelesen habe, will ich hier doch mal daran erinnern, daß Karl Marx, der Urvater der Neidideologie und wirkungsvollste Verführer der Massen, kein typischer Deutscher gewesen ist, sondern vielleicht nicht so ganz zufällig ein Jude, und daß sich wegen der leider jeder menschlichen Gesellschaft innewohnenden Ungleichheit nicht nur in Deutschland viele Menschen von der marxistischen Neidideologie haben anstecken lassen. Noch heute ist unter Linken in ganz Europa die Meinung weitverbreitet, daß der Kommunismus nur deshalb gescheitert ist, weil der Marxismus falsch angewendet worden ist. Man müßte es in Zukunft nur besser machen.
Jetzt verstehe ich auch etwas besser warum der Liberalismus als nicht nur ökonomische Form einer Gesellschaft so gut wie überall gescheitert ist. Ich meine den wirklichen Liberalismus, nicht irgendwelche Mischformen. Denn diese Staatsform basiert ja auf die Vernunft und dem rationalem Handeln. Nicht zu verwechseln mit der “technokratischen Ratio” des Leviathans. Waren Hayek, von Mieses und Popper denn wirklich alle nur Träumer ? Ist denn jede “Zumutung” von Freiheit zum scheitern verurteilt ? Weil wir Stammesmenschen sind ,auch in der Masse ? Im übrigen benutzt man den Begriff ” Massen” für Menschengruppen erst seit Karl Marx. Ein hochgradig menschenfeindlicher Begriff mit dem er seine Ideologie untermauerte. Darum sollte man ihn ablehnen, auch bei LeBon ! Schönen Gruss.
Typisch deutsch? Die Ächtung des Individualisten, sofern er nicht Anbiederung an durchgehend herrschende “Sozialisten” betreibt. Persönliche Talente nur gestattet, wenn man dem kollektivistischen Zeitgeist, artig seine Ehrerbietung darbringt, Talentschämen ist Pflicht. Geht in der Schule los, wenn ein Schüler dreimal hintereinander die beste Klassenarbeit schreibt. Geschickt vermeiden konnte dies, nur Karl Lagerfeld, wie ich es gestern in Lanz von 2012 gesehen habe. Brilliant, wie KL alle Versuche der geistigen Vereinnahmung 75 Minuten abgewehrt hat. Belustigt hat er nebenbei den geplanten Ablauf der Sendung mitgemacht, und am Ende verschmitzt, jederzeitige Wiederholung zugesagt, als der übermütig gewordene Lanz es anbot. Gigantische Pointe. Seine letzte Einschätzung deutscher Politik ist hier bestens bekannt.
Der Kommunismus/ Sozialismus musste scheitern da er in einer kapitalistischen Welt existierte. Lenin und Stalin sind dem “Wachstumswahn” ebenso gefolgt wie der “Westen”. Es musste mit Gewalt immer mehr Mehrwert erzeugt werden, an den Bedürnissen der Bevölkerung vorbei. Das auf der anderen Seite der Linie der Kapitalismus mit nicht erfüllbaren Konsumversprechen lockte, zwang die Kommunisten auf diesen Weg, den Sie nicht bestehen konnten. Das Ende der Sowjetunion ist schlussendlich durch das Wettrüsten mit den USA zu erklären. Die USA konnten sich dank ihres zur Leitwährung gepuschten Dollars bis über beide Ohren verschulden und taten dies auch. Diese Möglichkeit hatte die Sowjetunion nicht. Der Verschuldung der USA die noch aus diesem Kampf der Systeme hervorgeht haben wir heute unter anderem die “Finanzkrise” 2009 zu verdanken. Um es nochmal kurz zu machen, der Kommunismus war auch nur eine Spielform des Kapitalismus.
Die vorherrschende Grundeinstellung ist ein pseudoreligiöser Humanismus. Der Tempeldienst obliegt zur Zeit den Wetterpriestern. Das Wächteramt behält jedoch Frau Surensauger.
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