Thilo Schneider / 27.08.2021 / 14:00 / Foto: Timo Raab / 27 / Seite ausdrucken

Traumhafter Wahlabend

Es ist gegen 20:00 Uhr am Wahlabend, als der frischgebackene Kanzler Armin-Ursula Feinbein-Rübsam, dessen Partei „Ruhige Hand“ mit 51,8 Prozent aller Stimmen zum überragenden Sieger der Bundestagswahl wurde, vor die Kameras in der sogenannten „Elefintifanden-Runde“ tritt. Neidvoll sind sie auf ihn gerichtet, die Augen der anderen Kanzlerkandidat+Innen, von Armin Lasset (CDU), Walter-Saskia Erdnuss (SPD), Annalena „the Völkerrechtlerin“ Baerbock (die Grünenden) und dem Blonden von der FDP. Feinbein-Rübsam ist sein Stolz deutlich anzumerken, als er das Mikrofon am Sakko richtet und an seinen Platz geht.

Gleich zwei hochrangige Moderatorinnen, Anne Willesjaauch und Sandra Maischberger*in, sind aufgerufen, Gewinner und Verlierer stellvertretend für alle Wählerinnen und Wähler in die Zange zu nehmen. Und Anne Willesjaauch macht den ersten Aufschlag:

„Herr Feinbein-Rübsam, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Wahl. War Ihnen klar, dass das heutige Ergebnis – zumal nach den letzten, ja doch eher verhaltenen Umfragen – so hoch und eindeutig ausfallen würde?“

Feinbein-Rübsam zuckt mit den Schultern und macht einen gelangweilten Gesichtsausdruck.

Aber erbarmungslos hakt Anne Willesjaauch nach: „Herr Feinbein-Rübsam?“

Feinbein-Rübsam: „Mir egal.“

Maischberger*in maischt sich ein: „Herr Feinbein-Rübsam, die „Ruhige Hand“ ist ja mit dem Versprechen in die Wahl gegangen, die Leute in Ruhe zu lassen. Was wird jetzt Ihre erste Amtshandlung sein?“

Feinbein-Rübsam: „Was essen. Ich habe Hunger.“

Maischberger*in, knallhart weiter: „Wie stellen Sie sich denn eine Reform der Rente vor?“

Feinbein-Rübsam: „Was?“

Willesjaauch hakt nach: „Rentenreform, Herr Bundeskanz…, Herr Feinbein-Rübsam. Wie wollen Sie die anstehenden Probleme bewältigen?“

Feinbein-Rübsam: „Welche Probleme? Wenn jemand Geld braucht, dann drucken wir einfach welches. Anruf genügt.“

Maischberger*in: „Machen Sie es sich da nicht zu einfach, Herr Feinbein-Rübsam?“

Feinbein-Rübsam: „Nö.“

Maischberger*in: „Wie sieht denn Ihre Umweltagenda für die ersten 100 Tage Ihrer Kanzlerschaft aus?“

Feinbein-Rübsam: „Ja.“

Maischberger*in: „Ja, was?“

Feinbein-Rübsam: „Ja, Sir!“

Willesjaauch: „Herr Feinbein-Rübsam, was die Kollegin meint, ist, wie Sie die Umweltprobleme in den ersten 100 Tagen Ihrer Kanzlerschaft angehen wollen!“

Feinbein-Rübsam: „Ich weiß.“

Willesjaauch: „Ja, und?“

Feinbein-Rübsam: „Genau! Ja und?“ (seufzt:) „So dramatisch isses ja auch nicht. Lassen wir durchlaufen!“

Maischberger*In: „Reform des Gesundheitswesens?“

Feinbein-Rübsam: „Hört auf, krank zu werden!“

Willesjaauch: „Europa!“

Feinbein-Rübsam: „Ist vorhanden!“

Maischberger*In: „Ja, aber wie werden Sie künftig die Fiskalpolitik der EU gestalten wollen?“

Feinbein-Rübsam: „Will ich ja nicht! Die kriegen schon genug Geld. Mehr gibt’s nicht.“

Maischberger*In (clever): „Und weniger?“

Feinbein-Rübsam: „…wenn die mir blöd kommen…“

Willesjaauch: „Verhältnis zu China?“

Feinbein-Rübsam: „Die sind sehr gelb.“

Maischberger*In: „Was werden Sie im Bereich Migration tun?“

Feinbein-Rübsam: „Nix. Eh alles zu spät.“

Maischberger*In: „Sie werden sich also nicht um Integration bemühen?“

Feinbein-Rübsam: „Wozu? Wer kann, wandert sowieso aus. Der Rest hat es ja mal so gewollt.“

Willesjaauch: „Wie sieht Ihre Agenda im Bereich Bundeswehr und Verteidigung aus?“

Feinbein-Rübsam: „Wir führen die Wehrpflicht nicht wieder ein, wenn Sie das meinen.“

Maischberger*in: „Welche Akzente werden Sie in der Corona-Politik setzen?“

Feinbein-Rübsam: „Keine. Soll jeder machen, wie er denkt, dass es richtig ist. Wird er krank, hat er eben Pech gehabt.“

Willesjaauch: „Herr Feinbein-Rübsam, Sie geben bisher nur ausweichende Antworten! Was konkret wollen Sie eigentlich verändern?“

Feinbein-Rübsam: „Sehen Sie, da ist das Problem. Wir heißen doch nicht ‚Jetzt wird alles anders‘, sondern ‚Ruhige Hand‘. Haben Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen?“ („Da steh ja nichts drin“, blökt Maischberger*in dazwischen) „Ja eben! Da steht nichts drin! Wozu auch? Der Laden hier läuft auf Autopilot und funktioniert so sogar ganz vorzüglich. Unser Versprechen an die Wähler war klar formuliert: Wir lassen Euch in Ruhe und Ihr lasst uns in Ruhe! Ich finde das einen ganz hervorragenden Deal. Jeder macht seins und in der Gesamtheit wird das prima laufen. Wir können das. Wir müssen nicht dauernd herumhetzen und herummaulen und alles besser wissen und alles anders machen wollen! Es läuft doch! Warum soll ich denn dauernd einen Torwart auf Stürmer umschulen wollen? Er hält seine Torschüsse. Mehr soll er ja auch nicht machen. Warum sollte ich ihn zu irgendetwas zwingen, was nicht sein Job ist? Ich garantiere den Bürgern, dass Polizei, Müllabfuhr und Feuerwehr nach wie vor auf Anforderung kommen und die Krankenhäuser offenbleiben. Vielleicht reparieren wir ein paar Straßen und erlassen das eine oder andere Halteverbot – aber das war es dann auch. Der ganze Mist der anderen hier in der Runde (deutet auf jeden Einzelnen) hat doch bisher auch nicht funktioniert und nur Kosten und Ärger und gesellschaftliche Spaltung verursacht. Das war doch schrecklich. Nein, die nächsten vier Jahre tut sich hier gar nix, null, nassing, nada, niente. Die letzten 15 Jahre wurde hier viel zu viel herumgezappelt und herumgehampelt, und alles, was dabei herausgekommen ist, war teurer Bullshit. Wir gehen jetzt mal einen ganz neuen Weg: nämlich gar keinen! Und jetzt gehe ich ans Buffett. Ich habe schließlich gewonnen. Wo sind die Häppchen?“

…und er knöpft sich das Sakko auf, lockert den Gürtel und geht.

(Weitere ruhige Handreichungen des Autors unter www.politticker.de)  

 
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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Hans-Peter Dollhopf / 27.08.2021

Meine Stimme für “Rübe” - die AfD kann froh sein, dass der leider fiktiv ist! Irgendwie entfernt kommt er bei mir doch wie Laschet rüber, diesem allerletzten Schlupfloch vor dem endgültigen grün-linken RepubliXit.

Silke Müller-Marek / 27.08.2021

Unterhaltsam dieser Artikel! Hat mich an den großartigen Loriot erinnert. (Das Ei ist hart oder geh’ doch ein bisschen spazieren). Ich hatte direkt die Knollennasen vor Augen :-)

Heinz Thomas / 27.08.2021

Thilo in Hochform   - ja, das isses!

R. Matzen / 27.08.2021

Sie haben hier wirklich DIE Alternative skizziert, die uns noch fehlt! Vor Jahren wurde im Amazonas-Gebiet ein Volk entdeckt, das bisher noch keinerlei Kontakt zur Außenwelt hatte. Es wurde jahrelang erforscht und schließlich beschloß die brasilianische Regierung, daß es nun genug sei mit der Forschung! Man müsse die Leute auch mal wieder in Ruhe lassen! Damals schon habe ich gefragt: und was ist mit uns?? Haben wir keinen Anspruch darauf mal in Ruhe gelassen zu werden? Dieser Staat mischt sich mittlerweile in fast alle Lebensbereiche seiner Bürger ein! Nirgends gibt es noch einen Platz ohne staatliche Einmischung! Reitschuster schrieb schon mehrfach, in Rußland könne man freier leben als hier. Wer Putins Machtanspruch nicht in Frage stellt, wird vom Staat in Ruhe gelassen. Da hat man dort mehr als hier. Wie sehr wünschte ich mir das! Den Staat wieder als Diener seiner Bürger und nicht als Vormund!

Mathias Rudek / 27.08.2021

Schöne Idee, Herr Schneider, und lustig war es auch.

Rainer Mewes / 27.08.2021

Hallo Peter Holschke, Sie sind mir sympatisch, ich hab’s nicht geschafft, den Unsinn zu lesen

Mike Höpp / 27.08.2021

Nun, den Kanzler *in kenne ich, der regierte in der DDR zwischen ‘89 und ‘90. In diesem quasi rechtsfreien Raum, in dem jeder machte, was er wollte- und dennoch tat, was er sollte. Nie lief das alles reibungsfreier, Bibliotheken waren geöffnet, Polykliniken….alles lief. Eine Wohnung war frei? Okay, die passt mir. Muss renoviert werden? Na, dann mal los. Kompliziert wurde das alles erst wieder später. Bis dahin aber: das glücklichste halbe Jahr meines Lebens! Nichts war Pflichtveranstaltung, mein Job als Verantwortung, auch schon Altenpflege. Und so wie es damals ja funktionierte, sahen nahezu alle es so. Keinerlei Anarchie brach sich Bahn, trotz des Fehlens von Rechten und Pflichten. Was verbindlich blieb, war die Verantwortung des Einzelnen- und es hat funktioniert! Wie gesagt, die freieste, die schönste Zeit meines Lebens, noch dazu selbst miterkämpft bei den Montags- Demos. Dass es so nicht weiterlaufen würde, war auch mir bewusst. Aber dreißig Jahre später im Hausarrest zu landen, weil gesund? Das habe ich mir niemals träumen lassen! Mein WG- Nachbar, damals zu furchtsam für die Montags- Demos, ist noch heute ein guter Freund. Arzt, geimpft, aber Freund. Diese “Freiheit: für” statt der des “frei von” ist in meiner Seele zutiefst verankert seither und all diese zutiefst spalterischen Tendenzen der anderen Kanzlerinnenkandidatinnen überzeugen mich niemals. Ich bleibe befreundet mit Geimpften, das ist doch kein Wert in einer zwischenmenschlichen Beziehung! Da kann einer grün sein, rot, türkischer Herkunft….wurscht! Ich pflege ja auch unsere Bewohner, geschlagen mit allerlei Krankheiten, was zählt, ist deren Wohlergehen, nicht deren individuelle Versehrtheit. Ja, ich pflege dann differenziert, aber für den zwischenmenschlichen Umgang spielt eine Krankheit, Impfung, Genesung, gar nahender Tod doch nicht die geringste Rolle! Ich pflege, weil ich frei dazu bin, anderen zu helfen, die zuvor mir halfen, in diesem Lande zu leben.

Peter Holschke / 27.08.2021

@Claudius Pappe - Mit dem Piecks hat er eine Seite gewählt, insofern ist er als Kritiker der Elche nicht mehr so richtig glaubwürdig. Es ist in ein Niemandsland geraten, niemand wird ihm mehr so richtig lieb haben. Vielleicht gibt es ja einen Club der “Skeptischen und kritischen Impflinge”, in dem er auf der Bühne rumkaspern kann. Thema des Abends, vielleicht so: “Wenn schon, dann richtiger Verrät” oder “Halbgeimpfte leben länger” oder “Freiwilligkeit ist die neue Freiheit” oder “Einmal ist Keinmal” oder “Ich hab’s nur für euch getan”.

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