Volker Seitz / 20.09.2018 / 06:26 / Foto: Mixalkov / 30 / Seite ausdrucken

Träumen Sie weiter, Herr Entwicklungs-Minister

Gerade hat der britische Hochkommissar (Botschafter) in Sambia, Fergus Cochrane-Dyet, von dem Verdacht der Unterschlagung und Korruption von Staats- und Regierungsstellen in Sambia berichtet. Deshalb hat die britische Regierung die Entwicklungshilfe für das Land eingefroren. Laut BBC sind 4,3 Millionen US-Dollar, die für soziale Transfers zur Bekämpfung der Armut gedacht waren, verschwunden. Schweden, Finnland und Irland haben wegen der Korruption in Sambia ebenfalls ihre Hilfe eingefroren. Laut BMZ Homepage erhielt Sambia von 2016-2018 aus Deutschland 97,5 Millionen Euro.

Am 18. September 2018 bemängelte der Europäische Rechnungshof, dass Unterstützungszahlungen für die so genannte Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur mit einem Gesamtwert von 100 Millionen wirkungslos verpufft seien.

Warum versorgen Europas Geberländer korrupte Länder weiter mit Geld? Karel Pinxten, der ehemalige Sprecher des Europäischen Rechnungshofs, sagte in der belgischen Zeitung „De Standaard“ über Entwicklungshilfe: „Sobald das Geld überwiesen ist, verlieren wir jede Spur.“

Das westafrikanische Niger ist eines der ärmsten Länder der Welt. Deutschland und die Europäische Union pumpten bislang Hunderte Millionen Euro in das Land. Das Ziel: das Land soll die Migrantenrouten kontrollieren und den Fluchtweg blockieren. Kürzlich erschien eine FORBES – Liste mit den reichsten Nigrern. Die fünf reichsten Nigrer sind nicht etwa Geschäftsleute sondern alle Politiker. Angeführt wird die Liste vom derzeitigen Präsidenten Mahamadou Issoufou, dann kommt der Premierminister, Brigi Rafini, der frühere Präsident Mahamane Ousmane (1993 – 1996) kommt an dritter Stelle, Nummer vier ist der frühere Premierminister (2007- 2009) und Parlamentspräsident (2009 – 2010), Seyni Oumarou, und schließlich der zweimalige Premierminister (1995 und 1996 – 1997 ), Amadou Cissé.

Die Größe des jeweiligen Vermögens und wo es herkommt hat Forbes leider nicht veröffentlicht. Als Bundeskanzlerin Merkel 2016 im Niger war, forderte der Präsident eine Milliarde Euro an Hilfsgeldern für sein Land.

Noch einmal Minister Müller: „Die deutsche Entwicklungshilfe ist stets an die Bedingung geknüpft, dass kein Euro in korrupte Kanäle verschwindet. Es werden nur Länder unterstützt, die sich um Rechtsstaatlichkeit bemühen und in denen die Ausbeutung ihrer Ressourcen nicht völlig an der einheimischen Bevölkerung vorbei geschieht.“

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe ist am 21. September 2018 erschienen. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Esther Burke / 20.09.2018

DEN Eindruck habe ich schon lange :  it’s Kobalt, Coltan, Gold etc. ,  stupid ! Mit den “Entwicklungshilfegeldern”  muß  offenbar der Zugang zu diesen Ressourcen zu UNSEREN Bedingungen gekauft werden.  (Wie sollen wir denn sonst die Digitaliserung hinkriegen, die E-Mobilitöt etc. ?) Ich möchte auf den Kommentar von Brommelcamp zu Ihrem vorausgegangenen Beitrag hinweisen : “...hält Afrika bewußt im Mittelalter und verfolgt die Kritiker als Ketzer. Die Schlepper der neuen Herrenrasse verfrachten wieder Tausende dicht gedrängt auf ihren Schiffen. Was aus denen wird, ist egal. EU brauchen billige Arbeitskräfte für ihre Ziele. Solange diese Sorte Rassisten das Sagen haben wird Afrika keine Chance haben “ In diesem Sinne :“Refugees welcome “-  wie unfaßbar zynisch ! Weniger Wirtschaftswachstum hier   !!??

B.Klingemann / 20.09.2018

Spätestens wenn die Söhne der afrikanischen Staatsoberhäupter bei Blohm und Voss Yachten in Auftrag geben (was der Fall ist), sollten wir uns Gedanken machen - obwohl sie die heimische Werftindustrie stärken.

Wilfried Paffendorf / 20.09.2018

Wenn deutsche Politiker und Politikerinnen das Wort “Rechtsstaatlichkeit” in den Mund nehmen, assoziiere ich längst die Wörter “Lumperei” und “Heuchelei”. Die Entwicklungshilfe für Afrika (ich habe da die Summe von tausend Milliarden Dollar in den vergangenen 50 Jahren in Erinnerung) hat denselben Effekt wie bei einem Heroinsüchtigen, den man mit immer mehr Heroin von seiner Sucht befreien will. Man weiß inzwischen gar nicht mehr, wo man mit der Aufzählung der Missstände rund um die Entwicklungshilfegelder beginnen und wo das enden soll. Die Probleme sind seit Jahrzehnten, seit der politischen Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten von ihren Kolonialherren bekannt. Ich denke, der größte Fehler der ehemaligen Kolonialherren war und ist, den Afrikanern einzureden, dass sie an ihrem Unglück oder vielmehr der Unfähigkeit, ein funktionierendes und prosperierendes Gemeinwesen auf die Beine zu stellen, selbst völlig unschuldig seien. Die Legende vom “edlen Wilden”, der in vorkolonialen Zeiten in seinem Habitat ein wahrhaft paradiesisches Leben führte, geistert bis heute in europäischen Köpfen, besonders aber in linken Weltbildern, umher. Mancher Afrikaner empfindet es als Beleidigung, wenn auf dieser Grundlage über Afrika und seine indigene Bevölkerung geredet wird - zurecht -, denn dahinter steht die Vorstellung von unmündigen Kindern, die man erziehen muss. Paart sich diese Vorstellung mit faschen Erziehungsmethoden, dann kann das nur in der Katastrophe enden.

Karla Kuhn / 20.09.2018

“Warum versorgen Europas Geberländer korrupte Länder weiter mit Geld? Karel Pinxten, der ehemalige Sprecher des Europäischen Rechnungshofs, sagte in der belgischen Zeitung „De Standaard“ über Entwicklungshilfe: „Sobald das Geld überwiesen ist, verlieren wir jede Spur.“ Wahrscheinlich ist genau DAS gewünscht. “. Kürzlich erschien eine FORBES – Liste mit den reichsten Nigrern. Die fünf reichsten Nigrer sind nicht etwa Geschäftsleute sondern alle Politiker. Angeführt wird die Liste vom derzeitigen Präsidenten Mahamadou Issoufou,.....”  Wenn ich noch mal auf die Welt komme, werde ich Politiker in Niger !!  ”  Die Größe des jeweiligen Vermögens und wo es herkommt hat Forbes leider nicht veröffentlicht. Als Bundeskanzlerin Merkel 2016 im Niger war, forderte der Präsident eine Milliarde Euro an Hilfsgeldern für sein Land.” Er FORDERTE , ich gehe jetzt mal ins Bayerische Finanzministerium und fordere ebenfalls eine drastische Aufstockung meiner lächerlichen Rente Eine MILLIARDE HILFSGELDER, warum so kleinlich ? Es sind doch nur die Steuergelder, die die deutsche Bevölkerung erarbeitete hat und der zum Teil hohe Steuern abgeknüpft werden. Hat Frau Merkel das Geldsäckel geöffnet ?  Noch einmal Minister Müller: „Die deutsche Entwicklungshilfe ist stets an die Bedingung geknüpft, dass kein Euro in korrupte Kanäle verschwindet. Es werden nur Länder unterstützt, die sich um Rechtsstaatlichkeit bemühen und in denen die Ausbeutung ihrer Ressourcen nicht völlig an der einheimischen Bevölkerung vorbei geschieht.“  Ich dachte immer Tomaten wachsen im Garten, bei manchen offensichtlich auf den Augen. WAHNSINN !!

Heide Junge / 20.09.2018

Ich habe in den letzten 20 Jahren viele dieser sogenannten Entwicklungsänder als ” Rucksacktourist bzw. Backpacker ”  bereist . Länder wie Haiti, Botswana , Sambia, Zimbabwe etc. p.p.  und Korrrupption ist dort schon in die Wiege gelegt und wird mit der Muutermilch aufgenommen . Das begann schon vor hunderten von Jahren in Afrika , schon vor der Kolonialisierung des schwarzen Kontinentes . Kam ein weißer Mann ins Dorf müsste er mit Alkohol , Glasperlen, oder Money sich die Gunst des Häuptlings oder Dorfältesten erkaufen (bestechen), wenn er Skalven , Land, Rohstoffe und Bodenschätze wollte . Warum schickt die EU , die Bundesregierung oder UNO immer wieder Millionen Dollars in diese Länder, wo das viele Geld in korupte Politkerhände und deren Kasten verschwinden ??? Die kaufen davon Waffen , investieren in Blutdiamanten ,Kindersoldaten und Drogen und tyrannisieren Ihre eigene Bevölkerung. Das Rote Kreuz oder UNO, Unicef etc .  könnte im jewailigen Land mit Hilfe der ansässigen Hilfsorganisationen und Menschen eigene Companys nach internationen Handesrecht gründen und direkt vor Ort Schulen und Krankenhäuser bauen , Brunnen bohren , die Landwirtschaft und Infrastruktur fördern . Investiert selbst , bezahlt es selbst und gebt das Geld nicht den falschen Leuten und erwartet Aufbauwunder , nur so können wir Fluchtursachen bekämpfen !

Klaus Peter / 20.09.2018

“Sachleistungen” anstatt €€€ oder $$$: Direkte Investitionen in die Infrastruktur (Straßen, Brunnen, Wasserversorgung, Elektrizität, Schulen, Krankenhäuser,...) mit Kontrollen vor Ort, damit so wenig wie nötig veruntreut wird. Die Chinesen können es doch auch!

Gottfried Meier / 20.09.2018

Das war doch auch der, der glaubt, dass wir die Fluchursachen in Afrika bekämpfen könnten?

Thomas Raffelsieper / 20.09.2018

Solange die deutschen Entwicklungshilfegelder auf Offshore-Konten oder luxemburger Banken oder auch bei der unter “roter Flagge” stehenden HSBC landen, werden deutsche Steuergelder weiter veruntreut. Natürlich straffrei. Es ist immer das gleiche. Auch Hamburger Reederei-Milliardäre brauchen ihre Kredite der HSH Nordbank, also Steuergelder in Höhe von 500 oder auch 600 Millionen US$ nicht zurückzahlen, obwohl ihre Jachten in Hamburger Hafen schwimmen. Gehen Sie mal zur Bank, leihe sich 600 Millionen US$ und verlangen diese nicht zurück zu zahlen. Auch deutsche Milliardäre stehen über deutschen Gesetzen, nicht nur die aus dem Niger.

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