Manfred Haferburg / 06.06.2024 / 06:05 / Foto: Rudolf Wildermann / 112 / Seite ausdrucken

Traumschön: Habeck im Wasserstoffdelirium

Beim Einreiten ins Land der Träume geht Habeck auf volles Risiko. Interessant an seinen Aussagen zur grünen Wasserstoffwirtschaft ist, auf wessen Kosten sie geht und was passiert wenn was schief läuft.

Am 5.6.2024  berichtete die Achse von einer Studie, welche die physikalisch-ökonomische Unmöglichkeit der Zielerreichung der Energiewende nachweist in dem Artikel „Aus der Traum: Energiewende-Szenarien 2040“. Und schon teilt Habeck den Energiewendeskeptikern mit, wie er das Unmögliche möglich machen will. Im Land der Träume oder im Delirium ist ja bekanntlich alles möglich – auch das Unmögliche. Das Interessante an Habecks Aussage ist jedoch, auf wessen Kosten das passieren soll und was passiert, wenn’s schiefgeht.

Um die Träume von einer grünen Wasserstoffwirtschaft anzukurbeln, winken hohe Förderbeträge des Staates. Am Dienstag feierte Habeck auf der „Woche der Umwelt“ – einer Messe der Klimaschutz-Industrie, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor dem Schloss Bellevue in Berlin veranstaltet – die Wasserstoff-Hoffnung im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Experten und Wirtschaftsvertretern. Zwei Energieexperten zusammen: Bundespräsident Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Robert Habeck – wenn das nichts wird?

Da kein vernünftiger Unternehmer in ein solches Unterfangen freiwillig investiert, stellt Steinmeier eine ordentliche Drohkulisse in den Raum. In seiner Begrüßungsrede brachte er die Messe-Besucher vor der Debatte mit Habeck in Stimmung: „Aktuelle Wetterkatastrophen weltweit zeigten, dass der Klimawandel bereits hohe Schäden verursacht“, rief das Staatsoberhaupt – obwohl sich in der Schadensentwicklung von Wetterextremen bislang kein Klimasignal abzeichnet. Dann kommt der Wirtschaftsminister und verbreitet Zweck-Optimismus: Das neue „Wasserstoffbeschleunigungsgesetz“ der Bundesregierung soll die Hindernisse mit viel, viel Geld aus dem Weg räumen und dabei voll ins Risiko gehen. Da fragt sich doch der erstaunte Leser: „wessen Risiko“ eigentlich?

Voll ins Risiko

Welt-Online titelt, leider hinter der Bezahlschranke: „Deutschland muss bei der Energiewende ins Risiko gehen, fordert Habeck“: „Deutschlands Wirtschaft soll binnen 20 Jahren auf Wasserstoff-Energie umgestellt werden, dabei ist die Substanz rar. Statt über die gigantischen Kosten zu sprechen, herrscht auf der Klima-Messe vor Steinmeiers Amtssitz Optimismus. Denn Wirtschaftsminister Habeck macht Geldversprechen. Robert Habeck hört viel Freundliches aus dem Ausland über die deutsche Energiewende, denn die Anfragen des Bundeswirtschaftsministers nach Energieimporten wecken weltweit den Geschäftssinn: Erdgas aus den USA und dem Nahen Osten, Atomstrom aus Frankreich, Technologie für Wind- und Sonnenenergie aus China, Wasserstoff aus aller Welt“. 

Nun gibt es aber leider keinen nennenswerten grünen Wasserstoff, und es ist auch keiner absehbar. Der muss nämlich aus Sonne und Wind entstanden sein, sonst ist er nicht grün. Und da gibt es ein paar kleine physikalische Hürden, die Wirkungsgrad heißen. Und die lassen sich weder durch grünen Parteitagsbeschluss noch durch eine deutsche Wasserstoffstrategie aufheben oder umgehen. Aus vier Kilowattstunden Windstrom entsteht über die Wasserstofferzeugung, den Transport und die Wiederverwandlung in den Strom der grünen „all electric society“ maximal eine Kilowattstunde Grünstrom. Ein Wirkungsgrad von 25 Prozent gilt unter Ingenieuren als echt grottenschlecht. Und man kann auch künftig nichts erfinden, was diese blöden Gesetze der Physik aushebelt. Die Welt bringt ein gutes Beispiel: Um ein Viertel des globalen Energiebedarfs mit Wasserstoff zu decken, bräuchte es für die Herstellung dieses Wasserstoffs mehr Strom, als alle Staaten der Welt derzeit zusammen produzieren. Und es wäre sehr teuer, hat das Forschungsinstitut Bloomberg NEF ausgerechnet: „BloombergNEF estimates that to generate enough green hydrogen to meet a quarter of the world’s energy needs would take more electricity than the world generates now from all sources and an investment of $11 trillion in production and storage”.

Die Kosten des geplanten Umbaus in Deutschland werden nicht konkret beziffert. Es gibt kaum Wasserstoff in Deutschland, aber in 20 Jahren soll Wasserstoff Deutschland klimaneutral machen – als Energiequelle für die Industrie, als Brennstoff für Heizungen und Autos. Zuvor würden allerdings noch eine Unmenge Windräder und Solarpaneele und ungeheuer viele Elektrolyseure benötigt, die unter hohem Stromaufwand Wasser aufspalten. Wasserstoff-Leitungen und Speicher müssten gebaut, die ganze Industrie und das Transportwesen müssen völlig umgestellt werden. Für dieses Mammutvorhaben sind 20 Jahre recht sportlich – mit dem Mäntelchen der christlichen Nächstenliebe gesagt.

Habecks Wasserstoff-Huhn soll endlich ein Ei legen

Das ahnt der Doktor der Philosophie zwar schon irgendwie dunkel, er lässt sich aber nicht beeindrucken. Er ruft den begeisterten Subventionsrittern in der Runde zu, dass die Wasserstoffwende zwar Risiken berge, aber Deutschland müsse nun mal ins Risiko gehen bei der Energiewende. Er begründet nicht, warum ausgerechnet Deutschland das muss. Psychologen nennen eine solche zwanghafte Attitüde „musturbieren“.

Wir kommen an dieser Stelle nicht voran“, gesteht Habeck ein, aber „Wir kriegen das alles hin.“ Er rechnet mit einem florierenden Angebot: Deutschland werde „der größte Abnahme-Markt sein“. Vor allem per Pipelines aus Europa – die es nicht gibt – solle der Wasserstoff angeliefert werden. Es gebe viele Staaten, die Wasserstoff nach Deutschland exportieren könnten, erklärt Habeck. Neue Energiemärkte bedeuteten zwar „geopolitische Verschiebungen“ – aber das sei ein Vorteil für Deutschland, schließlich solle es auf „viele potenzielle Partner“ hinauslaufen, die Wasserstoff für die Energiewende bereitstellen. Importe seien dringend nötig, um das Vertrauen der Wirtschaft in die neue Energiequelle zu gewinnen. Ein Dilemma besteht: Ohne Wasserstoff-Importe gibt es kaum Investitionen und ohne Investitionen in Infrastruktur keine Importe: „Wir müssen das verfluchte Henne- und-Ei-Problem lösen“, fordert Habeck. Die Henne müsse jetzt endlich mal ein Ei legen, sagt er – und erntet freundlichen Applaus.

Habeck rechnet schon damit, dass es nicht gutgeht

Und dann kommt, zur Krönung des ganzen Habeckschen Wasserstoff-Deliriums, ein Satz, der eigentlich den deutschen Steuerzahlern den Angstschweiß auf die Stirn treiben sollte. Schnodderig, wie er nun mal sein kann, erklärt der Bundeswirtschaftsminister: Falls es nicht gutgehe, dann müsse man eben „ein anderes Geschäftsmodell auflegen“. Das ist mehr als entlarvend. Da geht ein notorischer Spieler voll ins Risiko auf Kosten anderer und wenn’s nicht funktioniert – und es kann nicht funktionieren – dann setzt er eben auf ein neues Spiel am Energiewende-Roulette: faites vos jeux – auf Kosten der Steuerzahler.

Schon vor 50 Jahren rief der US-Senator Mike McCormack in den USA das Wasserstoff-Zeitalter aus. Wasserstoff habe „das Potenzial, die gleiche Rolle in unserem Energiesystem zu spielen wie Strom heute“, verkündete er damals. George W. Bush knüpfte 2003 daran an. Bush propagierte die „Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft“ in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union zur Verbesserung der US-Energiesicherheit, die zu sehr von importiertem Öl abhänge. Nun ist in 50 Jahren nichts davon passiert. Es gibt noch immer keine US-europäischen Elektrolyseure – obwohl von höchster Stelle geplant und öffentlich propagiert.

Der Heizungshammer war nur ein Test, der allerdings die Hausbesitzer ruiniert. Die Wasserstoffstrategie ist nur ein Spiel, für das „man auch ein anderes Geschäftsmodell auflegen kann“. Nur das Geld, das haben dann andere. Für den verehrten Robert Habeck, extra für Sie hier ein kleiner Ingenieursknüttelreim: Es geht nicht mit Wind und Solarkraft, mit Wasserstoff schon gar nicht, auch nicht krampfhaft.

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Leserpost

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Luzius Ferase / 06.06.2024

Sorry, die Finger sind so breit und die Tastatur ist so klein: Noch lebt die letzte Generation der Chemiker und Technologen, die fundierte Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen mit der Wasserstofftechnologie bsw. NH3-, Alkohol- und Kraftstoffsynthesen bei nur rd. 250 atm, haben. Diese wissen, dass Herr Dr. phil. ganztags träumt.

Manfred Werner / 06.06.2024

Immer und immer wieder… Was will man erwarten? Ein verhätscheltes Apothekersöhnchen studiert irgendwas, z.B. irgendwas mit Medien oder Literatur an einer zweitklassigen Uni und am dortigen, drittklassigen Institut promoviert es bei einem viertklassigen Leerkörper über einen fünftklassigen Schriftsteller. Das reicht bei uns für dünne Urteilskraft und das grüne Hochamt

Fridolin Kiesewetter / 06.06.2024

Ob das künftige deutsche Kalifat auch so emsig an der Wasserstoffwirtschaft weiterbasteln wird?

A. Ostrovsky / 06.06.2024

@M. Feldmann : >>Umschichtung von “Kapital”. Pardon, nicht ganz richtig. Schulden mutieren zu Kapital!<< ## Genau so ist es. Mir ist nur noch nicht klar, wieso die Gleichen, die die Schulden machen, dann das Kapital besitzen? Da muss noch was dahinter stecken. Strahlung und Dummheit.

Heiko Winkler / 06.06.2024

Ist Namibia noch aktuell? Ich machs kurz. Wir bleiben bei den genannten Wirkungsgraden und packen noch die Verluste beim und für den Transport obendrauf. Und natürlich die Kosten für die Rückgewinnung. Ich gehe mal davon aus das die Leute dann nicht direkt den Wasserstoff in der Hausleitung Gas und somit am Kochherd haben werden (oder besser sollten). Das Ganze ist komplett Gaga. Wasserstoffwirtschaft bedeutet nichts anderes als aus Strom Strom zu machen. (also nicht das viele Wasserdings sondern die Elektrizität). Mit einer räumlichen Trennung und bei Kosten, bei denen jeder Brennholzhandel auf den Transport ins nächste Dorf verzichten würde. Was meint der denn genau mit “anderes Geschäftsmodel? Wohl sicher nicht die Nutzung von Atom- oder Kohlekraftwerken. Denn die arbeiten nicht einfach nur nicht, sondern die werden gar nicht mehr da sein.

Luzius Ferase / 06.06.2024

Noch lebt die letzte Generation der Chemiker und Technologen, die fundierte Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen mit der Wasserstofftechnologie bsw. NH3-, Alkohol- und Kraffstoffsynthesen bei nur rd. 250 atm haben, noch am Leben. Diese wissen, dass Herr Dr. phil. ganztags träumt

Barbara Strauch / 06.06.2024

Lieber Herr Haferburg, ich mache mir Sorgen um Sie. Dies ist ein klassischer Fall von Wahnkraftzersetzung - wer weiß, was das Tandem Faeser-Haldenwang dafür schon in der Pipeline hat!  Sind Sie in Frankreich noch sicher?

gerhard giesemann / 06.06.2024

” ... wird es Ihnen nicht gelingen die tatsächlichen Ursachen dieser Irrsinnspolitik zu benennen”. Also, wenn SIE es wissen, raus das mit. Wir lesen hier gerne jeden bullshit, jeglichen brainache. Mannomann Bothmann.

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