Martina Binnig, Gastautorin / 24.06.2022 / 14:00 / Foto: FaceMePLS / 21 / Seite ausdrucken

Transformationskanzleramt im Leitdialog

„Unsere gesamte Art des Wirtschaftens und des Lebens werden wir in den nächsten 30 Jahren verlassen“, hat Merkel Anfang 2020 in Davos angekündigt. Jetzt gab Kanzler Scholz den Auftakt für eine „Allianz für Transformation“.

Auf der offiziellen Webseite der Bundesregierung wurde veröffentlicht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag, dem 14. Juni, den Startschuss für eine „Allianz für Transformation“ gegeben habe. Darunter sei ein „Leitdialog“ zwischen der Bundesregierung und „Entscheiderinnen und Entscheidern“ aus „Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbänden, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft“ zu verstehen, der „dem Austausch über verlässliche Rahmenbedingungen für den Transformationsprozess Deutschlands“ diene. 

Ein Foto unter dem Einleitungstext zeigt Scholz mit BDI-Präsident Russwurm, der DGB-Vorsitzenden Fahimi und dem Präsidenten des Deutschen Naturschutzrings Niebert im Kanzleramt. „Wir wollen erreichen, dass unser Land eine gute Zukunft hat als ein Land, das global wettbewerbsfähig ist und gleichzeitig CO2-neutral wirtschaftet, und als ein Land, das vorn dabei ist, wenn es um die digitale Transformation geht, um nur zwei Felder zu benennen, mit denen wir uns beschäftigen werden“, wird Scholz zitiert. Und weiter: „Das Thema, das uns heute beschäftigt, ist unbedingt wichtig. Es geht nämlich um die klimaneutrale Industrie, um die Transformation der Energieerzeugung“. Wichtig sei auch die Botschaft, „dass wir uns nicht auf ein einzelnes Treffen konzentrieren, sondern in immer unterschiedlicher Zusammensetzung mehrfach im Jahr genau diese Frage der Veränderung unserer Gesellschaft besprechen.“ An diesem ersten Dialogforum als „Auftakt für regelmäßige High-Level-Gespräche“ nahmen aus der Politik Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Bundesminister Hubertus Heil und Volker Wissing sowie die Bundesministerinnen Steffi Lemke und Bettina Stark-Watzinger teil.

Es ist nicht ihr Job „eine Gesellschaft zu schaffen“

Inhaltlich stehe „klimaneutrale Wirtschaft, Digitalisierung und nachhaltige Arbeit“ im Fokus. Wichtiges Element der Transformation sei die Sicherung der Energieversorgung. So führe die aktuelle Zeitenwende deutlich vor Augen, wie wichtig eine klimaneutrale Energieproduktion und der Abbau von Abhängigkeiten bei Rohstoffen und Lieferketten sei. Das Thema zum Auftakt der „Allianz für Transformation“ laute daher: „Die Energiewende in der Zeitenwende: Der beschleunigte Auf- und Ausbau einer neuen Energieversorgung als gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“. Geplant sei, ein „ein festes Bündnis zur verlässlichen Unterstützung des Transformationsprozess in Deutschland“ einzugehen. Damit erfülle die Bundesregierung eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag.

In einem blau unterlegten Kasten werden als Ziele zusammengefasst: 

  • Klimaneutral leben und wirtschaften
  • Natürliche Ressourcen effizient nutzen
  • Digitale Innovationen und technologische Souveränität fördern
  • Staat und Verwaltung modernisieren
  • Innovationsoffene Gesellschaft schaffen

Vor allem der letzte Punkt lässt aufhorchen. Denn wie will das Bündnis eine „innovationsoffene Gesellschaft“ schaffen? In einem Rechtsstaat und einer Demokratie ist keine Instanz vorgesehen, die „eine Gesellschaft“ schafft, sondern der Souverän besteht aus den Wahlberechtigten, die ihrerseits Politiker damit beauftragen, zu ihrem Wohl zu handeln. Zumindest im Idealfall. Vor allem verwundert jedoch die Zusammensetzung des Bündnisses, da hier nicht nur demokratisch legitimierte Politikerinnen und Politiker als Entscheidungsträger fungieren, sondern auch Vertreter von NGOs wie etwa dem Naturschutzring. Wer jedoch hat den Naturschutzring dafür gewählt, eine „innovationsoffene Gesellschaft“ zu schaffen? Dass eine „Transformation“ ansteht, wird offenbar als ohnehin selbstverständlich vorausgesetzt. Ist aber beispielsweise die Umgestaltung von Städten in „Smart Cities“ wirklich im Sinne der Bürger? 

Die nächste „Dialogveranstaltung“ ist für Oktober geplant. So entspannt der weitgehend einschränkungsfreie Sommer sein mag: Der Herbst verspricht, ungemütlich zu werden. 

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Leserpost

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Jochen Grünhagen / 25.06.2022

Bezüglich der Transformation hat heute auch Herr Eric Gujer in der NZZ einen interessanten Artikel geschrieben. Die gesellschaftlichen Werte in Deutschland werden umgepflügt. Wahnsinn was hier passiert, ohne einen Generalstreik der arbeitenden Bevölkerung wird hier nichts mehr passieren, was eine Wende zur Normalität verursacht.

Elias Schwarz / 24.06.2022

Die Transformator*innen werden gut bezahlte Posten bekommen, ihre Organisation werden mit Steuergeldern überflutet. Die Kobold*innen werde Minister.  Die dummen Wähler werden leiden und der Mutter-Natur ist es alles zielmich egal.

RMPetersen / 24.06.2022

Wer nicht weiter weiss, gründet einen Arbeitskreis. Dieser Transformationskreis ist doch ein Alibi-Kränzchen. Was zu tun ist, werden schon die USA und deren IT-Oligarchen sagen.

Rolf Mainz / 24.06.2022

“Transformation” - eine der schlimmsten aktuellen Modefloskeln. Gern be- und abgenutzt für alles und jedes, stets ohne konkret zu werden. Warum fragen die Medien nicht nach, was genau(!) damit gemeint ist? Was es für den einzelnen bedeutet? Warum sie überhaupt notwendig sein soll? Und woher stammt der unglaubliche Druck, mit dem solche “Transformation” durchgesetzt werden soll - bei weitem nicht nur von und in der Politik, sondern auch bereits in der Wirtschaft? Wer will das? Und warum? Und warum fragt man die Menschen nicht, ob sie dies auch möchten? Weil sie ablehnen würden? Und wieso setzt man es dann trotzdem durch? Weil jemand (wer?) besser weiss, was gut für uns ist? Woher? Und woher nimmt er das Recht zu dieser Annahme?

Arne Ausländer / 24.06.2022

@Thomas Szabo: Vor gut 500 Jahren teilte der Papst die Welt unter Spaniern und Portugiesen auf. Was doch wohl voraussetzt, daß er meinte, diese Welt gehöre ihm. Das ist der Unterschied zum viel älteren christlichen Missionierungsstreben, das noch auf eine grenzenlose Fremde zielte: nun meinte man die Welt zu besitzen und nur noch gestalten zu müssen. Das hat seitdem nie wieder aufgehört, mit Jesuiten, Rosenkreuzern, Freimaurern, den verschiedensten revolutionären Geheimbünden bis zu Cub of Rome und WEF. 500 Jahre Globalismus, seit 500 Jahren meinen einige zu wissen, was das Beste für die ganze Welt sei. Und immer wird vorausgesetzt, daß der Rest der Menschheit zu blöd sei, um selber entscheiden zu dürfen. Wir erleben - nach 1917ff und 1933ff - mal wiede eine Phase, wo man sich kaum noch versteckt mit seinen Menschheitsbeglückungsambitionen.

Werner Grandl / 24.06.2022

“Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht”, hat man uns doch 60 Jahre lang eingebleut, oder? Ich fürchte aber, dass noch weniger Deutsche gegen die Herrschaft dieser Lemuren Widerstand leisten werden, als dies in jenen “Tausend Jahren” der Fall war. Die Gehirnwäsche von Kindergarten bis Universität hat ganze Arbeit geleistet. Der perfekte Untertan merkt gar nicht, dass er ein solcher ist.

Frank Stricker / 24.06.2022

Titelbild gefällt mir und passt auch irgendwie , Olaf Scholz als Hütchenspieler !!

Till Olaf / 24.06.2022

Wenn man das liest, kommt einen das Kotzen, diese Transformations-Sprüche sind schlimmster ddr-sprech, widerlichste SED Propaganda. Die Achse kann das kommentieren, aber der SED Propaganda-Sprech verursacht schon beim Lesen Schmerzen.

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