Rainer Bonhorst / 13.03.2020 / 06:06 / Foto: Marianique Santos / 68 / Seite ausdrucken

Trump ärgert uns als Friedenspräsident 

Flächendeckend überlagert durch die Aufregung um den Corona-Virus findet ein Stück amerikanischer Politik statt, das man als Friedenspolitik bezeichnen kann. Oder zumindest als einen Versuch, den ewig langen Afghanistan-Krieg zu beenden. Ob es wirklich ein Frieden wird oder nur ein Kriegsende um fast jeden Preis, ist schwer zu sagen: Die Details bleiben vorerst unter Verschluss. Der Mann, der so oder so das Kriegsende in Afghanistan sucht, heißt Donald Trump.

Seit Jahrzehnten hat man sich daran gewöhnt, die Amerikaner dafür zu tadeln, dass sie sich an allen möglichen Ecken der Welt militärisch einmischen. Washington als der notorische, selbsternannte Weltpolizist. Und was macht dieser Donald Trump? Er versucht, seine Soldaten aus allen möglichen Ecken der Welt zurückzuziehen. 

Es ist keine Überraschung, dass etliche Deutsche in ihrer Trump-Phobie den Mann im Weißen Haus nun wegen seiner „verantwortungslosen Rückzugsbereitschaft“ geißeln. Jedenfalls ist eine solche Kehrtwende vom Krieg zum Frieden für die vielen Deutschen, deren latente Amerika-Abneigung als Trump-Phobie virulent geworden ist, eine Zumutung. 

Aber was sind Donald Trumps Motive? Zu lesen war, dass er es nur macht, um die nächste Wahl zu gewinnen, als wäre das der Gipfel an boshafter Friedenspolitik. Dass Trump schon in seiner Regierungserklärung angekündigt hat, er wolle „endlose Kriege“ beenden, wird seltener erwähnt.

Schlimmsten Falls gibt es ein Déja-vu-Erlebnis

Dem klassischen Amerika-Skeptiker und Trump-Hasser widerfuhr schon vor einiger Zeit ein Schock, als Trump versuchte, seine Soldaten aus Syrien zurückzuholen. Das hat nicht ganz so geklappt, wie er es erhofft hat; auch seine eigenen Republikaner haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber immerhin: Der Versuch ist nicht wegzudiskutieren. 

So, und jetzt zum eigentlichen Thema dieses Textes: Afghanistan. Trump will schrittweise seine Soldaten nach Hause holen und ist bereit, für dieses Ziel mit den Taliban einen „Deal“ zu machen. Ob er es schafft, hängt – nicht nur, aber auch – wieder von seinen eigenen Republikanern ab, bei denen es skeptische Stimmen gibt. Und mehr noch davon, wie weit die Taliban mitspielen. Wie gut oder wie schlecht der „Deal“ ist, bleibt also umstritten. Schlimmstenfalls gibt es ein Déja-vu-Erlebnis: Aus Vietnam verabschiedete sich Amerika hastig und sieglos nach rund zehn Kriegsjahren. Der Krieg in Afghanistan ist nicht so verheerend, dauert aber schon 18 Jahre. 

Wie es scheint, hat Donald Trump eingesehen, dass nach fast zwei Jahrzehnten des Kampfes die Hoffnung auf eine Kapitulation der Taliban zur Fata Morgana geworden ist. Er will den Afghanistan-Krieg nicht auch noch als Begleiter einer zweiten Amtsperiode am Hals haben, was ihm und den Amerikanern zu gönnen wäre. Denn wenn er das nicht schafft, könnte es sein Nachfolger in Afghanistan auf einen zweiten Dreißigjährigen Krieg bringen. Kein sehr verlockender Gedanke. 

Deutsche Soldaten vom Hindukusch zurück

Trumps Nordkorea-Vorstöße lassen wir mal beiseite. Auch ohne sie kann man sagen: Wenn Trump so weitermacht, könnte er trotz (oder wegen?) seiner Schreihals-Rhetorik zu dem Friedenspräsidenten werden, der Obama als Nobelpreisträger gerne geworden wäre. Zu einem Nobelpreis wird es in seinem Fall sicher nicht kommen. Und sei es nur, weil Trump als Nobel-Redner seinem Vorgänger nicht das Wasser reichen könnte. Ein Nobelpreis-Twitter ist bisher nicht vorgesehen. Aber das nur am Rande.

Eine Nebenwirkung eines Afghanistan-Deals dürfte sein, dass auch deutsche Soldaten vom Hindukusch zurück an Rhein und Elbe kommen dürfen. Und die haben das dann ausgerechnet diesem Donald Trump zu verdanken. Was für eine bitter-süße Pille.

Hier noch ein Nachgedanke: Es war der bei uns fast wie Trump verhasste und belächelte Ronald Reagan, der seinerzeit mit Michail Gorbatschow das Ende des eisernen Vorhangs möglich machte. So ist das Leben. Man kann sich die Amerikaner, die Gutes für uns tun, nicht aussuchen. Und die, in die sich Deutschland verliebt, bringen nicht immer das, was ihre wohlgesetzten Worte versprechen. 

Foto: Marianique Santos dvids via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Karl Eduard / 13.03.2020

Er hat keinen neuen Krieg begonnen. Das ist wahr. Seine Truppen sitzen aber uneingeladen in Syrien, auf syrischem Erdöl, und decken die Reste des IS. Dass Herr Trump als Friedenspräsident erscheint liegt nicht am Willen Krieg zu führen, sondern an der Einsicht, daß die USA zwar noch Schlachten gewinnen können, Kriege aber nicht mehr. Und das seit dem II. Weltkrieg, der nur durch eine gewaltige materielle Übermacht gewonnen wurde. Korea war ein Patt. Vietnam war ein Patt. Der Irak ist immer noch nicht befriedet. In Afghanistan rumort es noch immer. In Syrien hat Rußland praktisch eine Flugverbotszone eingerichtet. Und das Säbelrasseln gegen Nordkorea konnte ja wohl niemand ernst nehmen. Trump hat wahrscheinlich erkannt, daß die Ausgaben für hunderte Militärstützpunke besser angelegt wären und daß die Soldaten Amerikas nicht auf Bäumen wachsen, man die also nicht so einfach in die nächste sinnlose Militäroperation schickt, die dann die nächsten 10 Jahre dauert und nur Geld verschlingt. Ich denke, er ist sich über Aufwand und Nutzen von Militäreinsätzen im Klaren. Immerhin ist er Unternehmer.

john.kelsh / 13.03.2020

An euren Taten sollt ihr gemessen werden, nicht an euren Worten.

Frank Dom / 13.03.2020

Schätze, dass die Helldeutschen Trump nie verzeihen werden, dass Obama Kriege angefangen hat (u. a. Lybien, Syrien), Trump bisher keinen einzigen.

Karsten Dörre / 13.03.2020

Leben ist nicht einfach. Beim Feind im Land sein, ist für die Sicherheit innenpolitisch besser als den Feind ins eigene Land lassen. Letztlich ist historisch alles falsch, weder von Frieden faseln noch Krieg befürworten.

Matthias Braun / 13.03.2020

” Frieden kannst du nur haben, wenn du ihn gibst.” ( Marie von Ebner-Eschenbach )

Uwe Heinz / 13.03.2020

Ich habe einen Traum: Ich stehe freundschaftlich verbunden neben Donald Trump, er legt mir jovial seinen Arm um die Schulter, die Kameras klicken und ich poste das Bild in Twitter oder Facebook, unterschrieben mit den Worten „Mein Präsident!“

Uwe Schäfer / 13.03.2020

Es ist schon fast zum Lachen, aber eigentlich ekelt es mich nur noch an, wie in unseren Qualitätsmedien immer krampfhafter irgend etwas zusammen gekratzt wird um uns den größten Präsidenten seit Ronald Reagan madig zu machen. Gestern Abend in der Tagesschau war’s auch wieder so. Inzwischen müssen selbst die aber sogar schon in ihren bissigen Kommentaren durchscheinen lassen, dass ihm die Wiederwahl so gut wie sicher ist. Einfach köstlich! Ich würde mir den A**** ablachen, wenn man irgendwann berichten müsste, dass er den Friedensnobelpreis bekommen hat.

Holger Schönstein / 13.03.2020

Leicht vom oben genannten abweichend: Also ich finde es verblüffend, dass “Europa” und Deutschland vom Einreisestopp der USA so “völlig überrascht” wurden. Warum überrascht? Es gibt doch Telefon und Videokonferenz? Weil es Dank “Hassprediger” und sonstiger Belehrungen unserer Spitzenpolitiker ÜBERHAUPT KEINEN DRAHT MEHR INS WHITE HOUSE GIBT. Eigentlich hätte es ja unser Obertransatlantiker Röttgen wissen müssen, aber da steigt auch nur Nebel auf…

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