Die Renovierung alter Häuser ist nicht nur teuer, sondern auch ein sehr unsicheres Feld. Denn wer weiß schon, an welche absurden Richtlinien man sich in Zukunft halten muss?
Ich mag Häuser mit Geschichte. Als Jugendliche gehörte ich zu den Schülern, die für die Rettung der Osnabrücker Altstadt eintraten, die von den Stadtvätern niedergelegt werden sollte, weil man glaubte, eine autogerechte Stadt haben zu müssen. Häuser, ganz nebenbei, in denen ein Teil der Gesandten wohnten, die den Westfälischen Frieden verhandelten, der 1648 beschlossen wurde. Also Geschichte! Und auf die wollte man in Osnabrück verzichten, der „Friedensstadt“?
Während des Studiums wohnte ich zuerst in Hamburg, später in Frankfurt in zum Abriss bestimmten Häusern. Wir Studenten waren geeignetes Material, die Häuser billig zu be- oder entwohnen, bevor die Abrissbirne tätig wurde. So kam wenigstens noch ein wenig Geld in die Schatulle der Eigentümer.
Die für den Abriss bestimmten prächtigen Westendvillen in Frankfurt am Main wurden in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewiss auch deshalb verteidigt, weil sie Studenten, Chaoten und Rebellen halbwegs kostengünstigen (oder kostenlosen, im Fall der Besetzung) Raum boten. Verteidigungswürdig waren sie aber vor allem, dank einer verdienstvollen Bürgerinitiative, weil die Villen Frankfurter Stadtgeschichte verkörperten: Das großbürgerliche und jüdische Leben in der Stadt.
Verbindung mit der Vergangenheit
Der Zerstörung durch den zweiten Weltkrieg folgte die „fortschrittliche“ Zerstörung deutscher Städte, nicht gerade selten unter der Ägide der SPD. Dass ausgerechnet unter CDU-Bürgermeister Walter Wallmann mit dem Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt am Dom begonnen wurde, traf dort auf Naserümpfen: „Disneyland“ sei das. Unterstellt wird, dass sich Touristen deshalb dort so gern aufhalten – weil es „unecht“ sei. Ist Warschau auch unecht, weil die Polen es nach seiner Zerstörung durch die Wehrmacht wieder aufgebaut haben?
Mein Gefährte und ich haben zwei alte Häuser renoviert, ein winziges Fachwerkhaus in Oberhessen und ein aus vier Teilen zusammengesetztes Steinhaus im Ardéche, in Frankreich, in dem noch etwas aus einem alten Kastell aus dem 12. Jahrhundert schlummert. In dem einen zieht es, in das andere regnet es schon mal rein. Aber beide Häuser leben und verbinden mit der Vergangenheit. Wofür das gut ist? Genau: dafür.
Doch die Deutschen, jedenfalls einige ihrer Politiker, haben es ja nicht so mit Tradition oder Heimat oder Kulturlandschaft. Sie stellen noch ihre schönsten Landschaften mit Windmühlen und Solarwiesen zu und empfehlen eine sogenannte „Wärmepumpe“ zum Heizen, die nur funktioniert, wenn das zu heizende Haus bis auf Sehschlitze zugedämmt ist. Das freut den Schimmel und den Specht. Und was, wenn Regen die Dämmung durchnässt? Dann bilden sich Kältebrücken, die die Wärme von innen nach außen leiten. Unterm Strich macht Dämmen teurer, nicht günstiger.
Mit der Ampel gibt es keine Planungssicherheit
Mal abgesehen davon, was das Dämmen für die wenigen noch halbwegs intakten mittelalterlichen Städte in Deutschland bedeuten würde. In Frankreich macht sich bereits bemerkbar, was die Alternative zu den beeindruckenden alten Steinhäusern ist, die zwar nicht sonderlich gut zu heizen sind, aber im Sommer schön kühl bleiben: identische Energiesparkisten auf der grünen Wiese. Denn wer weiß, was sich „die da oben“ demnächst noch einfallen lassen, weil sie glauben, mit unsinnigen Maßnahmen das Klima retten zu können – was menschliche Hybris par excellence ist, womit aber mittlerweile jeder Irrsinn begründet wird.
Immerhin verlangt die soeben vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten verabschiedete Gebäuderichtlinie nicht mehr die Zwangssanierung von älteren Wohngebäuden, allerdings dürfen die Mitgliedstaaten selbst festlegen, wie sie die vereinbarten „Energieziele“ erreichen wollen. Bundesbauministerin Klara Geywitz hat zwar bereits 2023 versichert, man „orientiere sich an der Realität und überfordere weder die Familie im Einfamilienhaus noch den Bäckermeister mit kleinem Verkaufsraum.“
Doch wer will sich auf solche Versprechen noch verlassen? Mit der Ampelregierung, das hat schon Robert Habecks wirres „Heizungsgesetz“ gezeigt, gibt es keine Planungssicherheit. Das gilt nicht nur für Neubauten. Es gilt auch für das überkommene Gesicht von Dörfern und Städten. Wer will sich noch auf die liebevolle Renovierung eines alten Kastens einlassen, wenn demnächst das „Klima“ wieder ganz anders geschützt werden soll? Schneller ginge das Ganze, wenn man Deutschland mit der Abrissbirne „sanieren“ würde. So bleibt es bei der Agonie.
Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.
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Beitragsbild: Elkawe via Wikimedia

Privathäuser sind generell klimaschädlich, genauso wie Privatfahrzeuge. Also, Bahnfahren und Wohnraumzuteilung. Das ist die Klimarettung durch unseren Staat.