Roger Letsch / 14.07.2024 / 10:46 / Foto: Imago / 129 / Seite ausdrucken

Trump-Attentat: Der Kampf um die Deutung ist schon entbrannt

Schon kurz nach dem Attentat auf Donald Trump kam aus den Medien manch merkwürdige Reaktion. Der Kampf darum, welche Interpretation des Geschehens sich in den nächsten Tagen durchsetzt, ist schon voll entbrannt.

Die Reaktionen nach dem Anschlag auf Präsidentschaftskandidat Donald Trump kamen schnell. Naturgemäß am schnellsten reagierten die Scharfschützen der Polizei, die den Attentäter, der gerade sechs oder acht Schüsse abgefeuert hatte, auf einem Dach links von der Rednertribüne niederstreckten. Eine Kugel hatte da Trump bereits am Ohr getroffen, ein Besucher der Rallye in Butler, Pennsylvania, war tot, zwei weitere schwer verletzt.

Der Leiter der Pressestelle des United States Secret Service, Anthony Guglielmi, erklärte direkt nach dem Anschlag:

"Während der Wahlkampfveranstaltung des ehemaligen Präsidenten Trump am Abend des 13. Juli in Butler, Pennsylvania, feuerte ein mutmaßlicher Schütze gegen 18:15 Uhr mehrere Schüsse aus einer erhöhten Position außerhalb des Veranstaltungsortes in Richtung Bühne. Mitarbeiter des US Secret Service neutralisierten den Schützen, der inzwischen verstorben ist. Der US Secret Service reagierte schnell mit Schutzmaßnahmen und der ehemalige Präsident ist in Sicherheit und wird derzeit untersucht. Ein Zuschauer wurde getötet, zwei Zuschauer wurden schwer verletzt. Der Vorfall wird derzeit untersucht und der Secret Service hat das Federal Bureau of Investigation offiziell informiert."

Schnell aber merkwürdig reagierte auch die notorische Presse von CNN bis Spiegel, wo man sich schwer tat, aus dem üblichen Erklärungsmodus für alles rund um Trump herauszufinden. Er sei gefallen oder gestürzt, hieß es. Und wenn man die Schüsse im Live-Video abzieht und die Reaktionen des Secret Service auch, dann klingt es so schön nach „selber schuld“ und wer weiß schon, was wirklich passiert ist. Was die deutschen Medien direkt nach dem versuchten Anschlag berichteten, war schon wundersam: Die Tagesschau sprach von einem „Zwischenfall", bei NTV wurde von einem „Knall bei Wahlkampfveranstaltung" berichtet, und der Focus erklärte: „Donald Trump nach Sturz bei Wahlkampfauftritt mit Blut im Gesicht evakuiert".

Doch da waren eben die Bilder. Aus allen nur denkbaren Kamerawinkeln im hellen Tageslicht aufgenommen. Da waren die ablaufende Routine des Secret Service, die Augenzeugen, die noch versuchen, den mit einem Kopfschuss getöteten Zuschauer wiederzubeleben. Und am Ende das Foto des blutverschmierten Trump, umringt von Personenschützern, die Faust in die Luft gestreckt, die amerikanische Flagge über der Szene. Das Eine-Million-Dollar-Motiv.

Die üblichen Medien-Verdächtigen laufen sich warm

Wir wissen noch nicht viel über den Schützen. 20 Jahre alt, Bethel Park, Pennsylvania. Über so manch andere Leute wissen wir mehr, und deren Äußerungen beleuchten die Motivlage des Mordanschlags sehr gut. Wenn ein Redenschreiber eines ZDF-Vorzeige-Provokanten davon spricht, er fände es „absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“ und Trump den „letzten Bus“ leider verpasst habe, ist das mehr als nur Zynismus.

Sowas steht für die selbstbegründete Selbstermächtigung des heutigen politischen Aktivismus, der es für völlig legitim hält, Denkmäler zu zerstören, Kunstwerke zu verschandeln, sich auf Straßen zu kleben, ganze Städte anzuzünden und auf Politiker zu schießen. Nein, nicht Worte führen zu Gewalt, sondern deren absichtsvolle, unwidersprochene und zur Litanei verkommene Wiederholung.

Was dachten wir denn, was passiert, wenn seit acht Jahren bis ins Absurde gesteigerte Vorwürfe gegen Trump kursieren? Wenn immer wieder, vom CNN-Moderator bis zum amtierenden Präsidenten beschworen wird, Trump sei „schlimmer als Hitler“, wenn „unsere Demokratie“ für in Gefahr erklärt wird, als stünde Hannibal vor den Toren Roms? Nein, der Schütze war kein Stauffenberg, Trump ist weder Hitler noch Hannibal, und zum Faschisten fehlt ihm eine entscheidende Zutat: die Macht, Staat, Medien, Kultur und Wirtschaft gleichzuschalten. 

Die Bilder sind geradezu verheerend

Die politische Gewalt ist zurück in den USA, die womöglich gerade in eine Zeit eintreten, die an die 1960er Jahre erinnert. Vielleicht war das, was da in Butler, Pennsylvania, geschehen ist, aber auch ein Weckruf, es nicht wieder so weit kommen zu lassen. Vielleicht bremst der eine oder andere Redenschreiber für US-Präsidenten und deutsche Fernsehkasper ja seine Rhetorik etwas ein und beschränkt sich aufs Sachliche. Denn auch wenn sich viele berufen fühlen, Trump zu „verhindern“ und die Demokratie zu „retten“, ist es immer noch dem Wähler vorbehalten, Entscheidungen über die Zusammensetzung der Legislative zu treffen.

Trump war gut beraten, die letzten zehn Tage weitgehend stumm an der Seitenlinie zu verbringen, während die Medien, enttäuscht von der eigenen Parteinahme, pausenlos auf ihren strauchelnden Freund Biden einschlugen. Die Bilder, die vom Anschlag auf Trump nun um die Welt gehen, sind geradezu verheerend für die Demokraten und deren Aussichten, im November egal wen gegen Trump antreten zu lassen.

Die Nummer „verurteilter Verbrecher“ hat nicht funktioniert, weil die Menschen die politischen Ränke hinter den Anklagen erkannten. Die Nummer „Demokratie in Gefahr“ hat nicht funktioniert, weil es nun gerade in Bidens bestem Amerika aller Zeiten geschah, dass der Kandidat für ein politisches Amt ermordet werden sollte. Jetzt wird es auch immer unwahrscheinlicher, dass der Richter in New York es noch wagen wird, Trump im September wegen eines Buchhaltungsfehlers für einige Tage nach Rikers Island zu schicken.

Morgen, am 15.7.2024, findet der Nominierungskongress der Republikaner statt, Trump wird seinen Vizepräsidenten vorstellen und dann den Wahlkampf nicht mehr allein bestreiten. Und das Team Biden wird wie gebannt auf die Zahlen der neuesten Umfragen warten, um das Ausmaß des Schadens zu bemessen, den die Ereignisse hinterlassen haben. Doch keine Sorge, die Republik ist nicht in Gefahr. Sondern nur das, was Medien und Politiker des Establishments gern „unsere“ Demokratie nennen: Power, Pfründe, Privilegien. 

 

Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.

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Ralf Witthauer / 14.07.2024

Am Freitag schrieb der Satiriker Bernd Zeller (Zeller Zeitung ) in seinem Blog ” Tagesschauder” folgenden Text: “Für einen Achtzigjährigen ist Joe Biden ganz gut beisammen, für einen US-Präsidenten eher nicht, das machte bisher nichts, weil es auf das Bild in der Öffentlichkeit ankommt. Jetzt geben sich die Medien gegenseitig die Schuld, verheimlicht zu haben, wie es um den Präsidenten steht. Die Anschlussfrage ist ja, wie so ein Lügengebäude erhalten werden konnte und wer da überhaupt die Führungsgewalt hat, wenn offenkundig wird, wer sie nicht hat. Diese Fragen wird man nicht los, wenn der Kandidat doch ausgetauscht wird. Die dramaturgische Frage, vor der die Democrats stehen, ist daher weniger, wie und gegen wen sie Biden austauschen. Sondern: Wie sie Trump loswerden. Die Gefahr für Trump hat sich durch die Lage, genauer gesagt durch das Offenkundigwerden der Lage, stark verschärft. Wie schon Udo Lindenberg sang: Ein geisteskranker Fan verübte dieses Attentat.” Seir heute ist mir der Herr Zeller unheimlich aber genial in seinen analytischen Fähigkeiten.

Frank Baumann / 14.07.2024

Und noch einmal generell: Warum nur habe ich seit heute vormittag ständig den Namen Oswald im Kopf?

Else Schrammen / 14.07.2024

Man mag über Donald Trump was auch immer denken, kein Mensch, ob in der Öffentlichkeit stehend, wie z. B. ein Politiker, oder als Zuschauer am Seitenrand als bloßer Beobachter zusehend, hat es verdient angegriffen zu werden. Fanatiker, sogenannte Aktivisten oder einfach fehlgeleiteten Idealisten, moraltriefende politische Konkurrenten und Populisten, die, aufgeputscht durch Medien oder auch gerade an der Macht befindlichen Politiker, in ihrem Wahn glauben, selbsr das Heft des Handelns in die Hand nehm,en zu müssen. In den USA fällt die geballte Hetze von der Biden-Administration bis zu den linken Medien leider auf sehr fruchtbaren, aber unguten Boden. Da sitzen die Schusswaffen bei den selbst ernannten Demokratie- ind Weltenrettern sehr lpcker. Hier in Deutschland bleibt es Gottlob vorerst noch ber Parulen: AfDler töten, Demokratiefeinde, wollen das Grundgesetz abschaffen usw.. Mich verstört nach dem Attentat in des USA allerdings der Gedamke, auch bei uns käme so ein aufgehetzter Irrer auf die Idee, die Demagogen könnten richtig liegen und der “Staatsfeind” müsse, wie bei Donald Trump, beseitigt werden.

Frank Baumann / 14.07.2024

Einige hochqualifizierte Politikerdarsteller und diverse Qualitätsmedien haben das bereits eingeordnet: selbst schuld, ätschi bätschi. Das war zu erwarten, so ist es ja auch bei jedem Anschlag auf AfD Mitglieder.

Jürgen Fischer / 14.07.2024

Hübsch auch der Tweet des „deutschen Publizisten und Soziologen“ (wikipedia) A. Kemper, der zu blöd ist, zu erkennen, dass das „SS“ in Elon Musks Forderung auf X, »SS Leadership must resign« den Secret Service meint und mit den deutschen Nazis nun wirklich nix (oder doch?) zu tun hat. Fun Fact am Rande: der Titel von Kempers Magisterarbeit ist „Möglichkeiten der Bildungspolitik für Arbeiterkinder“. Wahrscheinlich steht drin „Da gibt’s nur eins: werdet Soziologen – ich spreche aus meiner Lebenserfahrung“. (Gut, dass ich die Arbeit nicht gekannt habe, als ich meinen Bildungsweg und später meinen Beruf gewählt habe)

Josef Gärtner / 14.07.2024

Klar ist, die geistigen Brandstifter sind diejenigen, die politische Gegner verteufeln und deren Bekämpfung (“mit allen Mitteln”) als oberste Bürgerpflicht, ja als “gute Tat” darstellen. Und da ist nicht nur gegen Trump, sondern hier auch gegen “die Rrrrächten” längst jede Schamgrenze gefallen. Und Politik wie Justiz vermittelt sogar noch stilles Wohlwollen darüber oder treiben selbst das Spiel voran. Man erinnere sich nur an das Spießrutenlaufen der AfD-Politiker bei ihrem Parteitag in Essen. Was würde erst passieren, wenn analog zur USA hier eine Wahl zwischen Herrn Höcke und Frau Baerbock um die Kanzlerschaft anstünde?  Und die Grüne Seite auch noch wegen der üblichen Baerbock-Versprechen (kann sie besser als Biden) ihre Fälle wegschwimmen sehen würden? Ich möchte da gar nicht dran denken.

Dietmar Herrmann / 14.07.2024

Soso, Trump ist also tolpatschig gestürzt und dabei in die Flugbahn einer Kugel geraten, die ihr demokratisches Recht auf Freizügigkeit auslebte (gleiches taten wohl auch die anderen Opfer). Soviel Hirngulasch hätte ich den Schmierfinken der Lumpenpresse nicht zugetraut, aber in deren Echokammer sind wohl alle Tabus gefallen, so daß man sich mit einem einfachen Beschweigen des Mordversuchs in der guten alten Lückenpressentradition nicht zufriedengeben konnte. Wenigstens läßt Böhmers Geschwätz-Vorrotzer seiner Mordlust unverkünstelt freien verbalen Lauf, wohl gemästet von unser aller Demokradingsbumsabgabe.

M.Müller / 14.07.2024

Dar Kampf um die Deutung wurde von Trump höchst persönlich begonnen, mit seiner Faust. Wäre der Schütze Präsident der USA genösse er Immunität.

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