Cora Stephan / 15.02.2024 / 06:05 / Foto: Theresia Flock / 65 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Die Heuchler von Ulm

Eine Stadt die in der Coronazeit durch besonders rigide Freiheitseinschränkungen von sich reden machte, setzt sich plötzlich für „Vielfalt und Demokratie“ ein. Ulm ist ein prima Beispiel für den moralischen Absturz deutscher Würdenträger.

„Wir werden einander viel verzeihen müssen“, sagte Jens Spahn einst, auf dem Höhepunkt der Panikpandemie deutscher Gesundheitsminister. Wie soll das gehen? Fast alles, was während der Panikkampagne angeordnet, verhindert, niedergeschlagen wurde, ist unverzeihlich.

Mithilfe der Angstmache mit der Erzählung von einem angeblich massenwirksamen und tödlichen Virus wurde eine Bresche in all das geschlagen, was Bürger vor staatlicher Willkür schützen soll: in die Grundrechte. Und die besagen, dass die Freiheit eines jeden unverletzlich ist, dass es ein Recht auf körperliche Unversehrtheit gibt, dass Freizügigkeit gilt und die Freiheit, sich mit anderen zu versammeln. Und schließlich sei die Würde des Menschen unantastbar.

Wer während der großen Panikpandemie nicht zu seinen sterbenden Angehörigen durfte, wird an dieser Stelle in Tränen ausbrechen oder bitter lachen. Das Tragen insbesondere der FFP2-Masken über einen längeren Zeitraum hinweg wird selbst denen nicht angeraten, die sie aus beruflichen Gründen tragen, weil sie mit Glasfasern oder Ölnebel zu tun haben. Nun aber mussten auch alle anderen eine tragen, obwohl die hässlichen Dinger erwiesenermaßen kein Virus abhalten. Körperliche Unversehrtheit? Plötzlich wurde man genötigt, sich einen ungetesteten Stoff spritzen zu lassen, der, wen wundert es, Nebenwirkungen hat und noch nicht einmal davor schützte, das Virus weiterzuverbreiten. Testpflicht aber gab es nur für Ungeimpfte, diese unsolidarischen Infektionstreiber und Covidioten, denen volle Härte angedroht wurde.

Auch, wer vertrieben wurde, weil er lesend auf einer Parkbank saß, dürfte das Gefühl haben, dass die Sache mit der Freiheit so ernst nicht gemeint sein kann. Von Versammlungsfreiheit konnte erst recht nicht die Rede sein. Man sollte zuhause bleiben, nur im engsten Familienkreis, erkrankte Kinder absondern, die, auch wenn sie gesund schienen, in Verdacht gerieten, eine Lebensgefahr für Oma und Opa zu sein. Gaststätten und Einzelhandel haben sich noch heute nicht von den damaligen Kontaktsperren erholt. Und vor allem hatte der misstrauische Bürger wenig Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten zusammenzurotten, etwa, um die große Erzählung zu zerpflücken oder gar Widerstand zu planen. Man musste die Nachbarn fürchten, die zum Melden aufgefordert waren.

„Aktiv für die Verteidigung der Grundrechte“

Nein, das alles kann man gar nicht verzeihen, zumal bereits jetzt wieder zu spüren ist, wie Politiker und Regierende auf den nächsten Ausnahmezustand spekulieren, um das Volk handzahm zu machen. Es ist verdammt finster geworden in Deutschland, in dem man einst „gut und gerne“ lebte.

Richten wir den Blick mit Norbert Haering auf die Stadt Ulm. Dort erließ man im Winter 2021/22 eine FFP2-Maskenpflicht für die gesamte Innenstadt. Unmaskierten drohte man zur Durchsetzung „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch“ an. Nachdem Norbert Haering das öffentlich gemacht hatte, erklärten Stadt und Polizei handzahm: „Der Einsatz der Schusswaffe zur Durchsetzung einer Maskenpflicht ist ausgeschlossen.“ Nanu! Wir hätten es ihnen glatt zugetraut.

Nun aber ist das Ulmer Polit-Establishment geläutert und hat ein Bündnis „Gemeinsam für Vielfalt und Demokratie“ gegründet, das ist ja gerade Mode. Die prominenten Erstunterzeichner, darunter viele Politiker, wollen „aktiv für die Verteidigung der Grundrechte“ eintreten. Na, endlich! Oder bloße Heuchelei?

Denn schon der erste Satz in der Petition unterstreicht, wohin die Reise geht: Man zeigt sich „schockiert von Meldungen über geplante Massendeportationen aus Deutschland“. Nein, damit ist nicht Olaf Scholzens Forderung nach „Deportation“ gemeint, sondern das, was man sich aus der Kolportage über ein angebliches Geheimtreffen in Potsdam zurechtgebogen hat, eine Story, die sich im Übrigen längst als Ente herausgestellt hat.

Aber macht ja nichts, gegen die AfD könne man mit Fakten eh nichts ausrichten, ließ sich kürzlich der „Volksverpetzer“ in der taz hören. Und die taz bewarb den Text mit: „Schluss mit Faktenchecks, die Wahrheit hilft rein gar nichts gegen die AfD.“ Insofern: Freiheit für die Lüge!

Der Bürger lässt sich ungern verarschen

So macht man es auch in Ulm, für „Vielfalt und Demokratie“ eben, und beruft sich dabei – auf Sophie Scholl, die für die Freiheit in den Tod ging. Schließlich gehe es um Widerstand gegen die „Feinde der Demokratie“! Kleiner hat man’s in Ulm nicht.

Die Geschwister Scholl forderten auf einem Flugblatt: „Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europas.“ Die Ulmer schrieben das ab, unterschlugen dabei aber ein „s" und ein „a“. Aus „Gewaltstaaten“ wurde „Gewalttaten“.

Absicht? Versehen? Oder hat man es passend gemacht – „damit Wahlen wie die Europawahl im Juni 2024 (…) nicht zu Protestwahlen werden“ und die Wähler wissen: Der Kampf gegen „Rechts“ hat oberste Priorität? Das Echo auf die Petition ist bislang bescheiden. Der Bürger lässt sich ungern verarschen. Wir lernen: Der politmedialen Blase geht der Arsch auf Grundeis. Gut so.

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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Foto: Theresia Flock via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Fred Burig / 15.02.2024

@Jörg Müller :”...Welchen Sinn macht Demokratie für solche Leute? Diese Menschen sind gefährlich.” .... und sie leben auch noch unter uns ... MfG

Jörg Müller / 15.02.2024

@ G. Kramler “Die Götter in Bunt erschaffen mit ihren Worten ihre Welt.” - Das ist wahr. Durch Vergewaltigung der Sprache. Beispielsweise werden neutrale Worte wie “Vielfalt” oder “Toleranz” durch mir unverständliche suggestive Beeinflussung zu Werten erhoben. “Vielfalt” kann positiv oder negativ sein.  Eine Vielfalt an Parallelgesellschaft in einem Staat ist beispielsweise für Vernünftige kein Grund zu Freude. Auch “Toleranz” ist kein Wert an sich. Toleranz gegenüber (politischer) Gewalt ist Schwäche. Die negative Aufladung des politischen Begriffs “rechts” ist ein weiteres Beispiel. Der “Marsch durch die Definitionen”, auf diesem blog bereits thematisiert, ist das Mittel der Wahl zur Gehirnwäsche der unkritischen Masse. Was hier passiert, in diesem Land, ist ohne Übertreibung “psychologische Kriegsführung”.

Hermann Sattler / 15.02.2024

Stefan Lindner-Das ist die Krux! Noch nicht genug Reichweite (bisher ca, 40 Mio) und Abdeckung/ Erreichbarkeit der Menschen mit korrekten INFo s durch die Freien sozialen Medien. Die Abschmelzung der korrumpierten MSM durch massive Abo- und Zuschauer Verluste geht zwar schnell, teilweise Erdrutsch-artig, aber noch nicht schnell genug, Gerade der Pool der Nichtwähler ist eine wichtiger Ansatz. Dort konsumiert man noch immer unbedarft die MSM, Ziel muss es seine, im eigenen Umfeld, nachhaltig dort auf die Freien sozialen Medien immer wieder hinzuweisen. Handzettel, Internet Adressen, AFD-Programm ausdrucken verteilen. (Autos, Briefkasten, Verteiler-Zentren) Schon 5 % Reaktivierung wären ein Top Ergebnis. Jammern, schimpfen und berechtigt fluchen allein befreit-aber hilft nichts. WENIG aber zielgerichtet tun kann viel bewirken-NICHTS tun hilft indirekt dem politischen Gegner. Scheut auch nicht die persönliche verbale schwierige Konfrontation. Stete gute Argumente füllen den oberen Hohlraum und mancher Stachel sitzt ,wirkt und bringt späte Erkenntnis,

Isabella Martini / 15.02.2024

Mir würde es schon reichen, wenn endlich wieder das Grundgesetz gelebt würde.

G. Kramler / 15.02.2024

Die Götter in Bunt erschaffen mit ihren Worten ihre Welt. “Demokratie”, “Vielfalt”, “Toleranz”, alles bedeutet Unterwerfung unter das bunte Parteiprogramm.

Chris Kuhn / 15.02.2024

@A. Nölle: Ihr Hinweis auf den Mißbrauch der einschränkenden Gesetze für fast alle Grundrechte ist sehr am Platz. Zum Beispiel wurden Versammlungsverbote an und mit Corona gemäß Art 8 (2) GG damit begründet, daß so die Gesundheit von Mitbürgern geschützt werde.  Hier sind schon die Voraussetzungen falsch; denn es ist niemals ein Nachweis zu führen, daß Person A die Person B im öffentlichen Raum (oder sogar in geschlossenen Räumen) mit einer Grippe angesteckt hätte. Hier wird also ein Grundrecht aufgrund einer vagen Vermutung abgeschafft, was noch in der Panikmache vor “symptomlos Infizierten” gipfelte. Unabhängig davon stand es jedem frei, an einer solchen Kundgebung teilzunehmen oder nicht. Auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit nach GG Art. 2 (2) greift hier nicht; denn hiermit gemeint ist im wesentlichen der Gewaltschutz vor einem Unrechtsstaat und der Schutz durch die Polizei oder das Recht auf Notwehr gegenüber Gewalttätern. Nicht darin enthalten ist ein Grundrechtsanspruch auf Gesundheit. Von jenen Übergriffen und Gewaltakten abgesehen, wird die persönliche Gesundheit von einer Ursachendreiteilung zwischen Lebensführung, Vererbung und Zufall bestimmt. Im Unterschied zur US-Verfassung ist das Grundgesetz der BRD durchlöchert wie ein Emmentaler Käse, was eigentlich nur so zu verstehen ist, daß man den Deutschen bei der Abfassung unter alliierter Aufsicht damals nicht wirklich getraut hat. Das kann nur bedeuten, daß sich das Volk gemäß Art 146 GG eine neue und wirkliche Verfassung zu geben hätet. Das Grundgesetz der BRD ist nach Carlo Schmid am 8. Sep. 1948 “nichts anderes ... als die Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft”.

Thomin Weller / 15.02.2024

Das alles hat nichts mit links-rechts zu tun, dass ist nur der Frame. Eine Plandemie in diese Fassadendemokratie der Verfassungsfeinde und Faschisten wurde gesteigert. Ihre Freiheit stützt sich auf die Unterdrückung/Tötung der anderen, der Mehrheit. Das führt schon immer zum Krieg, dazu gezielt gewollt. Wie verblödet die aktuelle potemkinsche Gesellschaftzerrbild ist, wurde wunderbar bundesweit gezeigt. In Flensburg wurde ein hoher Schornstein bunt bemalt. Der Comiczeichner Kim Schmidt zeichnete links einen Schornstein in Regenbogenfarben, rechts stehen hundere Menschen Schlange an der Tafel, die Überschrift “Wir wollen Benachteiligung in der Gesellschaft sichtbar machen.” veröffentlicht im Flensburger Tageblatt. Es gab ein bundesweiten Shitstorm und Kim Schmidt hat sich entschuldigen müssen. Wo ist der Unterschied zu Mohamed Karikaturen und der Scharia? Der Klerofaschismus, noch ohne Einsatz eines Maschinengewehr, ist vollens da. “Wer meine Gefühle verletzt, dem poliere ich die Fresse” von Tilly ist leider auch real geworden. Ab dem 40. Lebensjahr ist der Mensch für diesen MEFO Hyperkapitalismus fast wert-/nutzlos und kostet Geld. Dieser Hyperkapitalismus braucht einzig verblödete Konsumenten zwischen 10 und ~30 Lebensjahren.  “Du machst kein Sinn, nur Geld”

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