Eigentlich verwunderlich, dass auch die “rechtspopulistische” AfD entschieden gegen TTIP argumentiert. Beim Antiamerikanismus kann man Rinks und Lechts glatt verwechseln. Aber wirkliche Argumente sind mir nicht begegnet. Beim “Chlorhühnchen” - erstmalig aus dem Mund der Grünen Höhn vernommen - handelt es sich ja nur um eine billige Anti-TTIP-Parole. Die Standards der Food and Drug Administration (FDA) der USA sind unbestritten state of the art! Darunter geht bei Medikamenten nichts! Bei Lebensmitteln GLAUBT Europa allerdings, es besser zu wissen. Glaubensfragen werden aber bei TTIP nicht verhandelt.
Nebenbei bemerkt, erreichte der Aussenhandelsüberschuss der Deutschen mit den USA schon mehrmals die 40 Mr. Euro. Wie muss man sich einen Vertrag mit Gleichberechtigung auf Augenhöhe vorstellen, der dieses Ärgerniss aus amerikanischer Sicht beseitigt? Ein gleichberechtigter Freihandel bedeutet, es gibt auf beiden Seiten ähnliche Einnahmen, Vorteile oder Nachteile und auch vergleichbar viele Firmenpleiten und Menschen, die durch Importe arbeitslos geworden sind. Auf der Informationsseite der EU über TTIP steht das allerdings nicht. Und woher die deutschen Industriellenverbände ihre Begeisterung nehmen, kann ich auch nicht verstehen. Die haben doch jetzt mit VW ein schönes Exempel, wo sie den Status Quo studieren können. Auch Daimler und die Deutsche Bank hatten schon das Vergnügen. Die amerikanischen Anwälte strotzen vor Selbstbewusstsein und Tatendrang und schlafen wahrscheinlich nie.
Ich gebe zu, ich habe keine Ahnung von den Details, finde es aber lustig, dass mich das nicht von den meisten wichtigen und staatstragenden Personen in diesem Land unterscheidet. Und wie immer, wenn mich jemand kritisiert, wenn ich es wage, trotzdem eine Meinung dazu zu äußern, dann verweise ich abgeklärt darauf, dass es ja eine Demokratie auszeichnet, dass alle eine stimmberechtigte Meinung haben dürfen, egal, ob sie etwas begriffen haben oder auch nicht. Manche Beiträge in Blogs oder auch Zeitungen sind so detailliert dafür oder auch dagegen, dass man vermuten darf, sie könnten nur von Insidern geschrieben worden sein. Leider selten und nicht hier auf der Achse. Empfehlenswert wäre auch der Artikel im Freitag vor einiger Zeit, der mit “TTIP`s böser Bruder” überschrieben war. Aber nun zu Herrn Letsch. So stelle ich mir aus der Ferne den tieferen Sinn von TTIP vor: Stellen Sie Sich mal vor, sehr geehrter Herr Letsch, Sie wären Schuhmacher. Und Sie hätten einen Kunden, der bereit ist, für eine paar richtig gute Schuhe einen stolzen Preis zu bezahlen, ein paar Schuhe, mit denen der Kunde künftig in den USA mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren möchte. Die einzige Bedingung: Falls der Besitzer der Schuhe mit seinem Fahrrad einmal in einen Unfall verwickelt sein sollte, dann verpflichtet sich der Schuhmacher, also Sie, die eventuell anfallenden Kosten, inklusive neues Fahrrad, Taxi, Geldstrafen und gegebenenfalls Ärzte- und Behandlungskosten zu erstatten. Und zwar für 20 Jahre ab Kauf. Gerichtsort ist in den USA. Würden Sie dem Kunden Ihre Schuhe verkaufen?
Die gängigen Parolen zu, bzw. gegen TTIP - die allesamt keiner sachlichen Überprüfung standhalten - wurden professionell von Links-Grün wie z.B. bei der Kernenergie oder beim NATO-Doppelbeschluss kreiert und werden von einer infantilisierten und damit emotionalisierten sowie irrational agierenden Schar wie üblich eifrig nach gebetet. Wie schon häufiger in der Geschichte machen es sich hierbei Links- und Rechtsaußen zusammen richtig kuschelig, denn Anti-Amerikanismus ist es, was auf dem Programm steht. Tatsächlich steht auch nur der und allein der hinter all den angeblichen Vorbehalten.—- Die sog. “Friedensbewegung” in den 1980igern war übrigens - wie man heute weiß - zu erheblichen Teilen durch Ost-Berlin und Moskau finanziert und gesteuert, um dem Ostblock einen entscheidenden Rüstungsvorteil zum weiteren Ausbau zu ermöglichen. Herr Putin im Kreml ist der größte Feind von TTIP; und er ist ein ehemaliger KGB-Oberst aus den 1980igern. Das mag alles nur ein Zufall sein. Don Corleone jedenfalls glaubte (im Film bzw. im Buch “der Pate”) nicht an solche Zufälle. Ich bin ganz gewiss nicht Don Corleone - aber auf den Kopf gefallen bin ich auch nicht ;-)
Naja, es ist schon ein bisschen intransparent, dieses Tietipp. Wenn die Verhandlungspartner noch nichtmal einen Zettel mitnehmen dürfen, um sich Notizen zu machen, wenn sie die amerikanischen Vorschläge studieren wollen, dann denke ich mal, dass hier eine große Bürokratie mit einer anderen großen Bürokratie verhandelt. Demokratisch legitimiert oder nicht, Intransparenz macht die Bürger nicht glücklich. Dabei bin ich sehr für Handelserleichterungen mit den USA, ich würde als Dank für die Freiwerdung innovativer Anreize sogleich ein ganzes Chlorhühnchen verschnabulieren, sogar ein genmanipuliertes. Aber bei dieser Intransparenz kriege ich Angst, dass Skandale a la VW in Zukunft nicht mehr aufgedeckt werden, weil sich die Amerikaner zu sehr den europäischen Gepflogenheiten anpassen könnten.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.