Diese Rede hielt Sabine Mertens, Initiatorin der ersten Volksinitiative Deutschlands gegen die sogenannte Gendersprache, bei der Hauptversammlung des SAP-Softwarekonzerns.
Sehr geehrter Herr Plattner, sehr geehrter Herr Ala-Pietilä, sehr geehrter Herr Klein, sehr geehrte Frau Vargiu-Breuer, sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Sabine Mertens. Ich bin Initiator der ersten Volksinitiative Deutschlands gegen die sogenannte Gendersprache. Sicher kennen Sie den Unterschied zwischen einem „Trinker“ und einem „Trinkenden“. Unter einem „Trinker“ versteht man jemanden, der dem Alkohol verfallen ist. Es kann aber sehr gut sein, dass der „Trinker“ in dem Augenblick, da über ihn gesprochen wird, gerade nichts trinkt.
Unter einem „Trinkenden“ hingegen versteht man jemanden, der momentan etwas trinkt. Während man trinkt, ist man ein Trinkender, aber jedenfalls kein Trinker. Das Wort „Trinkender“ ist die substantivierte Verlaufsform des Verbs trinken und beschreibt eine gerade ablaufende Handlung. Sie werden sich vielleicht über diese Einleitung wundern, denn SAP ist bekanntlich nicht im Spirituosengeschäft tätig. Die Einleitung ergibt aber Sinn, denn SAP hat eine Sprachrichtlinie herausgebracht, in der von „Mitarbeitenden“ statt von Mitarbeitern die Rede ist. Den Unterschied zwischen einem Mitarbeiter und einem „Mitarbeitenden“ sollten Sie kennen — und berücksichtigen!
„Mitarbeitende“ ist für Mitarbeiter diskriminierend
Ein Mitarbeiter ist jemand, der einen Arbeitsvertrag eingegangen ist. Der Mitarbeiter muss nicht unbedingt gerade mitarbeiten, denn er könnte im Urlaub oder krank sein, oder sich im Mutterschutz befinden. Ein „Mitarbeitender“ hingegen ist jemand, der im Moment gerade arbeitet, z.B. für SAP. Im Gegensatz zu einem Mitarbeiter hat er nicht unbedingt einen Arbeitsvertrag mit SAP, sondern kann z.B. ein Handwerker sein, der gerade verstopfte Toiletten repariert. Wer hätte im langweiligen Grammatikunterricht seiner Schulzeit gedacht, dass die Verlaufsform, also das Partizip Präsens, einmal für einen kleinen Unterschied mit großen Folgen stehen könnte: nämlich ob man einen Arbeitsvertrag bei SAP hat oder dort verstopfte Toiletten repariert!
Das Wort „Mitarbeitende“ ist für Mitarbeiter diskriminierend. Es diskriminiert alle Mitarbeiter, die gerade im Urlaub sind oder sich im Krankenstand oder im Mutterschutz befinden, denn von seiner Bedeutung her inkludiert es diese Mitarbeiter nicht. Außerdem benimmt der Begriff „Mitarbeitende“ die Mitarbeiter ihrer Schutzrechte, denn der arbeitsrechtliche Status ist mit dem Begriff Mitarbeiter verknüpft, nicht aber mit dem Begriff Mitarbeitende – ganz analog zur Rechtsstellung von Flüchtlingen, denn einen Rechtsstatus für Flüchtende oder Geflüchtete gibt es nicht. Warum also wollen Sie das korrekte Wort Mitarbeiter durch das inkorrekte Wort „Mitarbeitende“ ersetzen?! Sie tun das angeblich, um Diskriminierungen abzubauen. Das Gegenteil ist leider der Fall: Sie verwenden nicht nur eine inhaltlich falsche Sprache, sondern eine Sprache, die Ihre eigenen Mitarbeiter diskriminiert.
Der Begriff Mitarbeitende ist aber nicht die einzige Diskriminierung in Ihrer Sprachrichtlinie. Sie lassen darin auch den sogenannten Genderdoppelpunkt zu, der ebenso diskriminierend ist. Warum ist er das? Nun, er diskriminiert etwa 10 Millionen Deutsche mit Lese- und Rechtschreibschwäche, denn die Probleme dieser Menschen mit der ohnehin schon sehr schwierigen deutschen Sprache werden durch den Genderdoppelpunkt erheblich verschärft. Auch gibt es etwa 25 Millionen deutsche Bürger mit Migrationshintergrund, von denen viele Deutsch nicht als Muttersprache sprechen. Das Erlernen der deutschen Sprache wird diesen Mitbürgern durch Wortbinnenzeichen wie den Genderdoppelpunkt erheblich erschwert! Der Doppelpunkt erschwert also etwa 30 Millionen Mitbürgern die soziale Teilhabe oder schließt sie sogar ganz davon aus. Statt Diskriminierungen abzubauen, weitet Ihre Sprachrichtlinie diese also massiv aus!
Warum werden die Beschwerden ignoriert?
Sehr verehrte Damen und Herren: Alle Formen des Genderns sind in jeder Hinsicht diskriminierend! Sie sind sexistisch, menschenverachtend, rassistisch, und sie verletzen die grundgesetzlich geschützte Würde des Menschen! Obendrein sind sie undemokratisch, denn niemand hierzulande will gendern! Die absolute Mehrheit der deutschen Sprachgemeinschaft lehnt Gendersprache ab! Nach Umfragen ungefähr 90 bis 95 Prozent der Befragten! Ja, so ist die Lage.
Das Problem der Diskriminierung muss den Autoren der Sprachrichtlinie bekannt sein, denn sie haben sich folgendes Konstrukt ausgedacht: Solange keine der betroffenen Minderheiten im Verteiler vorkommt oder im Publikum sitzt, darf man den diskriminierenden Genderdoppelpunkt verwenden, ansonsten möge man bitte darauf verzichten. Ich traute meinen Augen nicht, als ich das las! Das ist ja so, als erlaubte man das herabwürdigende „N-Wort“, solange kein Schwarzer im Publikum sitzt! Sind die Schildbürger inzwischen nach Waldorf umgezogen?!
SAP-Mitarbeiter beschweren sich über diese diskriminierende Sprachrichtlinie. Der Verein deutsche Sprache, dessen Vorstand ich angehöre, nimmt sich solcher Beschwerden an. Ihre Diversity & Inclusion-Abteilung hingegen, die für die Richtlinie zuständig ist, ignoriert sie! Deshalb bin ich heute hier. Auch wenn die SAP-Sprachrichtlinie offiziell als unverbindliche Empfehlung gilt, entlarvt sie doch in der Praxis ihren vorschreibenden Charakter. Das belegen eben die Beschwerden! Denn das diskriminierende Wort „Mitarbeitende“ sowie der ebenso diskriminierende Genderdoppelpunkt sind auch nach den Beschwerden weiterhin in der Sprachrichtlinie enthalten. Warum werden die Beschwerden ignoriert?
Man merkt, wer nicht alle Latten am Zaun hat
Vielleicht weil eine Amerikanerin für die Richtlinie zuständig ist, also kein deutscher Muttersprachler, und vielleicht weil alle weiteren Entscheidungen zur Richtlinie von der Leiterin der Diversity-Abteilung getroffen werden – einer Inderin, die in Amerika lebt und kein Wort Deutsch spricht! Wer hier im Saal traute sich zu, eine Sprachrichtlinie für die Hindi-Sprache zu verfassen oder darüber zu entscheiden? Die SAP-Sprachrichtlinie ist ein Paradebeispiel für „kulturelle Aneignung“, denn Mitarbeiter, die kein Wort Deutsch sprechen, entscheiden, wie die deutschen Mitarbeiter schreiben und sprechen sollen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Ihre Sprachrichtlinie diskriminiert nicht nur Ihre eigenen Mitarbeiter, sondern etwa 30 Millionen der am meisten benachteiligten Mitbürger unserer Gesellschaft. Das hat wohl auch die baden-württembergische Landesregierung bemerkt. Sie griff unlängst das Anliegen der hiesigen Volksinitiative auf und untersagte Gendern in der gesamten Behördenkommunikation. Mein Vorschlag zur Güte: Überarbeiten Sie die kritischen Stellen Ihrer Sprachrichtlinie. Dabei helfe ich Ihnen gern.
Und schließen möchte ich mit einer positiven Note: „Das Gute am Gendern ist, dass man sofort merkt, wer nicht alle Latten im Zaun hat!“
Zuerst erschienen in Sprachnachrichten 3/2024.
Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Autorin und leitet die AG Gendersprache im Verein Deutsche Sprache (VDS). Sie ist die Initiatorin einer Hamburger Volksinitiative gegen die Gendersprache in Verwaltung und Bildung.