Joachim Nikolaus Steinhöfel / 17.01.2020 / 06:20 / Foto: Jotquadrat / 69 / Seite ausdrucken

Tricksen und Täuschen – Der “Beitragsservice” und die Barzahlung

Achgut com. berichtete in den letzten Wochen mehrfach über das Thema Rundfunkgebühren, etwa in Neujahresgrüße an den „Beitragsservice” oder Beitragsservice unter „Hochdruck”.

Viele Beitragszahler haben sich an den „Beitragsservice“ gewandt und auf ihr Recht hingewiesen, den Rundfunkbeitrag in bar zu entrichten: „Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG geregelte Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten gilt auch und gerade in Bezug auf sog. Massenverfahren wie die Erhebung des Rundfunkbeitrags.“ Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, BVerwG, Beschl. v. 27.3.2019 – 6 C 6/18 (VGH Kassel).

Der „Beitragsservice“ reagiert darauf mit massenhaft versandten Formschreiben (Faksimile siehe hier), die man nur als dreist, irreführend und impertinent bezeichnen kann. Warum das so ist und wie der Beitragszahler darauf reagieren kann, wird im Folgenden erläutert.

Es ist Rechtsunsinn, wenn der „Beitragsservice“ sich auf den Rundfunkstaatsvertrag beruft, wonach die Gebühren „bargeldlos zu zahlen“ seien. Das Bundesbankgesetz hat hier Vorrang, der Gesetzestext ist eindeutig.

Der „Beitragsservice“ beruft sich in seinem Formschreiben dann auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 13.06.2017, 2 A 1351/16), wonach er keine Barzahlung anbieten müsste. Knapp zwei Jahre später, siehe oben, hat das übergeordnete Bundesverwaltungsgericht anders entschieden. 

Maßgebliche Entscheidung ist die des Bundesverwaltungsgerichts

Welche Entscheidung ist nun relevant? Die eines untergeordneten Gerichts, dass 2017 entschieden hat, als es die abweichende Haltung des Bundesverwaltungsgerichts aus 2019 noch gar nicht kennen konnte? Oder die des Bundesverwaltungsgerichts, das die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen aufheben und ändern würde? Zwar liegt die neuere Sache beim EuGH, das ändert aber nichts daran, dass die aktuell allein maßgebliche Entscheidung die des Bundesverwaltungsgerichts ist.

Man kann mit großer Sicherheit davon ausgehen, so ist das in der Justiz gang und gäbe, dass das OVG Nordrhein-Westfalen heute gar nicht mehr so entscheiden würde wie 2017, sondern so wie das Bundesverwaltungsgericht. Untere Instanzen halten sich an die Rechtsprechung der übergeordneten Instanzen. Und wenn sie das nicht tun, wird ihre Entscheidung dort kassiert.

Der „Beitragsservice“ weiß natürlich, dass die Entscheidung aus 2017 damit jede Bedeutung verloren hat. Vor diesem Hintergrund ist das Formschreiben eine Frechtheit, der Beitragszahler wird praktisch belogen.

Was für ein Niveau ist das, wenn diese Einrichtung meint, sie könne a) sich über die Rechtsprechung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichtes massenhaft hinwegsetzen und b) die Gebührenzahler so dreist täuschen und belügen?

Sie können zum Beispiel so auf diese Formschreiben reagieren:

 

ARD ZDF Deutschlandradio, Beitragsservice, 50656 Köln

Betreff: Barzahlung von Rundfunkgebühr (Beitragsnummer)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich widerrufe die Ermächtigung zum Bankeinzug des Rundfunkbeitrags, die ich Ihnen erteilt hatte.

Wie Sie bereits wissen, möchte ich künftig von meinem Recht nach §14 BundesbankG Gebrauch machen, den Beitrag mit dem unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel Euro-Banknoten zu bezahlen. Bitte informieren Sie mich, wie dies geschehen kann.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG, Beschl. v. 27.3.2019 – 6 C 6/18 (VGH Kassel). Sie kennen diese Entscheidung, weil sie gegen Sie erging. Ihr Hinweis auf eine veraltete Entscheidung eines Instanzgerichts, die heute vom Revisionsgericht aufgehoben würde, ist vor diesem Hintergrund eine Unverschämtheit. Dies gilt auch für Ihr Formschreiben.

Ich verwahre mich gegen weitere vergleichbare Korrespondenz. Bitte sehen Sie von jeglichen weiteren Schreiben an mich ab sofort ab, soweit diese nicht lediglich die oben erbetene Information enthalten, wie ich in bar zahlen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

 

Dieser Beitag erschien zuerst auf Joachim Steinhöfels Blog.

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Leserpost

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Heinz Becker / 17.01.2020

Nun, von einer Organisation eines Regimes, dessen oberste Repraesentanten, angefangen bei der Vors. des Politbueros, es mit dem Recht auch nicht immer so genau nehmen, Beachtung von Rechtsnormen und hoechstrichterlichen Entscheidungen zu erwarten, ist doch recht naiv. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass der Zwangsbeitrag ja eingetrieben wird, um ein professionelles Luegensystem zu finanzieren, aka OER. Von dort Rechtstreue und Ehrlichkeit zu erwarten, geht dann doch zu weit. Wer unter anderem alte Menschen mit Hilfe dieser abgepressten Beitraege als Saeue beschimpft, steht moralisch auf unterstem Niveau, Anstand wird man dort vergeblich suchen. RETTE SICH, WER KANN!!!

Rolf Mainz / 17.01.2020

Informieren Sie den “Beitragservice” mal über eine bevorstehende Auswanderung. Man wird Ihnen mitteilen, dass man in diesem Falle “kulanterweise”(!) von künftiger Gebührenzahlung absehe. Kein Scherz - und bezeichnend für die Anmassung, die in Deutschlands “öffentlich-rechtlichen” Instanzen inzwischen um sich gegriffen hat.

Frank Holdergrün / 17.01.2020

Danke für diesen wichtigen Hinweis. >>>>>GEZ = Gemeine Erdrückende Zahlungsaufforderungen für Dämliche, auch unter Zuhilfenahme von Scheinwahrheiten. Mit solchen Briefen: GEZ = Geld Einfach Zum Fenster rauswerfen. Man kann es ja mal probieren.

Wilfried Cremer / 17.01.2020

Jetzt rotieren die Hausjuristen wahrscheinlich so ähnlich wie der Schäferhund eines Bekannten, als die beiden in der Wildnis im VW-Bus übernachteten und sich am Morgen inmitten einer Schafherde befanden.

Wolf von Fichtenberg / 17.01.2020

Nur ein Auszug aus dem Rundfunkstaatsvertrag -RStV? (...)  § 41 Programmgrundsätze(1) Für die Rundfunkprogramme gilt die verfassungsmäßige Ordnung. Die Rundfunkprogramme haben die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. Sie sollen die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland sowie die internationale Verständigung fördern und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken. Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre sind einzuhalten. (...)  Klingt prima. Wird sich daran gehalten? Oder legt man es “umweltsäuisch” aus? Ein WDR-Redakteur (Einfache Suchfrage “Was verdient ein WDR Redakteur?”)  mit rund 77.000 Euro GEZ-Gehalt kann es gewiss beantworten. Oder?

Werner Müller / 17.01.2020

Ich habe bei der Weihnachtsaktion mitgemacht, meine Anfrage ging per Briefpost nach Weihnachten raus und ich habe doch tatsächlich vorige Woche schon Antwort erhalten. Meine Tochter, die via Zweitwohnung in die Mühlen des “Beitragsservices” geraten ist, hat ebenfalls zumindest ihre Zahlungsaufforderung erhalten. Die Behörde ist also noch relativ reaktionsschnell. Eine Einzugsermächtigung hatte ich noch nie, diese Karte konnte ich also nicht ziehen. Danke für den Artikel hier, das mit der Barzahlung werde ich als Nächstes angehen.

Karl Eduard / 17.01.2020

Ich gehe mit der politischen Einstellung Herrn Steinhöfels nicht konform, zu viel “Ranwanzen” an die USA, zu viel Putin Bashing,  aber was die GEZ betrifft und die Meinungsfreiheit im Internet, da möchte ich ihm herzlich danken, für so viel Einsatz.

Daniel Gildenhorn / 17.01.2020

Bei allem Respekt ggü. Hrn. Steinhöfel und den mutigen an der Aktion teilnehmenden Beitragszahlern - ist es nicht ein Nebenkriegsschauplatz? Wir diskutieren die Art der Zahlung anstatt die Methoden der Zahlungsverweigerung zu praktizieren. Ich weiß, andere “gesetzlichen” Wege stehen angeblich nicht zur Verfügung. Was ist aber mit Art. 20 GG? Ein nachweislich dysfunktionales monopolistisches Informationssystem, das zu einer Propagandamaschinerie ausgeartet ist, gefährdet definitiv unsere demokratische und soziale Ordnung.

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