Thomas Rietzschel / 11.06.2018 / 17:00 / 7 / Seite ausdrucken

Trump, der Spielverderber

Unter uns, was fällt Ihnen ein, wenn Sie an die G7-Treffen der letzten Jahre denken? Welche Beschlüsse hat die „Gruppe der sieben führenden Industrieländer“ gefasst? Wie verbindlich war das, worauf sie sich verständigten? Und vor allem, was hat es bewirkt? Wurde überhaupt etwas vereinbart, von dem die Welt hätte Notiz nehmen müssen? Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten gibt, weil uns nie mehr geboten werden sollte als politischer Small-Talk auf höchster Ebene.

Mal lag man sich in den Armen, mal geriet man sich kurz in die Haare, um im letzten Akt doch wieder versöhnt Abschied zu nehmen. Küsschen links, Küsschen rechts, alles Gute bis zum nächsten Jahr beim nächsten Treffen im nächsten Luxushotel. Auch die Schluss-Kommuniqués, bereits vorab formuliert, gehörten zur Dramaturgie des jährlich wiederholten Boulevardtheaters der Weltpolitik.

Über die globale Klimaerwärmung und den Energieverbrauch, über die Zukunft Afrikas  den Terrorismus und die Bürgerkriege, über Geldwäsche und die internationale Finanzpolitik, über Antibiotika und jüngst auch über die Flüchtlingsströme, über alles wurde in „entspannter Atmosphäre“ konversiert. Die Themen boten den Anlass für die Inszenierung, auf die allein es ankam, jahraus, jahrein.

Strandkorb und Weißwurst

Was in Erinnerung blieb, waren die Bilder der Aufführung, der extra angefertigte Superstrandkorb, in dem die  Staatenlenker beim Gipfel von Heiligendamm 2007 am Strand der Ostsee im trauten Halbkreis beisammen saßen. Oder, unvergessen, die Schnappschüsse vom Weißwurst-Zuzeln mit Barak Obama 2015 im bayrischen Elmau. Dazu die Fernsehberichte über den Aufmarsch der Globalisierungsgegner hinter den Stacheldrahtverhauen der weiträumig abgesperrten Tagungsorte.

Der Rest wurde so schnell vergessen, dass man übers Jahr wieder von vorn anfangen konnte. Einzig die Kosten der Veranstaltungen schlugen zuverlässig zu Buche, nachhaltig für die ausrichtenden Länder sowie für die heimgesuchten Gemeinden. Außer Spesen nichts gewesen. Eine Bilanz, die jedem Geschäftsmann dazu veranlassen würde, die Reißleine zu ziehen.

Bei allem, was er sonst nicht sein mag, ein Unternehmer, der erfolgreich ist, weil er seine Zeit nutzt, anstatt sie zu verplempern, ist Donald Trump allemal. Wieso sollte er die Tage mit folgenlosem Palaver vertun. Konflikte unter den Tisch zu kehren ist seine Sache nicht.

Man will, man muss, man soll

Dass ihn die anderen deshalb als Spielverderber ansehen, bestätig nur, wie Recht er hatte, als er das G7-Treffen in Kanada vorzeitig verließ und obendrein erklärte, das Abschluss-Kommuniqué nicht zu unterzeichnen. Ein Papier übrigens, das wir bis jetzt nicht kennen, von dem nur bekannt ist, dass es sich an den Wortlaut der vorherigen anlehnt, also an die üblichen Phrasen: Man will, man muss, man soll. Denn allein die vage Formulierung erlaubt es, demnächst die gleiche Komödie zu wiederholen, sie weiterhin En-Suite zu geben.

Weil er den faulen Zauber durchschaute, ist dem amerikanische Präsidenten in Kanada der Kragen geplatzt. Statt brav seine Rolle zu spielen, hat der die ganze Truppe nackt dastehen lassen, ganz so wie der dreiste Junge im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Endlich, endlich!

PS. Das Bild, auf dem Donald Trump an einem Tisch sitzt, auf den sich Angela Merkel, umgeben von der Gipfel-Compagnie, mit beiden Händen stemmt und auf den Unbotmäßigen einzureden scheint, ist in der Tat ein „Foto für die Geschichtsbücher“. Insofern stimmt die Unterzeile, mir der es heute vielfach veröffentlich wird. Nur die Interpretation, dass es zeige, wie die deutsche Kanzlerin dem Präsident der USA die Leviten liest, ist dann doch etwas an den Haaren herbeigezogen. Schaut man genauer hin, ist zu erkennen, wie der schlaue Kaufmann in sich hinein lächelt, während sich die echauffierte Kanzlerin fassungslos abstützen muss, ihn geradezu körperlich bedrängt. Ein fotografisches Dokument zum Ende des G7-Theaters. 

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Leserpost

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Gabriele Klein / 11.06.2018

Richtig, so wie der Autor sehe ich das auch. Wäre ich Trump gewesen, ich wäre erst gar nicht hin und hätte versucht das ganze auf eine schriftliche Schiene zu bekommen…... Um sich darauf zu einigen dass morgens die Sonne auf und abends wieder untergeht braucht man eigentlich keinen G7 Gipfel. Solche Einsichten kann man getrost so unterschreiben. ..Ein schriftliches Ergebnis, der Sorgen und Nöte der Teilnehmer die vom Weltenklima über Weltenarmut bis zum Zoll reichen wäre sicher recht lustig und amüsant geworden für die Leser…......und eine große Enttäuschung für die Medien denen Herr Trump leider auf den Leim ging indem er diese Einladung annahm. Es wäre besser gewesen er hätte seine Nerven geschont und hätte der Umwelt zuliebe nur seinen Bleistift gespitzt anstatt mit Airforce One nach Kanada zu düsen…...Diese Umweltverschmutzung muss nun wirklich nicht sein, und die Klimaretter hätten sicher Verständnis für eine so begründete Entscheidung gehabt.

R. Bunkus / 11.06.2018

“Welche Beschlüsse hat die „Gruppe der sieben führenden Industrieländer“ gefasst? ” Tja, da geht es schon los. Welche Legitimität hätten denn die G6, G7, G8? Welche verbindlichen Beschlüsse könnten sie denn fassen? Gibt es Verträge, die ihnen eine gewisse Kompetenz, auch Zuständigkeit, verleiht? Wo bleibt der Parlamentsvorbehalt? Mehr als Absichtserklärungen zu konzertierten Aktionen der jeweiligen Regierungen könnten doch sowieso nicht herauskommen, wollte man etwas gemeinsam machen. Und? Die neue konzertierte Aktion heißt Handelskrieg. Hat Herr Trudeau doch deutlich gemacht. Auch ohne die entsprechende gemeinsame Absichtserklärung (ja eigentlich, so scheint es, dem Kommuniqué zuwiderhandelnd). Aber schön, wenn man den Schwarzen Peter anderen zuschieben kann. Im Übrigen erliegen viele sich an der angeblichen Sprunghaftigkeit abmühenden Journalisten, Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler (das sollten Journos verstehen). Hier wohl der Primäreffekt: Ihr erster Eindruck hat sich verfestigt. Egal was er macht, sie werden ihn immer als Wahlkampfpolterer sehen. Im Übrigen konnte man früher auch noch in Deutschland im Wahlkampf noch wahrhaftig die Werbetrommel für die eigenen Ideen und Anschauungen rühren; der Merkel-Sand in den Augen lässt anscheinend keinen klaren Blick mehr auf die Dinge zu.

Gabriele Klein / 11.06.2018

@Etzekorn Jemanden als Egoist zu bezeichnen geht ziemlich weit und bedarf einer genauen Begründung. Worauf basieren Ihre “Thesen”? Danke für eine nähere Erläuterung. (Übrigens, Behauptungen werden nicht dadurch belegt indem man sich auf die Behauptung anderer stützt….) Also, nochmal, woher stammt diese “Ferndiagnose” von Donald J. Trump und wie wird sie genauer begründet?

F. Hoffmann / 11.06.2018

Trump, Abe und Bolton schauen zu Macron, wenn mich mein perspektivisches Sehen nicht verlassen hat. Merkel hat den Mund zu, Macron seinen Mund geöffnet, weil er wohl spricht.

Ivan de Grisogono / 11.06.2018

Donald Trump ist der einzige der etwas wichtigeres zu tun hat, statt in verbrauchte, ratlose Gesichter zu blicken! Und leise lächelnd stellt er sich vor, wie der massive Tisch unter der „machitgsten Frau der Erde“ nachgibt und sie ihm vor den Füßen liegt! Ich unterstelle Ihm eine nicht unbegründete Sorge, länger in einer solchen Gruppe sich aufzuhalten könnte zu Impotenz und Depressionen führen.

Siegfried Etzkorn / 11.06.2018

Leider liegt dieser Artikel vollkommen daneben. Ein Treffen der entscheidenden Regierungschefs ist immer wertvoll, auch wenn keine konkreten Beschlüsse gefasst werden. Es dient dem Kennenlernen und der Verbesserung der Kommunikation. Trump als erfolgreichen Unternehmer zu bezeichnen, mag in der Momentaufnahme stimmen. Aber a) hätte er ohne Daddys Geld niemals anfangen können, Unternehmer zu sein b) war er schon einmal pleite und musste von Daddy Geld leihen, um sich zu fangen und c) wäre es interessant, was passieren würde, wenn eine Bank ihm die Erhöhung seiner Kreditlinie verweigern oder gar einen seiner (angesichts seiner notorischen Vertragsuntreue bestimmt vorhandenen) notleidenden Kredite fällig stellen würde. Außerdem qualifiziert selbst eine erfolgreiche Unternehmerkarriere nicht zur Eignung als Staatslenker, denn dazu würde gehören, dass sich der betreffende Mensch auch um sein Volk schert. Genau das tut Trump nicht. Er ist offensichtlich ein Egoist; ob dies pathologisch oder nur sozialüblich bescheuert ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Nur: Die Lobhudelei in diesem Artikel verdient Trump nicht.

Ilse Polifka / 11.06.2018

Vielen Dank Herr Trump, daß sie dieser unsäglichen Runde den Rücken gekehrt haben. Laut Bund der Steuerzahler durften die deutschen Steuerzahler mindestens 360 Millionen € für das “Weißwurstzuzeln mit Obama” in Elmau bezahlen.

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