Mag Ederer an manchen Stellen seiner Ausführungen zu völlig anderer Einschätzung kommen als ich, kein Problem. Eines aber halte ich für einen grosen Mangel: Ederer will Russland und seine Menschen offensichtlich gar nicht verstehen und auch nicht mögen: Er nutzt den Begriff “Russlandversteher” abfällig, und “Russophilie” ist anscheinend eine Krankheit. Wir brauchen aber Menschen, die einander verstehen und die einander mögen wollen, es zumindest anstreben. Auch und gerade in der Diplomatie. Sonst hat Friede keine Chance.
Leider eine unsäglich einseitige Argumentation, wie wir sie in fast allen Medien momentan serviert bekommen. Es gibt für den Autor nur die üblich schwarz-weiss bzw. Putin schlecht- Nato gut Rhetorik. Die Atlantik-Brücke lebt! Wer von den Werten des Westens palavert, sollte aber auch von NSA, Guantanamo, Nato Osterweiterung, Destabilisierung von Staaten, Kriegslügen (Irak I + Irak II) , ökonomischer Erpressung und Regime Change reden. Ederers Argumentation führt argumentativ ins Nichts. Wer hier wann wo und vielleicht Giftgas eingesetzt hat, ist nach wie vor mehr als fraglich. Wer glaubt, dass westliche Geheimdienste nicht versuchen russische Regierungscomputer zu hacken, lebt hinterm Mond. Wer glaubt dass westliche Fürsprecher in Talkshows keine eigenen Interessen verfolgen und wirtschaftlich oder politisch davon profitieren ebenfalls. Unterschiedliche Messlatten waren noch nie hilfreich. Wenn wir aufhören mit Russland zu sprechen, verlieren wir alle Gestaltungschancen für eine gemeinsame friedliche Zukunft.
Herr Ederer, Sie schreiben unverkennbar aus einer russophoben Voreingenommenheit, die schon an Unfehlbarkeitsglauben erinnert. Damit entwerten Sie ihre ansonsten schätzenswerten Gedanken, was eigentlich schade ist.
Ja, Russland ist kein demokratisches Land, wie etwa Polen oder Dänemark. Aber wie sieht es in Deutschland aus? Wenn das Recht nicht mehr vorbehaltlos umgesetzt wird, wie etwa das Demomstrationsrecht, das im Übrigen ein Menschenrecht ist, ganz zu schweigen vom Aufenthaltsgesetz oder von Artikel 3 des Grundgesetzes, das den Staat auffordert, die Gleichberechtigung von Mann und Frau aktiv zu fördern im Kontext der fortschreitenden Schariatrisierung. Nein, Russland hat eine ganz andere Geschichte, in der die Demokratie nach Anglo-Amerikanischem Vorbild erst seit 1991 begann. Die Franzosen benötigten weit über 100 Jahre, bis sie eine Demokratie etablierten, die den Namen einigermaßen verdiente. Geben wir Russland diese Zeit, bis zum Jahr 2080 z.B. Und noch etwas vergisst der Autor: auf Russlands Boden findet seit 1000 Jahren der Kampf gegen den Islam statt, aktueller denn je ist dieser Kampf. Auch deshalb braucht Russland einen eher despotischen Führer, weil Putin das kleinere Übel ist, als Chaos und Zerfall, wie unter Boris Jelzin, als man Nahrungsmittel an Russland schickte und Oligarchen die eigentliche Macht inne hatten. Die USA wie Russland vertreten einseitig ihre Interessen, daran ist nichts auszusetzen, wenn Deutschland nicht so moralisieren würde. Und historisch und geografisch liegt uns Deutschen Russland eigentlich näher. Die Zaren z.B., bis auf eine Ausnahme, haben immer deutsche Prinzessinen geheiratet, zwei haben sogar regiert.
Ja, die Welt ist verbesserungsbedürftig, die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Gewalt. Und das wird immer so sein. Aber diese Gewalt geht immer von der Mitte der Gesellschaft aus. Deshalb ist es auch unsinnig, durch militärisches Eingreifen allein die Menschenrechte durchsetzten zu wollen. Eine Gesellschaft muss für die Demokratie reif sein, sonst funktioniert das nicht. Und deswegen ist der humanitär begründete gegenwärtige Schlagabtausch zwischen den Westmächten und Russland unglaubwürdig. Es geht hier einfach um Macht und Einfluss wirtschaftlicher Art. Ich stimme Herrn Ederer aber zu, dass die westlichen Werte, die sich aus Humanismus und Aufklärung speisen, denen der reaktionären Gesellschaften vorzuziehen sind, denn niemand will ernsthaft in reaktionären Gesellschaften leben. Der Beweis ist der Migrationsdruck auf westliche Gesellschaften und nicht umgekehrt. Deutschland ist da eigentlich ein Trittbrettfahrer. Es wurde nach WK 2 zwangsweise in das westliche System integriert um es unter Kontrolle zu halten. Der Ostteil trat dann 1990 einfach bei. Es gehört originär nicht zum Westen, weder geografisch noch kulturell. Der Grund ist der Mangel an der Kultur der Aufklärung. Innerlich scheinen mir die Deutschen im Westen bis heute nie angekommen zu sein. Man fällt bei erster Gelegenheit in autoritäre Muster zurück. Sämtliche Diskussionen sind stets davon geprägt, was wir nicht wollen, was es zu verhindern oder zu verbieten gilt, wie wir eine Sache darstellen müssen um die gewünschte Wirklichkeit zu konstruieren. Und das ist in allen Parteien zu beobachten, auch bei der AfD. Eine progressive Gesellschaft muss aber wissen, wofür sie ist und nicht nur wogegen. Auch zum Thema Russland sollten wir uns pragmatisch verhalten, das Positive sehen und nicht nur das Negative bekämpfen wollen. Eine stabile Friedensordnung ist nur mit Russland und nicht gegen Russland möglich.
Es ist wervoll, dass Achgut Artikel unterschiedlichster Meinungen publiziert - eben kein Lautsprecher gleichgerichteter Ansichten. Inhaltlich ist Herrn Ederers ohne Tiefgang. Der Titel „toxisch“ verrät die Intention. Auch did Breite des Textes kann die Leere des Inhalts nicht überdecken, die sich in gebetsmühlenartigen Wiederholungen des infantilen Glaubenskerns über Putin und sein toxisches Russland erschöpft. Vermutungen und politisch-taktische Behauptungen, bis hin zu löngst widerlegten Sachverhalten, werden bei Herrn Ederer zu dogmatischen Wahrheiten. Herr Ederer, es nervt und ermüdet, wenn Sie nun wirklich alles, mit festem Blick durch die tiefrot gefärbte Brille, in die selben Schubfächer stecken. Dennoch, es ehrt Achgut, auch solchem Pamphlet eine Bühne zu geben.
Ich finde es gut, dass dieser Bertrag hier erscheint. Inhaltlich stimme ich ihn aber nicht zu. Ich habe keinerlei, weder familiäre noch wirtschaftliche Verbindungen zu Russland, und ich habe auch keine Ressentiments gegenüber den USA. Die Strategie der NATO, sich bis an die unmittelbare Grenze Russlands vorzudrängen, hat sicher hinsichtlich der Sicherheitsbedürfnisse Russlands Schaden angerichtet. Das war keine vertrauensbildende Maßnahme. So nimmt es nicht Wunder, dass die Russen auf eine Art und Weise reagieren, die uns nicht gefällt. Auch bin ich der Meinung, dass ein so großes Land, welches bisher immer autoritär regiert wurde und von korrupten Strukturen durchzogen ist, nicht sofort eine Superdemokratie werden kann. Hierzu braucht es Zeit, Geduld und eine Übergangszeit. Die wollen die Europäer aber nicht haben. Es muss immer gleich die Perfektion sein. Historisch gewachsene Besonderheiten und Bedingungen werden nicht berücksichtigt. Vielleicht hätte man sich den damaligen Bestrebungen Russlands für ein gemeinsames Haus Europa doch nicht verschließen sollen.
Herr Ederer, und was wenn Sie verbohrt wären? Die Grundlage Ihrer ganzen Argumentation ist Moral und die gelebte-funktionierende-heilige Wertegemeinschaft, die beste aller Welten…? Im Jemen wird nichts unternommen, der Verbündete nicht mal kritisiert; andere INTERESSEN wiegen eben schwerer. 100.000e tote Zivilisten im Irak, als Preis für die Absetzung Husseins werden gut geheißen (M. Albright). Wurde jemals jemand für die kuwaitische Brutkastenlüge vor Gericht gestellt? Damit bricht aber Ihr Werte-Kartenhaus zusammen! Stellen Sie sich mal vor -keine Angst, nur ein kleines Gedankenspiel ;-)- die US-Streitkräfte müssten innerhalb von 3 Monaten alle Militär-Basen schliessen und Deutschland verlassen. Würden die USA in solch einem Szenario das Argument der gemeinsamen Werte weiter hochhalten?! Denken Sie mal nach, Sie werden dann hoch gehalten, wenn es den INTERESSEN entspricht, „Wertegemeinschaft“ ist ein politischer Kampfbegriff (ich gebe zu, mit einem wahren Kern im gelebten Leben: die Menschen an sich wollen Vorteile für sich, handeln, Frieden auf der Welt; die russische Bevölkerung gehört dann aber genauso dazu!). P.S. Bei allem Respekt: Ihre Aufzählung der „Werte des Westens“, mit der Realität in Bezug gesetzt, das ist slapstick.
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