Uta Böttcher, Gastautorin / 20.05.2025 / 06:15 / Foto: Tim Maxeiner / 45 / Seite ausdrucken

Trinkwassermangel wegen Klima. Stimmt das?

Die Angst vor Wasserknappheit ist nicht unbegründet – allerdings nicht wegen des Klimawandels, sondern wegen maroder Wasserleitungen. 800 Milliarden Euro würde die Sanierung kosten.

Ist „Sondervermögen“ nicht ein wunderschöner Name für die Neuverschuldung des Staates? Fast so schön wie der Name „Elster“ für die Online-Plattform des Finanzamtes! Am 21. März 2025 wurden 500 Milliarden Euro Staatsverschuldung beschlossen, für die Finanzierung zusätzlicher Maßnahmen für Infrastruktur und Klimaneutralität. Durch die Lockerung der Schuldenbremse im Grundgesetz könnte dies bis zum Jahr 2036 eine Neuverschuldung von rund einer Billion Euro bedeuten, wenn alle nun ermöglichten Verschuldungsspielräume ausgenutzt werden (siehe auch hier). 

Eine große Summe. Doch 800 Milliarden Euro Sanierungsbedarf hat allein unsere Wasserinfrastruktur, wie ein brandneues Gutachten zeigt. Das ganze schöne Sondervermögen müsste also direkt in die Sicherung unserer Trinkwasserversorgung fließen. Die Angst davor, dass bald kein Tropfen mehr aus dem heimischen Wasserhahn kommt, ist nicht unbegründet – allerdings nicht wegen des menschengemachten Klimawandels, sondern wegen maroder Wasserleitungen.

Das Gutachten, vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Auftrag gegeben, ergab, dass bis zum Jahr 2045 etwa 800 Milliarden Euro in die Infrastruktur der Wasserversorgung gesteckt werden müssen. Dies ging aus einer Befragung von Unternehmen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Januar 2025 hervor.

In den vergangenen 22 Jahren flossen jährlich rund 10 Milliarden Euro in Erhalt und Erneuerung der Trinkwasser- und Abwasseranlagen. Doch bald überschreitet ein großer Teil der vorhandenen Infrastruktur seine Lebensdauer – beim Trinkwasserversorgungsnetz sind das 60 Jahre – so dass in den kommenden Jahren deutlich höhere Investitionen notwendig sein werden. 

In den nächsten 20 Jahren müssen Bestandsanlagen erneuert, Kapazitäten erweitert und vorhandene Anlagen modernisiert werden. Dafür sind zwischen 2025 und 2034 rund 45 Milliarden Euro und zwischen 2035 und 2044 rund 34 Milliarden Euro jährlich an Investitionen notwendig, also 40 Milliarden Euro pro Jahr anstatt wie bisher 10 Milliarden. Insgesamt ergeben sich rund 800 Milliarden Euro: Bei 800.000.000.000 Euro Finanzbedarf und gut 80.000.000 Einwohnern entfallen in den nächsten 20 Jahren also etwa 10 000 Euro auf jeden Einzelnen in Deutschland, das sind 500 Euro pro Kopf (nicht etwa pro Haushalt!) und Jahr. Das ist nicht wenig.

Enorm hoher Investitionsstau

Das bedeutet: Ohne staatliche Zuschüsse werden die Wasserpreise steigen müssen. Denn die Wasserversorgung ist Sache der Kommunen, die sich ihre Investitionen über den Preis für das Trinkwasser von den Bürgern zurückholen müssen. Die Kommunalabgabenordnung fordert das Kostendeckungsprinzip – mit dem Trinkwasser darf kein Gewinn erzielt werden. Die Kosten für Betrieb, Wartung und Sanierung der Trinkwasserinfrastruktur wird über die Wassergebühren der Haushalte und Unternehmen finanziert. Die Wasserversorgungsunternehmen sind meist kommunal organisiert, zum Beispiel in Form von Stadtwerken. 

Um größere Sanierungen und Modernisierungen, beispielsweise umfassende Leitungsnetzerneuerung, zu finanzieren, die mit den laufenden Einnahmen nicht gestemmt werden können, müssen die Kommunen Kapital bereitstellen: Sie nehmen dafür Kredite auf, zum Beispiel bei der KfW. Weil eine Erhöhung der Trink- und Abwasserwassergebühren politisch heikel ist – denn sie belastet die Haushalte ganz direkt – wurden notwendige Investitionen lieber hinausgezögert. Das ist ein Grund für den enorm hohen Investitionsstau.

Das Gutachten besagt auch, dass bis zu 15 Prozent der Investitionen auf „die zukünftig notwendige Anpassung an den Klimawandel und weitere Ereignisse“ zurückzuführen sind. Für diesen Teil der Ausgaben könnten also die Geldtöpfe des Bundes in Anspruch genommen werden. Prinzipiell sieht der Bund die Wasserversorgung zwar als kommunale Aufgabe. Aber es gibt Förderprogramme, die speziell auf die Finanzierung von Projekten zur Anpassung an den Klimawandel oder zur Modernisierung von Infrastruktur ausgelegt sind. Und nun gibt es eben auch das neue Sondervermögen für Infrastrukurmaßnahmen. Dieses „Extrageld“ vom Bund müsste nicht über den Wasserpreis direkt an den Bürger weitergegeben werden. Selbstverständlich muss am Ende trotzdem der einzelne Bürger für die Kosten geradestehen, aber er merkt es nicht gleich.

Klimabegründete Maßnahmen

Welche Maßnahmen für den Klimaschutz in der Trinkwasserversorgung sind damit gemeint? Sind sie sinnvoll oder unnötig?

Zu den klimabegründeten Maßnahmen gehört der Ausbau der Fernwasserversorgung, um Trinkwasser aus wasserreichen Regionen in Gebiete mit wenig Wasserverfügbarkeit liefern zu können. Das ist in jeder Hinsicht sinnvoll, denn hydroklimatisch gesehen ist Deutschland zwar ein wasserreiches Land mit Süßwasserressourcen von im Mittel 188 Milliarden Kubikmetern (siehe dazu auch hier und hier), aber mit großen regionalen Unterschieden. Bedingt durch die geologischen Untergrundbedingungen gibt es Regionen mit ausgedehnten und ergiebigen Grundwasservorkommen genauso wie Bereiche ohne nennenswerte Grundwasserspeicherung. Auch die Niederschlagsmengen sind regional sehr verschieden (siehe auch hier). Für kleinere Kommunen ist die Instandhaltung und Modernisierung der Wasserversorgung finanziell oft schwer zu stemmen. Durch den Eintritt in einen Wasserverband wird hier für Entlastung gesorgt.

Auch die Schaffung von Redundanzen, also zusätzlicher Gewinnungs-/ Aufbereitungs- und Speicheranlagen als Reserve- und Sicherheitsmaßnahme kann dem Klimaschutz zugeordnet werden. Diese werden benötigt, um Ausfälle und Störungen in den technischen Anlagen zu verhindern oder deren Auswirkungen zu minimieren. Das ist in jeder Hinsicht sinnvoll, genauso wie der Bau zusätzlicher Speicheranlagen, um Verbrauchsspitzen abfangen zu können.

Ebenfalls in diesen Bereich gehört die Anpassung der Systeme auf sich ändernde gesetzliche Vorgaben, wie die Herabsetzung von vorhandenen Grenzwerten für bestimmte Inhaltsstoffe oder die Einführung neuer Grenzwerte für weitere Inhaltsstoffe. Das ist eine vernünftige Herangehensweise, weil solche Gesetzesänderungen bereits in der Diskussion sind.

Fazit: Unser Trinkwasser muss in den nächsten Jahren beträchtlich teurer werden, damit es weiterhin zuverlässig zur Verfügung steht.

Der Bürger soll wieder einmal erzogen werden

So gesehen ist der „Wassercent“ der Stadt Wiesbaden nur dreist zu nennen: Die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung beschloss diese Abgabe nämlich mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Volt im Dezember 2023. Dieser „Wassercent“ fließt nicht etwa in die Wasserinfrastruktur, sondern soll die marode Stadtkasse auffüllen und kann für alles Mögliche ausgegeben werden. 

Es ist eine Wasserverbrauchssteuer, zusätzlich zu der zu erwartenden Erhöhung des Wasserpreises. Das hessische Innenministerium als Kommunalaufsicht stoppte den „Wassercent“ zunächst, da mit den Wassergebühren nur die Kosten gedeckt und keine Gewinne erzielt werden dürfen. Eigentlich. 

Doch die Stadt Wiesbaden klagte dagegen und bekam kürzlich Recht vor dem örtlichen Verwaltungsgericht. In der Begründung heißt es, diese Wasserverbrauchssteuer sei gerade hoch genug für einen Lenkungseffekt ohne dabei erdrosselnde Wirkung zu haben (siehe auch hier). Der Bürger soll also wieder einmal erzogen werden, weil’s gut für’s Klima ist! Was sich bei den Verwaltungsrichtern wohl noch nicht herumgesprochen hat: Die erdrosselnden Wirkungen addieren sich zurzeit gewaltig, und der Einzelne ist ohnehin schon bis an die Grenze des Möglichen finanziell belastet.

 

Uta Böttcher ist Diplom-Geologin mit dem Fachbereich angewandte Geologie, speziell Hydrogeologie. 

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Sabine Ehrke / 20.05.2025

Es macht auch einen Unterschied, ob 78 Millionen oder 87 Millionen WasserNUTZER, Müllmacher, Stromnutzer, ÖffiNutzer, Straßenbefahrer, Wohnungsnutzer etc. in Deutschland herumturnen. Bald werden es 90 Millionen sein. Und das ‘VERBRAUCHTE’ Wasser ist nochmal wo genau?

Hennig Velten / 20.05.2025

Mir war in einem Telefongespräch mit einer netten Finanzbeamtin einmal der Freudsche Versprecher unterlaufen, dass ich von der “Geier-Plattform” sprach. Die Dame schien meinen Lapsus gar nicht zu bemerken und nannte mir wie selbstverständlich den Namen des richtigen ELSTER-Formulars.

B. Gersfeldt / 20.05.2025

Nichts, was mit “Klima” begründet wird, stimmt.

Frank Mora / 20.05.2025

Sehr richtig ist im Text vermerkt, daß gemäß Kommunalabgabenordnung mit Trink- und Abwasser kein Gewinn gemacht werden darf. Diesen Grundsatz hebeln die Kommunen und ihre Wasser- und Abwasserverbände jedoch regelmäßig aus. Die Wasserversorgung als natürliches Monopol ohne Entrinnungsmöglichkeit (Anschluss- und Benutzungszwang) wird in den Kommunen und deren Zweckverbänden gehörende Betriebe ausgelagert. Von denen verlangen die Eigentümer selbstverständlich einen abzuführenden Gewinn. Über die Wasserrechnung wird den Bürgern und Betrieben eine zusätzliche Kommunalsteuer abverlangt, aus der es kein Entrinnen gibt. Damit werden defizitäre Kommunabetriebe (ÖPNV, Kultur und Sport), teilweise über Gewinn- und Verlustverrrechnung, teilweise über sog. Sponsoring) finanziert. Solche Betriebe sind auch gern Arbeitsplätze von Kommunalpolitikern. Das Geld für Abschreibungen haben die Zwangsnutzer schon bezahlt. Es ist nur nicht in die Leitungsnetze geflossen, sondern anderweitig im wahrsten Sinne des Wortes “versickert”. Warum wurde zum Beispiel Cum-Ex und Cum-Cum nur halbherzig verfolgt? Weil die Kommunen und Kommunalbetriebe vor gar nicht allzulanger Zeit selbst solche Geschäfte in Größenordnungen getätigt haben.  Zu Lasten der (US-amerikanischen) Steuerzahler als Cross-Border-Leasing. So war der Plan. Bezahlt haben letztlich die hiesigen Wasser"kunden”.

Rolf Wächter / 20.05.2025

Die Wasserverorgung braucht auch eine funktionierende Stromversorgung. Ohne elektrische Wasserpumpen fließt kein Wasser, außer man wohnt unterhalb eines Stausees im Gebirge. Dort fließt das Wasser durch das natürliche Gefälle (Schwerkraft). Ansonsten braucht man Hochbehälter oder Wassertürme zur Erzeugung des Wasserdrucks. Und die werden mit Wasserpumpen gefüllt. Und wie es in Zukunft mit der Stromversorgung wegen der “Energiewende” aussieht steht in den Sternen.

Gunter Hempel / 20.05.2025

Walter Weimar, wie Recht Sie haben. Diese Arroganz, zu glauben man wäre anderen Völkern überlegen, erlebt man immer wieder im Urlaub. Nur, dass diese Länder ordentliche und nicht bröckelnde Strassen haben und ein bis in den kleinsten Winkel ausgebautes Telefonnetz mit LTE. Wovon wir mittlerweile nur träumen können. Dafür haben diese Länder aber nicht die bunte Vielfalt an ständig wachsenden Bevölkerungsteilen, die wir uns zig Milliarden Euro jedes Jahr Kosten lassen. Und wir sind hoch angesehen in aller Welt, weil wir die Milliarden, die uns fehlen, großzügig an andere Länder verschenken. Zum Beispiel dafür, dass die sich dann asphaltierte Radwege bauen können, oder gendergerechte Toiletten in der Pampa aufgestellt werden. Besonders hervorzuheben ist auch die Spendierfreudigkeit an die Ukraine. Direkt als Geld, oder indirekt als Kampftechnik, oder Munition. Da muss der Bundesdeutsche doch verstehen, dass kein Geld für solche Projekte wie Wasserversorgung, Abwasseraufbereitung, Strassenbau, Brückensanierung, Erneuerung und Modernisierung des Schienennetzes, oder sogar die Sanierung unserer Schulen vorhanden sein kann.

Harald Hotz / 20.05.2025

Es ist doch so: wenn zu den üblichen direkten steuerlichen Belastungen, den Sozialabgaben, den sonstigen Abgaben für CO2, Stromsteuer, Netzentgelte u.ä., den indirekten Steuern noch Instandhaltungsabgaben hinzukommen, die wegen steigender Zinslasten des Staates auch stetig steigen müssen, dann ist es für einen Arbeitnehmer (und auch für einen Arbeitgeber) letzlich günstiger auszuwandern, dahin, wo er mit seinem erarbeiteten Geld noch ein Leben aufbauen kann, für sich und seine Familie, wo es gesicherte Freiheit auch nach Meinungsäußerung noch gibt und Wahlen auch zu Politikwechseln führen können - und das Land endgültig jenen zu überlassen, die marode Infrastruktur oder garkeine bereits aus ihren Heimatländern bestens kennen und gelernt haben, damit umzugehen. - Wenn wir jährlich 50 Mrd. allein für Bürgergeld ausgeben müssen, dann stimmt einfach etwas nicht, das ist, als würde man sich damit begnügen, in einer verwahrlosten Messiwohnung zwischen Pizzaschachteln dahinzuvegetieren, anstatt das Geld nicht nur für Pizza und Bier, sondern für die Wohnunsrenovierung und die Weiterbildung auszugeben. Das funktioniert vielleicht, solange in der Wohngemeinschaft wenigstens noch einer lebt, der morgens zur Arbeit geht, aber wenn auch der seinen Job verliert, dann ist Schicht im Schacht.

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