Cora Stephan / 01.08.2024 / 14:00 / Foto: Library of Congress / 22 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Wir brauchen Erdbeerpflücker

Bei der Erdbeerernte werden dringend Helfer benötig. Diese Maßnahme hätte zwei Vorteile: frische Erdbeeren im Laden und Arbeitsbeschaffung für all jene, die nicht arbeiten. Doch Vater Staat sorgt mit Bürgergeld für Arbeitsunlust.

Die Erdbeer-Ernte ist in diesem Jahr auf 70.000 Tonnen zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt meldet. Das sind 24 Prozent weniger als im Vorjahr und 34 Prozent weniger als im Schnitt der letzten fünf Jahre, der laut Amt bei 107.000 Tonnen liegt.

Lag’s am „Klimawandel“, an der höllischen Erhitzung des Planeten? Angesichts des Frühjahrs, das ein halber Winter war: wohl eher nicht. Es fehlten die Erdbeerpflücker. Ich finde ja schon lange, wir sollten die „Fachkräfte“ lieber den Ländern überlassen, die sie womöglich dringender brauchen. Es würde ja schon ausreichen, wenn eine rotgrünwoke Politik die vorhandenen Spezialisten nicht geradezu vergraulen würde.

Was wir fast noch dringender benötigen: Menschen, die sich auch mal die Finger schmutzig machen wollen. Die beim Erdbeerpflücken helfen, damit die Dinger nicht auf den Feldern vergammeln – oder unerschwinglich werden. Das wäre doch etwas für all die Schulabgänger ohne echte „Hochschulreife“! Glücklich im Erdbeerfeld, statt an den Universitäten Orchideenfächer zu studieren und hernach gar keinen – oder nur noch einen Job in der Verwaltung bekommen, damit es nicht so auffällt, dass hier am Bedarf vorbei produziert wurde.

Ohne Anreize

Ach, und dann sind da noch all jene, die frisch eingereist sind. Fürs Erdbeerpflücken müssen sie noch nicht einmal Deutsch können, wären runter von der Straße und müssten sich nicht dauernd durchs Messerschwingen abreagieren. Haben wir keine Arbeitsfähigen? Die Zahl der Arbeitslosen ist auf 2,7 Millionen Personen gestiegen – die Zahl der erwerbsfähigen Empfänger von Bürgergeld sogar auf über 4 Millionen Menschen. Knapp die Hälfte davon sind Zuwanderer. Junge Männer, die man am Rand eines Dorfs in Unterkünften unterbringt und sich selbst überlässt.

Es gibt keinen Anreiz zu arbeiten, wenn ein nicht gerade geringes Bürgergeld die Maloche ausgesprochen unattraktiv macht. Schließlich ist die Ernte auf dem Feld trotz Erdbeeren kein reines Vergnügen, einmal ist es die Sonne, dann wieder der Regen und schließlich das endlose Bücken und Buckeln – warum sollte man sich darauf einlassen, wenn man am Ende nur 200 Euro mehr erhält, als wenn man zuhause geblieben wäre.

Lassen wir die Erdbeeren einmal weg: In einer alternden Gesellschaft gibt es viel zu tun. Wer gräbt den Garten um? Wer reinigt die Regenrinnen? Wer putzt, wer hilft im Haushalt? Solche Tätigkeiten gelten schon lange nicht mehr als „Beruf“ – und ihre Bedeutung wird unterschätzt. Es gibt, etwa auf dem Land, nicht nur immer weniger Zahn- oder Augenärzte, auch Handwerker sind rar geworden. Corona und eine irre Wirtschaftspolitik sorgen ebenfalls dafür, dass sich „Arbeit nicht mehr lohnt“. Zum Trost gibt es das Bürgergeld, das von jenen bezahlt wird, die nicht nur arbeiten können, sondern auch wollen.

Das Elend am Opferdiskurs

Dabei wäre das Erdbeeren ernten (und alle anderen Tätigkeiten, die eher anspruchslos sind) ein möglicher Einstieg in den Ausstieg aus der Staatsabhängigkeit – und ein Ausweg aus dem Gefühl, unnütz zu sei. Niemand wird bis ans Ende des Lebens Erdbeerpflücker sein. Staatliche Wohltaten gewöhnen ihren Nutznießern die Selbstverantwortung ab. Das ist das, was man „erlernte Hilflosigkeit“ nennt: Menschen glauben, an ihrer Lebenssituation nichts ändern zu können. So ein Bürgergeld verführt genau dazu.

J.D. Vance, Running Mate von Donald Trump und ein Vielgescholtener, hat bei den Marines gelernt, dass man weit mehr vermag, als man sich jemals zugetraut hat. Martialischer Drill, um sich selbst zu befähigen? Nein. Das ist eine Botschaft, die man auch außerhalb eines soldatischen Drills verstehen kann: Lass dich nicht herunterziehen von den Umständen, und mögen sie auch noch so beschissen sein. Und warte nicht darauf, dass der Staat dir hilft. Das hilft nie.

Es würde womöglich schon helfen, wenn Menschen mit der Erwartung konfrontiert würden, dass sie sich selbst am Schopf aus dem Morast der Lethargie ziehen. Dass sie weder unfähig sind noch „die Gesellschaft“ für ihr Glück oder Unglück verantwortlich ist. Dass sie keine „Opfer“ sind. Das ist genau das Elend am Opferdiskurs. Immer sind die Anderen am eigenen Elend schuld. Das hat einen geldwerten Vorteil: Denn damit kann man sie bestens erpressen.

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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Sam Lowry / 01.08.2024

Ach so, noch was: Das hiesige Neubaugebiet mit angrenzendem REWE, KiK, Fressnapf plus Parkplatz usw. war mal ein riesiges Erdebeeranbaugebiet… WAR! Hier wächst nichts mehr unter dem Asphalt…

Michael Schweitzer / 01.08.2024

Frau Stephan,ich war gerade im Aldi-Discounter und die Erdbeerschale(10Stück)schon heruntergesetzt für 3.69 Euro. Dieser Preis hat mit Angebot und Nachfrage nichts mehr zu tun.Wieviel Erdbeeren pflückt ein Erdbeerpflücker in einer Minute multipliziert mit 60 und wieviel bekommt er für seine Leistung?Erdbeerkonfitüre 450g?

Sam Lowry / 01.08.2024

Dieses Land wird immer grausamer. Angefangen bei dem verf….. Schälchen Erdbeeren für 9,99 Euro bis zur gesamten Regierung. Von den täglichen Messermorden mal ganz abgesehen…

Peter Volgnandt / 01.08.2024

Leider muss ich ihnen Recht geben. Bei uns in der Gegend ist es so, dass die Bauern die Selbstpflücker auch nicht mehr auf die Felder lassen, Grund, sie essen zu viel, aber das wäre nicht so schlimm, aber sie machen auch viel kaputt.

Emil.Meins / 01.08.2024

T. Weidner /Vielleicht würde ein “Erdbeerflieger” analog dem “Gurkenflieger die Arbeit erleichtern und attraktiver machen?==> Den gab es schon in den 80er Jahren in der Ortenau, so blöd sind die Bauern gar nicht, das denken nur die Städter. Und der Spruch “Frische Erdbeeren pflückt man auf dem Feld und gibt dem Landwirt Geld für den Anbau. Bewegung an der frischen Luft schadet auch nicht. Immer dieses herumjammern das einem keiner die Erdbeeren vor die Nase tragen will.” ist auch sehr einseitig, höflich ausgedrückt. Nicht jeder lebt auf dem Land oder will/kann stundenlange Expeditionen zum Erdbeerfeld machen, nur um mal einen Erbeerkuchen zu belegen. Glücklich, wer daneben wohnt, tun aber nicht alle. Und jemand sprach von Grundgesetz und Menschenwürde, wenn man bestimmte Personen zum Arbeiten schicken würde, die nicht dazu gewillt sind, und lieber im Café auf Kosten anderer das Dolce vita genießen. Wie ist es mit der Menschenwürde derer, die für diese netten “faulen Hunde” bezahlen dürfen, und dafür jeden Tag malochen gehen? Jedes Ding hat 2 Seiten. Arbeit schändet nicht und gibt dem Leben einen Sinn, aber gleichwohl sollten sich nicht Drückeberger auf Kosten anderer einen schlauen Lenz machen. Das sind linke Furzideen, erdacht von Nichtleistern, die noch nie auf Dauer funktioniert haben.

Jochen Lindt / 01.08.2024

Die Autorin kann ja gerne selbst hingehen und für 1 Euro beim Bauern schuften.  Viel Spaß dabei. Wer Bauern kennt, der weiß, dass sie noch geiziger sind als Apotheker und Ärzte.  Nein, wir müssen unsere Grenzen unter Kontrolle bringen, damit ist das Problem zu 90% gelöst.  Anschliessend kümmen wir uns dann um die Beamtenpensionen.  Die arbeiten überhaupt nicht, haben auch vorher nicht gearbeitet, und bekommen als Pensionäre im Schnitt 50% mehr Geld als jeder Renter. Steuerfrei versteht sich.

Elias Hallmoser / 01.08.2024

Unter dem Motto »Arbeitsbeschaffung für all jene, die nicht arbeiten.« wird dann mal schnell über erwerbsfähige und arbeitlose Bürger [Sozialhilfeempfänger/Bürgergeldempfänger) verfügt, so als ob sie rechtlose Sklaven wären und keine Bürgerrechte mehr hätten. Das hört sich ganz so wie »Reichsarbeitsdienst« an. Seit den 1950ern nimmt die Anzahl der selbständig bewirtschafteten Landwirschaftsbetriebe ab. Nicht wenige gaben/geben ihren Hof auf, weil Familienangehörige eigene Pläne für ihre Zukunft hatten/haben. Andere Betriebe wurden vergrössert, doch auch dort halfen/helfen Familienangehörige nicht mehr mit. Deshalb wurden/werden zunehmend Erntehelfer benötigt, die man immer schon lausig entlohnte. Da nun Erntehelfer immer nur saisonal gebraucht wurden/werden, müssen sie sich die übrige Zeit des Jahres anders über Wasser halten. Doch sie halten eben ihre Arbeitskraft nicht einfach umsonst für Betriebe bereit, die den Bedarf und den Einsatz von Erntehelfern eben früher planen müssten als sie es tun. Deshalb gibt es immer wieder mediales Geschrei über fehlende Erntehelfer (Spargel, Erdbeeren ...). Man kann den Leuten, die den Arsch voll Geld haben und sich sehr teures Gemüse/Obst leisten können und wollen, dann nur mal anraten, sich doch selbst aufs Feld zu stellen. Vor allem Sozialhilfeempfänger (Bürgergeld) und Niedriglöhner aber auch Durchschnittsverdiener konnten/können sich nämlich all die köstlichen Früchte (Erdbeeren, Heidelbeeren ...) und Gemüse (Spargel ...) gar nicht leisten.

Gerard Doering / 01.08.2024

Und wie fleißig sie in ihren Herkunftsländern arbeiten können, wenn Arbeit da ist. Im Akkord sieht man sie ernten,flink wie die Wiesel. Ob Obst Ernte, Gemüse Abbau oder Krabbenpulen, es sind meist die Frauen die flink wie die Wiesel arbeiten. Nur leider kommen zu uns halt nur die Männer. Jeder ist ein kleiner Pascha und in Gruppen fühlen sie sich stark und legen sich lieber mit Christen an. Nein solche Erntehelfer Allahs wollten wir nie haben.

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