Ulrike Stockmann / 01.04.2022 / 10:00 / Foto: Anthony Letmon / 42 / Seite ausdrucken

Transsexuell schlägt lesbisch

Die EMMA-Redakteurin Chantal Louis hat mit Alice Schwarzer ein Buch herausgebracht, in dem sie sich transkritisch äußert. Daraufhin rügte sie der „Lesben- und Schwulenverband in Deutschland", in dem sie Mitglied ist und es gab richtig Krach.

Der woke Wahn rund um die LGBTQ-Community treibt immer merkwürdigere Blüten. Transsexuelle scheinen die neuen Unantastbaren zu sein, deren Streben nach vollumfänglicher Akzeptanz ihres Wunschgeschlechtes unter keinen Umständen infrage gestellt werden darf. Vor allem im englischsprachigen Raum werden Kritiker der Trans-Community regelmäßig ins gesellschaftliche Aus befördert. Das berühmteste Beispiel ist wohl die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling, die sich mehrmals erlaubte, die Gleichsetzung von Trans-Frauen mit biologischen Frauen zu kritisieren. Unter anderem hatte sie 2020 getwittert:

„Wenn Geschlecht nicht real ist, gibt es auch keine gleichgeschlechtliche Anziehung. Wenn Geschlecht nicht real ist, wird die gelebte Realität von Frauen auf der ganzen Welt ausgelöscht. Ich kenne und liebe transsexuelle Menschen, aber die Auslöschung des Konzepts von Geschlecht nimmt vielen die Möglichkeit, sinnvoll über ihr Leben zu sprechen. Es ist kein Hass, die Wahrheit zu sagen.“

Immer wieder wies Rowling außerdem darauf hin, dass biologische Männer sich durch das bedingungslose Wechseln ihres Geschlechtes Zutritt zu Damen-Umkleidekabinen und Frauengefängnissen verschaffen könnten. Für ihre Kritik geriet Rowling ins mediale Kreuzfeuer und wurde zur Hassfigur von Trans-Aktivisten. Dies führte sogar so weit, dass ihr die undankbaren Harry-Potter-Hauptdarsteller Daniel Ratcliffe und Emma Watson in den Rücken fielen und sich öffentlich von ihr distanzierten. Außerdem erhielt Rowling Morddrohungen. Die Vorwürfe sind in ihrem Fall besonders absurd, da Rowling stets betonte, sich mit ihrer Kritik für Frauenrechte einsetzen zu wollen, da sie sich als Feministin versteht.

Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?

Ein ähnlich gelagerter Fall ereignete sich nun in der Redaktion der EMMA. Die Redakteurin Chantal Louis hat gemeinsam mit Alice Schwarzer am 30. März das Buch „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift“ herausgegeben. In der Produktbeschreibung bei Amazon heißt es unter anderem:

„Mit diesem Sammelband wollen die beiden Herausgeberinnen aufklären. Aufklären über den Unterschied zwischen einem schwerwiegenden, psychisches Leiden erzeugenden Konflikt aufgrund der tiefen Überzeugung, im falschen Körper zu leben, und dem aktuellen Trend, bereits Geschlechterrollenirritation für ‚Transsexualismus‘ zu halten.

Die Herausgeberinnen begrüßen den seit 40 Jahren möglichen rechtlichen und medizinischen Beistand bei diagnostizierter ‚Geschlechterdysphorie‘ – aber sie melden humanitäre und politische Bedenken an zu dem aktuellen Trend, bereits bei einer Rollenirritation zu schnell mit schwerwiegenden Hormonbehandlungen und Operationen zu reagieren.“

„Bereits diese Ausgangsthese ist falsch.“

Herausgeberin Chantal Louis ist außerdem seit 20 Jahren Mitglied im „Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ (LSVD). Doch dieser kritisierte sie für ihr gerade erschienenes Buch. Louis reicht es und sie verlässt nun ihren Verband – und veröffentlichte in der EMMA einen offenen Brief, in dem es unter anderem heißt:

„Ich weiß gar nicht, wie lange ich schon Mitglied im LSVD bin, es müssen mindestens 20 Jahre sein. Jetzt aber trete ich aus, denn ich fühle mich als lesbische Frau von euch nicht nur nicht mehr vertreten, sondern verraten. Dass ihr das Buch über Transsexualität, das Alice Schwarzer und ich gemeinsam herausgeben, als ‚gefährlich‘ und ‚unverantwortlich‘ diffamiert, ist dabei nur der letzte Tropfen. Seit geraumer Zeit beschimpft ihr Frauen, auch die lesbischen, als ‚transphob‘, die befürchten, unter die Räder des ‚Trans Train‘ (so der Titel einer sehr sehenswerten schwedischen TV-Doku) zu geraten und interessiert euch null für deren Argumente und berechtigte Ängste.“

Der LSVD hatte Louis nach eigenen Angaben folgendes vorgeworfen:

„Das Buch basiert auf der Behauptung, dass es einen aktuellen Trend gäbe, bereits bei einer Rollenirritation zu schnell mit schwerwiegenden Hormonbehandlungen und Operationen zu reagieren. Bereits diese Ausgangsthese ist falsch.“

Louis hält in ihrem Brief dagegen, dass Betroffene, Eltern und Therapeuten in westlichen Industrienationen das Gegenteil berichteten – „wo die Zahl der jungen Frauen, die sich für ‚trans‘ halten, um 4.000 Prozent gestiegen ist“. Zahlreiche Leserbriefe würden belegen, dass Eltern keine Therapeuten mehr finden, die den Transitionswunsch ihres Kindes „auch mal hinterfragen“. Länder wie Schweden, Finnland, England oder Australien würden nun wieder der therapeutischen Behandlung den Vorrang vor der medikamentösen geben.

„Brustamputationen bei Jugendlichen“

Sie schreibt weiter:

„Ihr behauptet: ‚Es gibt medizinische Leitlinien. OPs finden vor Vollendung des 18. Lebensjahres nur sehr selten statt.‘

Ich muss leider annehmen, dass ihr der Öffentlichkeit bewusst etwas verschweigt. Denn diese Leitlinien, in denen Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ‚Geschlechtsdysphorie‘ festgelegt werden, sind Makulatur. Gerade werden sie von den medizinischen Fachgesellschaften überarbeitet. Und wie ihr natürlich wisst, zeichnet sich ab, dass die – rechtlich ohnehin unverbindlichen – Altersgrenzen, die es jetzt noch gibt, künftig fallen werden. Dann sind Brustamputationen und die Entfernung von Gebärmutter oder Eierstöcken schon bei Jugendlichen möglich.“

Louis fragt:

„Wie kommt es überhaupt, dass ich ausgerechnet von einem Verband, der sich für die Rechte von Lesben einsetzen sollte, nichts höre darüber, dass gerade junge Mädchen, die sich in Mädchen verlieben, Gefahr laufen, dem ‚Ich-stecke-im-falschen-Körper-und-war-schon-immer-ein-Junge‘-Narrativ zu glauben, das im Internet massenhaft verbreitet wird?“

Kein Sex mit Transfrauen in Männerkörpern

Der LSVD greift außerdem die im Buch angeführte These der „sozialen Ansteckung“ an. Der Psychologe Prof. Friedemann Pfäfflin, der rund 3.000 Transsexuelle therapiert hat, wird in dem Band zitiert mit: „Heute erklären schon Achtjährige nach dem Blick auf ihr Smartphone, sie seien ‚transsexuell‘.“ Der LSVD behauptet hingegen, Kinder und Jugendliche würden nicht einfach transsexuell, weil sie davon erfahren.

Louis schreibt, was sie stattdessen von ihrem Verband erwartet hätte:

Dass ihr, anstatt uns reflexhaft mit der AfD gleichzusetzen, eine offene Diskussion ermöglicht. Dass ihr kritischen Stimmen Raum gebt: Eltern, TherapeutInnen, vor allem aber auch jenen Transmenschen, die angesichts auch eures rigiden Tons in der Community schon gar nicht mehr wagen, ihre Kritik öffentlich zu äußern.

Und ich hätte erwartet, dass ihr nicht nur – berechtigterweise – die Diskriminierung von Transmenschen anprangert, sondern auch die Diffamierung kritischer Frauen als „TERF“ (‚Trans Exclusionary Radical Feminist‘) und ihre Bedrohung durch Transaktivisten, deren Social Media Accounts ein Statusbild mit Baseballschläger zeigen.

Ich hätte auch erwartet, dass ihr euch zu Wort meldet, wenn Lesben, die keinen Sex mit Transfrauen mit Männerkörpern haben wollen, als ‚transphob‘ beschimpft werden.“

Menschen „mitmeinen“, für die es keine Worte gibt

In jedem Fall mutet es makaber an, dass die eine sexuelle Randgruppe der anderen Diskriminierung vorwirft. Vor allem aber wirft es ein schlechtes Licht auf das völlig schräge Prinzip der politisch-korrekten Einteilung der Menschen in Opfer-Hierarchien aufgrund bestimmter Merkmale wie Geschlecht, sexuelle Orientierung, Herkunft, Klasse, behindert/nicht behindert etc.

Sobald man einmal damit anfängt, diese äußerlichen Merkmale als für eine Biografie entscheidender zu bewerten als die konkrete Lebenssituation und Erfahrung eines Individuums, gerät man in einen Teufelskreis, der sich zu immer verrückteren Auswüchsen emporschwingt. Schließlich wird aufgrund dieser Merkmale eine Art Tribalismus, also „Stammessystem“ hervorgebracht, der die Menschen pauschal in unterschiedliche Interessensgruppen trennt.

Dies kann man gut anhand der LGBT-Community beobachten, also der Gemeinschaft der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen. Seit einiger Zeit fügt man ihrer Gruppenbezeichnung noch ein I für „intersexuell“ sowie ein Q für „queer“ hinzu und ganz aktuell gehört sogar noch ein + dahinter, damit auch wirklich alle irgendwie gearteten sexuellen Minderheiten sich angesprochen und nicht ausgeschlossen fühlen. Allein, dass man durch Zeichen versucht Menschen „mitzumeinen“, also letztendlich „abzugrenzen“, für deren vermeintliche Gruppe noch gar kein Wort existiert, spricht Bände.

So sehr es verständlich erscheint, dass Schwule und Lesben während ihrer Emanzipationsprozesse das Bedürfnis hatten, sich zu vernetzen und Interessensverbände zu gründen – bei einem zu extremen Fokus auf die geschlechtliche Identität und Ausrichtung ist der Mensch irgendwann nicht mehr Mensch, sondern eben nur noch ein Plus-Zeichen. Man sieht bloß noch Gruppen und keine Individuen mehr.

Und so kommt es dann vor, dass die Revolution ihre Kinder frisst und man einer lesbischen Frau vorwirft, dass sie nicht mit einem biologischen Mann schlafen möchte, nur weil dieser sich zufällig als Frau identifiziert. Und dass die Geschlechtsumwandlung zu einem Modetrend mutiert, der von allzu leichtfertigen Psychologen verschrieben wird. Es bleibt zu hoffen, dass diese Kaprizen dazu führen, dass sich auch bei den sexuell alternativ Ausgerichteten hinsichtlich ihrer Forderungen eine gewisse Mäßigung einstellt. Und Gleichberechtigung kein „Schere-Stein-Papier“-Spiel wird, bei dem transsexuell automatisch lesbisch und lesbisch automatisch heterosexuell schlägt.

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Elias Schwarz / 01.04.2022

Transfaschisten haben LGBT-Faschisten besiegt?

Holger Kammel / 01.04.2022

Wenn sich Kobras gegenseitig vergiften, sehe ich dem mit Interesse zu.

Dirk Weidner / 01.04.2022

Schmunzelnd denke ich an die Volksfront von Judäa. Oder war es die judäische Volksfront?

Gus Schiller / 01.04.2022

@Klaus Biskaborn: Jeder ist stolz auf seine “eigene” Meinung, will aber nirgendwo anecken. Deshalb immer schön im Mainstream schwimmen. Bloß nicht rächts, rassistisch, völkisch klingen und den Shitstorm anziehen. Früher hieß es. “Jedem recht getan, ist eine Kunst die niemand kann,” Heute wird jeder Mist jedem Trottel nachgeplappert. Deshalb ist auch bald Schluss mit der indigenen Gesellschaft in diesem Land und das ist auch gut so.

giesemann gerhard / 01.04.2022

Ist doch egal, es gibt nur Menschen, die schwanger werden können und solche, die nicht. Zwangsschwängerung von muslimischen Mädchen interessiert die Schwarzer nicht? Mit allen demographischen Folgen?

T. Merkens / 01.04.2022

Das edelste Geschöpf, die wirkliche Krone der Schöpfung muss darüber hinaus allerdings “geimpft” sein, sonst nützt die schönste Selbstzuschreibung nichts, und es folgt die Verdammung zum absolut wertlosen Wesen. Wenigstens da besteht zur Zeit weitgehende Einigkeit.

S.Buch / 01.04.2022

Das System im Endstadium der intellektuellen Fäulnis. Es geht nurmehr darum, soweit wie möglich oben in der Opferpyramide zu stehen, um mittels Deutungshoheit am stärksten von staatlichen Subventionen zu profitieren und zu diesem Zweck andere gesellschaftliche Gruppen zu unterdrücken. Ellenbogengesellschaft in Reinkultur - nur eben unter dem Deckmantel des „Guten“.

Mathias Rudek / 01.04.2022

Es ist immer wieder erstaunlich, daß gerade Gruppen sexueller Minderheiten solchen Autoritarismus oder gar Totalitarismus an den Tag legen können. Aber anscheinend wird hier entweder zuviel mit dem Penis, der Vagina oder der Pegina gedacht. Wie auch immer? Man darf sich von diesen kranken Communities einfach nicht ins Revier pissen lassen.

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