Rainer Bonhorst / 03.05.2025 / 12:00 / Foto: K.I / 27 / Seite ausdrucken

Trump und Selenskyj – der Durchbruch

Gut hundert Tage nach Trumps Amtsantritt kann Putin sich seine hegemonialen Träume über die ganze Ukraine nun endgültig abschminken.

Im Weißen Haus haben sie sich öffentlichkeitswirksam gezofft, im Vatikan saßen sie sich wie intime Freunde gegenüber, die einen Coup aushecken. Und das haben sie auch. Das Rohstoff-Abkommen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj ist ein ganz wichtiger Durchbruch in Richtung Frieden. Weitaus bedeutender als die vielen skeptischen Kommentare vermuten lassen.

Trump hat zwar nicht am ersten Amtstag den Frieden zwischen Russland und der Ukraine hergestellt, wie er typisch vollmundig angekündigt hat. Und es wird weiter geschossen und bombardiert. Aber gut hundert Tage nach Trumps Amtsantritt kann Wladimir Putin sich seine hegemonialen Träume über die ganze Ukraine nun endgültig abschminken. Die USA haben sich in die Ukraine eingekauft. Und für den Kaufmann Trump, der sich kaum an politische Regeln hält, ist so ein Handelsabkommen werthaltiger als jeder Friedensvertrag. Und damit zunächst einmal auch für die Ukraine.

Mit dem Abkommen, das Amerika einen dringend benötigten Zugriff auf die vielen Bodenschätze der Ukraine bietet, hat sich Washington auf Heller und Pfennig an das staatliche Überleben dieses Landes gebunden. Putin, der sich seit über drei Jahren an Selenskyj die Zähne ausbeißt, hat es nun nicht mehr nur indirekt, sondern ziemlich direkt mit den USA zu tun. Dass Washington auch wieder Waffen an die Ukraine liefern will, unterstreicht die amerikanische Haltung: Das Land, in dem Amerika schürfen will, (drill baby drill) wird endgültig zur No-Go-Area für Russland.

Jedenfalls der größte Teil. Wieviel Selenskyj am Ende für ein Friedensabkommen an die Russen abtreten muss, wird sich zeigen. Die Krim, obwohl völkerrechtlich ein klarer Fall, ist für ihn wohl verloren. Was sonst noch an den Rändern passiert, wird noch in einem harten und zunächst wohl auch blutigen Kampf entschieden. Immerhin: Auch dort, wo die Russen schon Gelände erobert haben, liegen für Amerika spannende Schätze im Boden. Schauen wir also mal.

Amerikaner statt Russen?

Nach dem nicht nur von Trump geschätzten Grundsatz money talks, kann die Ukraine nun größtenteils als gerettet gelten. In solchen Konflikten ist Amerika immer noch das Maß aller Dinge. Natürlich soll Europa darüber nicht vergessen werden. Man hält der Ukraine tapfer die Treue, liefert Waffen und verspricht in fernerer Zukunft die Aufnahme in die Europäische Union. Aber man fühlte sich hundert Tage lang allein zu Hause. Und in Sachen Frieden hat Europa kaum etwas geboten.

Wenn hoffentlich demnächst im amerikanischen Auftrag die Schürf- und Bohrbrigaden in der Ukraine anrollen, wird es ernst. Um es noch einmal zu sagen: Money talks. Die Amerikaner sind dann drin in der Ukraine. Lieber die als die Russen, werden sich die Leute in Kiew und Umgebung sagen.

Es mag ja sein, dass Trump und Putin zweitbeste Freunde sind. Aber die beste Hoffnung des Kreml-Chefs ist nun, dass der ungeduldige Trump die russische Wirtschaft nicht noch tiefer in den Ruin treibt, falls Putin weiter stur bleibt. Und dass er ihm nach einem Friedensabkommen hilft, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.

Mit anderen Worten: Die Zänkerei im Weißen Haus mag eine tolle Show fürs Fernsehen gewesen sein, wie Trump ja damals konstatierte. Das intime Friedensgespräch der beiden ehemaligen Kontrahenten vor der historischen päpstlichen Kulisse hingegen war eine Szene für die Geschichtsbücher.

 

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: K.I

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Leserpost

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Steve Acker / 03.05.2025

vor zwei Monaten war auf bloomberg ein Artikel über die angeblichen Seltenen Erden in der Ukraine. Kernaussage:  ist ein Luftschloss, da gibt es so gut wie nix

Steve Acker / 03.05.2025

woher nimmt der Autor dass Putin hegemoniale Träume über die ganze ukraine habe. da hat der doch überhaupt nicht die kapazitäten das unter Kontrolle zu halten. Immer wieder wird der gleiche unsinn verzapft Warum kann die Ukraine nicht einfach neutral bleiben , normale Beziehungen zu ihren nachbarn pflegen, und ihre Minderheiten respektiern ? hat doch die 30 Jahre vorher auch ganz gut funktioniert. Warum muss sie auf dem aggressiven Banderismus beharren ?

H. Berger / 03.05.2025

Auch gut möglich, dass das derzeitige Settlement mehr ein weiterer Zwischenstand ist als ein Durchbruch. Das nächste Statement aus dem Weissen Haus bleibt abzuwarten.

H. Berger / 03.05.2025

In der gegenwärtigen Lage ist in der Tat jedes Engagement der USA in Euroland zu begrüssen. Steht nur zu befürchten, dass die Amerikaner sich mit dem Ukrainekomplex einen Klotz ans Bein binden, Trumps ursprünglicher Ansatz etwas von den endlos hineingepumpten amerikanischen Steuergelden wieder herauszuholen ist ja kaum noch zu erkennen. Stattdessen hat Bessent die USA zu weiteren Hilfsleistungen aller Art und ohne Ende verbindlich gemacht, vermutlich primär zur Absicherung privater Investments der US-Elite. Geopolitisch machen sich die USA damit ohne Not von Arrangements mit Russland, einer Sekundärmacht von Chinas Gnaden, abhängig, soweit man keinen neuen unsinnigen Krieg sucht. Das Ergebnis bleibt also abzuwarten. Immerhin besser, als wenn dort Graichens und Konsorten dort ungestört reichskommissarisieren.

Gerd Maar / 03.05.2025

Da war wohl der Genius Loci am Werk. Was aber, wenn der heilige Geist des Pontifex Maximus den Potus verlässt?

Wolfgang Richter / 03.05.2025

“Die USA haben sich in die Ukraine eingekauft. Und für den Kaufmann Trump, der sich kaum an politische Regeln hält, ist so ein Handelsabkommen werthaltiger als jeder Friedensvertrag.” - Und wie nennt man es, wenn jemand den selben “Wert” auch noch anderen verkauft (hat) ? So hat die Ukraine seine Bodenschätze vor Wochen schon an die EU abgetreten. Und mit den Briten soll es auch einen entsprechenden “Vertrag” geben. Wer an solche “Geschäfte” glaubt, der erklärt damit auch, warum zB “Enkeltrickser” in Deutschland mit ihrem Geschäftsmodell zu erfolgreich sind.

Karsten Dörre / 03.05.2025

Zumindest ist Putin auch ein Spieler, wie Trump. Die russische Invasion in die Ukraine hatte mindestens eine russischfreundliche Marionettenregierung als Ziel. Im weiteren Verlauf war dann eine lustige Volksbefragung á la Krim vorgesehen, bei der die Ukrainer eine freie und geheime Zustimmung ins Russische Reich abgeben. Auch, wenn dieses Ziel nicht mehr erreichbar ist, ist die Destabilisierung des Ukrainischen Staates als Spielball (Rohstoff-Zwangsverträge mit den USA) und die Abspaltung der südöstlichen Ukraine und Krim an Russland vollzogen. Schon Anfang der 1990er Jahre hatte Georgien die georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien aufgegeben. Der slawische Osten war und bleibt ein ethnisches Pulverfass. Ukraine ist in einer Zone, wo der natürliche Einfluss Europas stärker ist, als z.B. im wilden Kaukasus. Hier stößt das hegemoniale Russland an seine Fähigkeiten und Grenzen.

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