Ich habe heute morgen im Auto auf Deutschlandradio Kultur eine Sendung zum amerikanischen Wahlergebnis gehört. Über Donald Trump wurde dort gesagt, er sei ein „veritabler widerlicher Kotzbrocken“. Ich habe kurze Zeit später die erste Rede des kommenden Präsidenten gehört. Was er sagte, klang auffallend versöhnlich. Und so fällt zunächst einmal der unterschiedliche Sound auf, mit dem dieser Machtwechsel begleitet wird.
Bei Trump zumindest der rethorische Versuch, auch diejenigen, die ihn nicht gewählt haben, mit einzubeziehen. Hierzulande ein absolut schriller Alarmton, der verächtlicher nicht sein könnte. Diejenigen, die die höhere Weisheit für sich gepachtet zu haben glauben, klettern immer höher auf einen Baum, von dem sie nur schwer wieder herunter kommen werden. Eigentlich wäre es doch an der Zeit, sich mit dem kommenden US-Präsidenten zu arrangieren – egal wie man zu ihm steht. Und es wäre an der Zeit sich mit dem Gedanken zu arrangieren, dass das Phänomen Trump nicht auf Amerika beschränkt ist.
Die fundamentale Lehre lautet zunächst: So etwas passiert, wenn man die Menschen und ihre Ängste ignoriert oder gar desavouiert.
Es fallen ja sofort die Parallelen zum Brexit auf. Demoskopen und Medien haben das Ergebnis vollkommen falsch eingeschätzt, die Börsen ebenso. Die Sensoren für das, was in einer Mehrheit der Bevölkerung gedacht und empfunden wird, sind einem großen Teil der politisch-medialen Klasse abhanden gekommen.
Man kann über die Hälfte der Bevölkerung eine gewisse Zeit ignorieren. Man kann sie für ungebildet halten, sogar für krank und von unbegründeten Ängsten getrieben. Aber man kann das eben nur für eine gewisse Zeit tun. Der Sieg von Trump ist auch für die im Bundestag vertretenen Parteien ein Zeichen an der Wand.
Es ist gewiss nicht die Zeit für Beschimpfungen über den Atlantik. Auf Dauer wird sich das bitter rächen. Die USA sind nicht Sachsen.
Aber was wird jetzt kommen? Die US Wahlen zeigen, dass die Demokratie der USA funktioniert. Die Bewährungsprobe für diese Demokratie kommt aber erst jetzt. Ein US-Präsident kann nicht – wie ein Diktator – machen, was er will. Senat, Repräsentantenhaus gilt es immer mit einzubinden. Was auch für die anderen rechtsstaatlichen Institutionen gilt.
Wer zum jetzigen Zeitpunkt darüber lästert, dass Trump viel verspricht, aber erst einmal liefern muss, der hat prinzipiell recht. Der Fairness halber aber muss man sagen: Auch Obama hat viel versprochen. Und leider nicht geliefert.
Die wichtigste Frage für Deutschland und Europa lautet: Lässt er Europa im Stich? Der Gedanke ist erschreckend, aber eher unwahrscheinlich. Die USA brauchen auch Verbündete, allein sind sie viel zu einsam auf dem Globus. Erst wenn Trump nicht die NATO-Außengrenzen garantiert, wird es eng. Hoffen wir, dass das nicht passiert. Es liegt aber auch an uns, mit dem neuen Präsidenten eine vernünftige gemeinsame Basis zu finden. Ich bin gespannt auf Angela Merkels Gratulation.