Etliche deutsche Politiker aller Geschlechter finden es gerade jetzt wichtig, festzuschreiben, dass eine Frau nächste Bundespräsidentin werden muss. Das wird gute Frauen nicht anlocken, aber nach Steinmeier kann es ja nicht schlimmer kommen, oder?
Und schon wird die Trommel gerührt: Alexander Schweitzer, der SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, ist ganz sicher, dass Deutschland eine Bundespräsidentin braucht: „Weil es an der Zeit ist und die Gesellschaft nach vorn bringen kann.“ Und weil es irgendwie ein Signal an die Frauen sei. Lasset also die Signalhörner erklingen!
Auch Paus bläst mit: „Eine Frau an der Spitze unseres Landes wäre mehr als 75 Jahre nach seiner Gründung ein starkes Signal für die Gleichberechtigung und den Fortschritt in unserer Gesellschaft.“ Endlich Gleichberechtigung, die hatten wir ja bislang noch nicht. Und vergessen wir nicht den Kampf gegen rechts! Linken-Parteichef Jan van Aken: „Gerade in Zeiten des rechten Kulturkampfes, der Frauen wieder zurück an den Herd schicken will, braucht es eine starke Frau, die ein klares Zeichen setzt und die Sorgen der Menschen ernst nimmt.“
Starke Frauen, also welche, die als Kind Indianerhäuptling gespielt haben? Ups! Das geht natürlich gar nicht, es wäre kulturelle Aneignung.
Nein, jetzt bitte nicht lachen. Wir haben gesehen, wie weit es uns bringt, wenn das Geschlecht darüber bestimmt, wer Verteidigungs- oder Außenminister wird. Selten so viel Chaos erlebt wie in der geschlechtergerechten Ampelregierung.
Doch wer milde gestimmt ist, mag jetzt einwenden, dass es völlig egal ist, wer Bundespräsident von Schland ist. Ob Grüßaugust oder -augustine: Außer gesalbtem Geschwurbel hat das Staatsoberhaupt nichts zu sagen. Und was oder wen es repräsentiert, liegt im Dunkel. Aber was spielt das schon für eine Rolle, wenn es doch nur um ein Signal geht?
Früher gab’s auch beeindruckende Bundespräsidenten
Denken wir uns Steinmeier mal weg: Wir hatten ein paar sehr beeindruckende Bundespräsidenten. Mein Favorit ist und bleibt Roman Herzog, der mit dem „Ruck“, von 1994 bis 1999 der siebte Bundespräsident der Bundesrepublik, er war klug und hatte Humor. Gleich danach kommt bei mir Horst Köhler: 2004 bis 2010 neunter Bundespräsident, der zurücktrat, weil er einen Shitstorm erntete für etwas eigentlich Selbstverständliches, das in Deutschland niemand hören wollte: „Im Zweifel, im Notfall ist auch militärischer Einsatz notwendig, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege.“
Schweigen wir jedoch von allen, die danach kamen. Insofern: warum nicht eine Bundespräsidentin, als Zeichen oder Signal oder sonst was? Schlimmer kann‘s nicht werden. Besser allerdings womöglich auch nicht. Das Problem: Kluge Frauen streben zumeist weder nach dem vielgepriesenen Aufsichtsratsposten noch nach einer Rolle in der Politik, und wenn, dann ziehen sie sich aus guten Gründen wieder zurück, wie Joana Cotar. Kristina Schröder wurde als Familienministerin angegriffen, weil sie den Kampf gegen Linksextremismus wichtiger fand als den gegen Rechtsextremismus und trat zur Bundestagswahl 2017 nicht mehr an. Man muss das Intrigantenstadel schon aushalten. Das mögen Frauen mit Stil und Intelligenz eher weniger.
Und davon haben wir ja wirklich einige.
Wählen wir Monika Maron! Na ja, wollen wir etwa, dass sie keinen ihrer großartigen Romane mehr schreibt und stattdessen auf Empfängen herumstehen muss? „Nicht ums Verrecken“, darf ich sie zitieren. Nun, dann eben Birgit Kelle. Die hat vernünftige Gedanken und kann sie auch noch ausdrücken. Und Stehvermögen hat sie ebenfalls. Doch das könnte schon wieder zu viel sein für den Posten. Gleiches gilt für Ulrike Guerot oder Monika Gruber. Gloria von Thurn und Taxis? Eine Frau mit Vernunft und Witz, die den Vorzug hätte, dass sie ein wenig Adel mit ins Amt brächte. Unterm Kaiser ging‘s uns doch noch Gold!
Die beste Lösung?
Doch wer soll eine von diesen Frauen wählen? Der Bundespräsident wird ja nicht vom Volk gekürt, sondern von einer nur zu diesem Zweck einberufenen Bundesversammlung, die aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Personen besteht, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden. Mit anderen Worten: ein abgekartetes Spiel. Wer will da stören?
Nun: 2017 nominierten die Grünen in Niedersachsen die Drag Queen Olivia Jones, die es als Ehrensache ansah, dort auch im Fummel aufzutreten. Und: Trommelwirbel! Sie würde das Amt auch selbst übernehmen. „Ich wäre gerne Bundespräsidentin“, sagte sie der Saarbrücker Zeitung. „Das Amt würde wunderbar zu mir passen. Ich reise gerne, und habe als St. Pauli-Wirtin und Fremdenführerin viel Erfahrung darin, zu repräsentieren und Menschen aus aller Welt zu empfangen. Mit mir würde es nicht langweilig werden.“
Ich glaube langsam, das wäre wirklich die allerbeste Lösung.
Dr. Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.