Schon kurz nach dem Attentat auf Donald Trump kam aus den Medien manch merkwürdige Reaktion. Der Kampf darum, welche Interpretation des Geschehens sich in den nächsten Tagen durchsetzt, ist schon voll entbrannt.
Die Reaktionen nach dem Anschlag auf Präsidentschaftskandidat Donald Trump kamen schnell. Naturgemäß am schnellsten reagierten die Scharfschützen der Polizei, die den Attentäter, der gerade sechs oder acht Schüsse abgefeuert hatte, auf einem Dach links von der Rednertribüne niederstreckten. Eine Kugel hatte da Trump bereits am Ohr getroffen, ein Besucher der Rallye in Butler, Pennsylvania, war tot, zwei weitere schwer verletzt.
Der Leiter der Pressestelle des United States Secret Service, Anthony Guglielmi, erklärte direkt nach dem Anschlag:
"Während der Wahlkampfveranstaltung des ehemaligen Präsidenten Trump am Abend des 13. Juli in Butler, Pennsylvania, feuerte ein mutmaßlicher Schütze gegen 18:15 Uhr mehrere Schüsse aus einer erhöhten Position außerhalb des Veranstaltungsortes in Richtung Bühne. Mitarbeiter des US Secret Service neutralisierten den Schützen, der inzwischen verstorben ist. Der US Secret Service reagierte schnell mit Schutzmaßnahmen und der ehemalige Präsident ist in Sicherheit und wird derzeit untersucht. Ein Zuschauer wurde getötet, zwei Zuschauer wurden schwer verletzt. Der Vorfall wird derzeit untersucht und der Secret Service hat das Federal Bureau of Investigation offiziell informiert."
Schnell aber merkwürdig reagierte auch die notorische Presse von CNN bis Spiegel, wo man sich schwer tat, aus dem üblichen Erklärungsmodus für alles rund um Trump herauszufinden. Er sei gefallen oder gestürzt, hieß es. Und wenn man die Schüsse im Live-Video abzieht und die Reaktionen des Secret Service auch, dann klingt es so schön nach „selber schuld“ und wer weiß schon, was wirklich passiert ist. Was die deutschen Medien direkt nach dem versuchten Anschlag berichteten, war schon wundersam: Die Tagesschau sprach von einem „Zwischenfall", bei NTV wurde von einem „Knall bei Wahlkampfveranstaltung" berichtet, und der Focus erklärte: „Donald Trump nach Sturz bei Wahlkampfauftritt mit Blut im Gesicht evakuiert".
Doch da waren eben die Bilder. Aus allen nur denkbaren Kamerawinkeln im hellen Tageslicht aufgenommen. Da waren die ablaufende Routine des Secret Service, die Augenzeugen, die noch versuchen, den mit einem Kopfschuss getöteten Zuschauer wiederzubeleben. Und am Ende das Foto des blutverschmierten Trump, umringt von Personenschützern, die Faust in die Luft gestreckt, die amerikanische Flagge über der Szene. Das Eine-Million-Dollar-Motiv.
Die üblichen Medien-Verdächtigen laufen sich warm
Wir wissen noch nicht viel über den Schützen. 20 Jahre alt, Bethel Park, Pennsylvania. Über so manch andere Leute wissen wir mehr, und deren Äußerungen beleuchten die Motivlage des Mordanschlags sehr gut. Wenn ein Redenschreiber eines ZDF-Vorzeige-Provokanten davon spricht, er fände es „absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“ und Trump den „letzten Bus“ leider verpasst habe, ist das mehr als nur Zynismus.
Sowas steht für die selbstbegründete Selbstermächtigung des heutigen politischen Aktivismus, der es für völlig legitim hält, Denkmäler zu zerstören, Kunstwerke zu verschandeln, sich auf Straßen zu kleben, ganze Städte anzuzünden und auf Politiker zu schießen. Nein, nicht Worte führen zu Gewalt, sondern deren absichtsvolle, unwidersprochene und zur Litanei verkommene Wiederholung.
Was dachten wir denn, was passiert, wenn seit acht Jahren bis ins Absurde gesteigerte Vorwürfe gegen Trump kursieren? Wenn immer wieder, vom CNN-Moderator bis zum amtierenden Präsidenten beschworen wird, Trump sei „schlimmer als Hitler“, wenn „unsere Demokratie“ für in Gefahr erklärt wird, als stünde Hannibal vor den Toren Roms? Nein, der Schütze war kein Stauffenberg, Trump ist weder Hitler noch Hannibal, und zum Faschisten fehlt ihm eine entscheidende Zutat: die Macht, Staat, Medien, Kultur und Wirtschaft gleichzuschalten.
Die Bilder sind geradezu verheerend
Die politische Gewalt ist zurück in den USA, die womöglich gerade in eine Zeit eintreten, die an die 1960er Jahre erinnert. Vielleicht war das, was da in Butler, Pennsylvania, geschehen ist, aber auch ein Weckruf, es nicht wieder so weit kommen zu lassen. Vielleicht bremst der eine oder andere Redenschreiber für US-Präsidenten und deutsche Fernsehkasper ja seine Rhetorik etwas ein und beschränkt sich aufs Sachliche. Denn auch wenn sich viele berufen fühlen, Trump zu „verhindern“ und die Demokratie zu „retten“, ist es immer noch dem Wähler vorbehalten, Entscheidungen über die Zusammensetzung der Legislative zu treffen.
Trump war gut beraten, die letzten zehn Tage weitgehend stumm an der Seitenlinie zu verbringen, während die Medien, enttäuscht von der eigenen Parteinahme, pausenlos auf ihren strauchelnden Freund Biden einschlugen. Die Bilder, die vom Anschlag auf Trump nun um die Welt gehen, sind geradezu verheerend für die Demokraten und deren Aussichten, im November egal wen gegen Trump antreten zu lassen.
Die Nummer „verurteilter Verbrecher“ hat nicht funktioniert, weil die Menschen die politischen Ränke hinter den Anklagen erkannten. Die Nummer „Demokratie in Gefahr“ hat nicht funktioniert, weil es nun gerade in Bidens bestem Amerika aller Zeiten geschah, dass der Kandidat für ein politisches Amt ermordet werden sollte. Jetzt wird es auch immer unwahrscheinlicher, dass der Richter in New York es noch wagen wird, Trump im September wegen eines Buchhaltungsfehlers für einige Tage nach Rikers Island zu schicken.
Morgen, am 15.7.2024, findet der Nominierungskongress der Republikaner statt, Trump wird seinen Vizepräsidenten vorstellen und dann den Wahlkampf nicht mehr allein bestreiten. Und das Team Biden wird wie gebannt auf die Zahlen der neuesten Umfragen warten, um das Ausmaß des Schadens zu bemessen, den die Ereignisse hinterlassen haben. Doch keine Sorge, die Republik ist nicht in Gefahr. Sondern nur das, was Medien und Politiker des Establishments gern „unsere“ Demokratie nennen: Power, Pfründe, Privilegien.
Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.