Cora Stephan / 10.10.2024 / 14:00 / Foto: Raimond Spekking / 12 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Besondere Verantwortung? Verschont mich!

Von regierungsamtlichen frommen Worten aus Deutschland hat Israel gar nichts – vielleicht nervt es auch, zumal es so wenig glaubhaft ist. Seit dem 7. Oktober 2023 flossen 290 Millionen Euro in Palästinensergebiete.

Ich kann das schon lange nicht mehr hören, aber neuerdings tut es besonders weh: wenn Politiker mit gesenkter Stimme von der besonderen Verantwortung für Israel schwadronieren, wie jüngst wieder Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer anlässlich des Jahrestags des Massaker der Hammas an Israelis. Na klar: „Der Schutz Israels und der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Staatsräson.“ In voller Solidarität. Weil wegen. Wir wissen schon.

Dahinter steht ein Missverständnis. Der Holocaust ist nicht der Grund für Israel. Den Zionismus gab es bereits vorher. Und man muss auch kein „Freund des Staates Israel“ sein. Noch nicht mal auf Facebook bin ich mit Staaten befreundet. Außerdem muss man dem Volk in Israel keine Nachhilfe geben, was Kritik betrifft, Selbstkritik und Nörgeln an der eigenen Regierung ist da Volkssport. Dafür mag ich sie übrigens, die Israelis.

Von regierungsamtlichen frommen Worten aus Deutschland hat Israel gar nichts – und ich fürchte, den meisten Israelis geht die deutsche Betroffenheit am Sonstwas vorbei, vielleicht nervt es auch, zumal es so wenig glaubhaft ist. 

Israel geht es nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart, die das winzige Land zur Zeit dazu zwingt, einen Mehrfrontenkrieg zu führen. Von Deutschlands Verantwortung oder gar Staatsräson ist da wenig zu spüren, im Gegenteil. Bei israelfeindlichen Resolutionen der Vereinten Nationen enthält Deutschland sich der Stimme. Warum? 

Das alles ist peinlich genug

Der Bundesregierung ist humanitäre Hilfe für den Gazastreifen wichtig, seit dem 7. Oktober 2023 flossen 290 Millionen Euro in Palästinensergebiete – interessante Prioritätensetzung. Im Übrigen pflegt unsere Regierung die feste Überzeugung: „Terror kann nicht allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden.“ 

Aha. Deshalb wohl verweigert sich das Auswärtige Amt weiteren Waffenexporten nach Israel? Unsere Oberdiplomatin Annalena Baerbock belehrt die Israelische Regierung, die Ermordung des Hisbollah-Terroristen Nasrallah sei „in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels.“ Mal abgesehen davon, dass „kein“ nicht steigerungsfähig ist: woher will sie das wissen? Von den Israelfeinden, mit denen sie Mitte September privat diniert hat und deren Namen sie nicht verraten will?

Das alles ist peinlich genug. Von „besonderer Verantwortung“ keine Spur. Es hilft auch nicht der deutschen Glaubwürdigkeit, wenn sich propalästinensische Israelhasser auf Berlins Straßen austoben. Wir brauchen keine verlogene Behauptung historischer Verantwortung, es gibt viel, was uns weit enger an Israel bindet als die Vergangenheit. 

Israel ist der Westen im Nahen Osten. Ein modernes Land, kreativ, technologisch weit fortgeschritten, offen und frei. (Ganz nebenbei: Tel Aviv ist die schwulenfreundlichste Stadt der Welt.) Unter israelischer Ägide wäre der Gazastreifen längst ein nachgesuchtes Ferienparadies – aber die Hamas hat ja die aus „humanitären“ Gründen gestifteten Millionen lieber in Waffen und Tunnels gesteckt. Und was hätten die arabischen Nachbarn für Vorteile von einer Kooperation mit dem Land der Erfinder!

Doch schon die Briten fanden die Zionisten, die nach Palästina einwanderten, weit weniger flamboyant als die Araber und Beduinen. In der deutschen Linken war das ähnlich: die Juden gehörten zu den weißen Unterdrückern, zu den Kapitalisten, die „Palästinenser“ hingegen waren das bunte Volk, dessen Befreiungsbewegung man unterstützte. Wieviel Selbsthass wohl hinter solchen Affiliationen steckt?

Kurz: wenn keine handfest praktische Solidarität mit Israel zu erkennen ist, sollte von der „besonderen Verantwortung“ bitte nicht mehr die Rede sein. Sie ist nichts wert.

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

Foto: Raimond Spekking CC-BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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S. Marek / 10.10.2024

— Brigitte Gabriel - Brigittes Familie stammt aus dem Libanon. Der Libanon ist ein sehr interessantes kleines Land. Es ist sogar kleiner als Israel und wird seit vielen Jahrzehnten von einem Bürgerkrieg zwischen Arabern heimgesucht. Wie Millionen anderer Menschen ist auch sie mittendrin stecken geblieben. Ihre Familie hat, wie so viele andere libanesische Christen, nur eine Hoffnung auf eine friedliche Zukunft - Israel.                          Die große Lüge von Israels so genannter Besatzung der so genannten „Palästinenser“ braucht in der Regel mehr als ein paar O-Töne in einer Talkshow, um zu überzeugen. Aber Brigitte Gabriel läßt sich von niemandem beirren, der Israel beschuldigt, Araber zu mißhandeln. Sie weiß besser als jeder andere, daß Israel die einzig wahre Kraft des Guten, der Wahrheit und des Lichts in einem Meer von Lügen und radikalem arabischen Terror ist. Sie weiß das, weil ihre Familie dank des Staates Israel am Leben ist. —->  To those who continue to blame Israel for the “occupation” in Gaza, the “Palestinian” people have brought this on themselves over and over again!  ( pic-Punkt-twitter-Punkt-com-Schreger-CIWbR4Rqkx )

gerhard giesemann / 10.10.2024

Das sind alles Bestechungsgelder, für den riesigen islamischen Markt, voller Rohstoffe zum Bezahlen unserer Produkte - ideal für ein rohstoffarmes Exportland. Aber klar ist auch: Die anderen sehen das auch, also die Konkurrenz schläft nicht. China? Ist im Gegensatz dazu ein echter Konkurrent um Rohstoffe und Exporte, ein harter Brocken.

Ralf Pöhling / 10.10.2024

Das Problem könnte man in Nullkommanix abstellen. Aber man lässt uns nicht. Man sperrt die in Deutschland viel gesuchten Fachleute wie mich unter einem dusseligen Vorwand in “Schutzhaft” in die eigene Wohnung ein anstatt sie zu bewaffnen und, wie ursprünglich mal 2018 im deutschen Sicherheitsapparat anvisiert, strategisch überall zu platzieren. Und woran liegt das? Am falschen Einfluss durch ausländische Kräfte, die hier in Europa nicht ihre Deutungshoheit verlieren wollen und an einem verweichlichten politischen Filz, dem es nur ums Geld geht und nicht ums eigene Territorium. Europa gehört den Europäern! Es gehört nicht den Amerikanern, nicht den Russen und auch nicht den Muslimbrüdern in Ankara und ihrer Hamas-Killertruppe in Gaza. Die NATO ist nicht die Lösung des Problems, die NATO selbst ist das Problems. Die NATO bricht ihr Schutzversprechen gegenüber Europa seit 2015 eklatant. Die Russen sind auch keine Hilfe, die ringen lieber mit den Amerikanern darüber, wer hier in Europa das letzte Wort hat. Wer bleibt dabei auf der Strecke? Wir Europäer. Wir brauchen endlich eine gemeinsame europäische Verteidigung und einen echten europäischen Grenzschutz, der diese Bezeichnung auch verdient. Das Potential ist da. Das Personal auch. Aber überall wird gebremst. Das Problem wäre längst abgestellt, würden hier nicht andauernd Creti und Pleti vom jeweils anderen Ende der Welt immer in Europa herumfummeln und hier das Immunsystem sabotieren. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass das kein Versehen und keine Unfähigkeit ist. Das ist Absicht. Unser wichtigster strategischer Partner ist derzeit Israel. Niemand anderes. Die Israelis wissen genau, wie man mit dem Problem umgeht. Wir eigentlich auch. Aber man lässt uns nicht. Die Schuld für das, was hier derzeit auf den Straßen passiert, liegt in Washington, Moskau und im verfilzten Brüssel. Zu viele Köche verderben eben den Brei. Insbesondere dann, wenn sie andauernd mutwillig ignorieren, was die Kundschaft bestellt hat.

Zdenek Wagner / 10.10.2024

” Wieviel Selbsthass wohl hinter solchen Affiliationen steckt?” Und wie viel DUMMHEIT erst!!!

Gert Lange / 10.10.2024

“Kurz: wenn keine handfest praktische Solidarität mit Israel zu erkennen ist, sollte von der „besonderen Verantwortung“ bitte nicht mehr die Rede sein. Sie ist nichts wert.”        Doch sie ist viel wert, damit wird der Wähler hinter die Fichte geführt. +A sagen aber -A tun, so geht Politik, oder?

Josef Gärtner / 10.10.2024

Früher hieß es, Deutschland müsse am Hindukusch verteidigt werden. Heute würde ich es so formulieren: Die westlichen Werte und unsere Art zu leben müssen am Jordan verteidigt werden! Israel steht an vorderster Front, von fanatischen, irrationalen Feinden umzingelt, die alle seine Vernichtung im Sinn haben. Erinnert mich irgendwie an den Überlebenskampf von Preußen unter Friedrich des Großen im Siebenjährigen Krieg. Die Großmächte bekämpften ihn von allen Seiten. Aber er hat es hingekriegt! Und ich wünsche Israel das selbe Geschick, den eisernen Durchhaltewillen und auch die dabei notwendige militärische Stärke um zu bestehen. Möge es seine Feinde zerschmettern! Sie haben es verdient!

ben wetter / 10.10.2024

Völlige Zustimmung, für diesen ganzen politischen Heuchler kann man sich als Bürger nur in Grund und Boden schämen. Keiner dieser verantwortlichen Gestalten in Berlin vertritt meine Interessen, weder im In-, noch im Ausland.

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