Drei Monate, nachdem Präsident Kaïs Saïed die bisherige Regierung entlassen hatte, hat er am Montag per Dekret überraschend ein neues Kabinett ernannt, meldet kleinezeitung.at. Mit Najla Bouden sei erstmals in der Geschichte des nordafrikanischen Landes eine Frau Regierungschefin. In ihrer Antrittsrede habe Bouden den Kampf gegen die Korruption zum wichtigsten Vorhaben ihrer Regierung erklärt. Zudem wolle sie den Lebensstandard erhöhen. Auch "das Vertrauen der Menschen in den Staat" solle wiederhergestellt werden.
Ende Juli hatte der Präsident bekanntlich mit Hilfe eines Notstandsartikels der Verfassung die bisherige Regierung abgesetzt, die Arbeit des Parlaments ausgesetzt und die Immunität der Abgeordneten aufgehoben. Die bis dahin regierende islamistische Ennahdha-Partei hätte ihm daraufhin einen "Putsch" vorgeworfen. Zuletzt habe es auch Proteste in der Bevölkerung gegen Saïeds Machtübernahme gegeben.
Die Amtsvollmachten Boudens seien nach der Ausweitung der präsidialen Vollmachten durch Saïed begrenzt. Faktisch leite er die Regierungsgeschäfte und habe das letzte Wort über Kabinettsentscheidungen. Der Präsident soll die Geologin Bouden bereits Ende September nominiert haben, doch das Dekret zur Einsetzung der Regierung wurde nun erst am Montag unterzeichnet. Die 63-jährige Ministerpräsidentin sei in der Öffentlichkeit bisher vollkommen unbekannt und habe keine politische Erfahrung.