Cora Stephan / 19.09.2024 / 12:00 / Foto: Tim Maxeiner / 20 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Deutsche Schlüsselerlebnisse

Es gibt Ereignisse, bei denen das Leben die Richtung ändert. Eine Reihe von Beispielen mitten aus dem deutschen Leben.

Etwa das der 17-Jährigen, die im Sommer 1968 in Prag auf der Karlsbrücke steht, gemeinsam mit anderen euphorischen Jugendlichen aus aller Welt. Sie alle glaubten daran, dass ein „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ möglich sei, ein reformierter, demokratischer Sozialismus mit uneingeschränkter Meinungsfreiheit. Alexander Dubček war der Held des Sommers. 

Der Einmarsch sowjetischer Truppen in der Nacht zum 21. August zerstörte den Traum und beseitigte auch den letzte Rest von Sympathie für die Sowjetunion oder die DDR, die jener 17-Jährige noch haben mochte. 

Der Mord an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer 1977 dürfte nicht wenige davon abgehalten haben, das Terrorkommando der RAF immer noch zu verteidigen. Mit dem Ende der DDR wurde im Übrigen bekannt, dass die SED nicht nur bei der Friedensbewegung, sondern auch bei den Terroristen mitspielte. Umso pikanter, dass viele damals, auch in der SPD, eine Wiedervereinigung ablehnten. Man wollte lieber die DDR als das „bessere Deutschland“ behalten. Noch heute ist viel DDR in der Bundesrepublik. Wer weiß, wie viele Einflussagenten die DDR einst eingeschleust hatte, die bis heute unentdeckt geblieben sind. Bei Frau Esken denkt manch einer gewiss an Erich Honecker. Oder etwa an Walter Ulbricht?

Totalitäre „Tina“

Wie man seine Reputation erst riskiert und dann verliert, lehrte die Regierungszeit von Angela Merkel. 1991 angetreten als „das Mädchen“, dem als Frauenministerin jede Neigung zu feministischem Gedöns abging, endete sie als totalitäre „Tina“, There is no alternative. Sie, die angeblich so Freiheitsliebende, urteilte 2010 über ein Buch, das sie gar nicht gelesen hatte, es sei „äußerst verletzend“ und „überhaupt nicht hilfreich“. Als ob Bücher „hilfreich“ sein müssen. 

Eine demokratisch untadelig verlaufene Wahl, durch die der FDP-Mann Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde, tadelte sie aus Südafrika als „unverzeihlich“, das Ergebnis müsse „rückgängig gemacht werden“. Und so geschah es. 

Das Leben aller Deutschen aber hat sie verändert, als sie im August 2015 die Grenzen nicht schließen ließ und eine Willkommenskultur für alle Herbeiströmenden dekretierte. Bevor sie Kanzlerin wurde, hatte sie verkündet, dass Multikulti nicht funktioniere und die Leitkultur deutsch sei. Damit war und ist es vorbei. Die Folgen sind dramatisch, ein Ende ist nicht in Sicht. Der Staat sorgt nicht mehr für Sicherheit in der Öffentlichkeit. 

Damit begann eine fundamentale Vertrauenskrise. Nur eines von vielen Beispielen: Die Unternehmerin Gabriele Korn, 54, Hanau, bis dahin mäßig politisch interessiert, war im März 2011 irritiert, als Angela Merkel eine Havarie des japanischen Atomkraftwerks Fukushima aufgrund eines Tsunamis zum Anlass nahm, den deutschen Ausstieg aus der Kernkraft vorzuziehen. Vor allem aber sieht Korn das Jahr 2015 als Beginn ihrer „Politisierung“. Viele ihrer Angestellten sind keine „Biodeutschen“, doch mit allen ist sie sich einig, dass der beständige Zustrom junger Männer einer fremden Kultur das Zusammenleben in Deutschland zerstört. Insbesondere türkische Mitarbeiter haben Angst, „mit denen“ in einen Topf geworfen zu werden. Von einigen weiß sie, dass sie AfD wählen. Sie selbst tut das auch. 

Entweder lebensfeindlich oder nutzlos

Und dann ist da Waltraud Krämer. Lange Jahre hat sie mit ihrem Mann einen Supermarkt geleitet. Für sie ist die im März 2020 ausgerufene „Covid-19-Pandemie“ das Schlüsselereignis in ihrem Leben. Angstmache, Kontaktreduzierung, Abstandpflicht, Sperrstunde, andauerndes Testen und Desinfizieren, Impfdruck, Maskenpflicht sogar für Kinder: alles Maßnahmen, die entweder lebensfeindlich oder nutzlos waren. Die Bundesregierung hat acht Dosen eines ungetesteten Impfstoffs je Bürger gekauft und eine unfassbare Menge von Masken, die nun vernichtet werden müssen. Gewonnen hat die Pharmaindustrie. Seit die Protokolle des angeblich unabhängigen Robert-Koch-Instituts ungeschwärzt vorliegen, ist bekannt, dass nicht „die Wissenschaft“, sondern die Politik die „Maßnahmen“ bestimmte.

Das gezielte Erzeugen von Panik erschüttert Waltraud Krämer noch heute. Vor dem WHO-Pandemievertrag fürchtet sie sich, ihrer Kinder wegen. Seit Monaten ist sie unermüdlich unterwegs, beim „Bürgergipfel“ in Stuttgart, bei der Jubiläumsveranstaltung von Tichys Einblick in Halle, bei Veranstaltungen mit Stefan Homburg oder Gunter Frank. Von Angela Merkel hält sie nichts, von der Ampelregierung erst recht nicht.

Ich weiß nicht, was sie wählt. Ich ahne aber, was sie nicht wählt. 

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Karsten Dörre / 19.09.2024

Zigmillionen Deutsche werden die nächsten hundert Jahre keine Schlüsselerlebnisse haben. Stattdessen haben sie Angst vor russischen Atomraketen, wenn man die Russen nicht militärisch gewähren lässt.

Jörg Themlitz / 19.09.2024

@Fred Meyer: Ja es geht schon eigenartig zu. ´Alle die bei der SS waren, eine SS Uniform trugen, waren Verbrecher.`, So auch der Siebzehnjährige der in den letzten II. Weltkriegswochen seiner Mutter entrissen wurden und nur die Entscheidung hatte, Uniform an oder standrechtlich erschossen zu werden. Der ohne jeglichen Einsatz von den Amerikanern überrollt und im Konzentrationslager Dachau von US Verhörspezialisten bestialisch gefoltert wurde, war und bleibt ein Verbrecher. (Die Folterungen in Dachau hörten erst auf, als der US Kongreß davon erfuhr.)  Und dann gibt es die Hanns Martin Schleyer Halle. Wenn man selbst ermordet wird, ist man automatisch wieder der Gute?

Hans-Joachim Gille / 19.09.2024

Wir haben uns von der SED unterwandern & die Bonner Republik von oben wegputschen lassen.

Lars Tragl / 19.09.2024

@Fred Meyer, haben sie noch Kontakt, zu ihren Freunden,die Schleyer ohne juristische Berechtigung hingerichtet haben? Wie gehts deren Nachfolgern,der SA-Antifa?

Franz Zotter / 19.09.2024

Meinen vorigen Kommentar habe ich falsch formuliert. Statt “korrekt formulierte Sätze bemerke” müsste es “korrekt formulierte politische Vorgänge” heißen, was ich gemeint habe.

Irene Luh / 19.09.2024

Eine Wahl ist geheim, sollte es. So steht es auf dem Blatt Papier, in Gedanken, in der Theorie. ++ Das schlimmste Schlüsselerlebnis ist jedoch dieses: bei Wahlen wird, spätestens seit 2015, BETROGEN. ++ Was nur noch zählt, ist ein dem kranken Regime genehmes Ergebnis. Stichwort: Briefwahl. Die hilft immer sehr. ++ Ansonsten, ein guter Artikel. ++ ABER: Merkel hat keinen Einfluß auf mein Leben. Da irrt die Autorin. Auch bin ich nicht überrascht. Ich habe da eine sehr bekannte Waffe: das NEIN! NEIN, ich gehorche diesen verkommenen Eseln und Idioten NICHT. Ich folge diesen echten Eseln NICHT. ++ Nicht alle sind auf die Linken, seien diese grün, rot, braun, hereingefallen. Nur haben all diese Menschen keine Stimme mehr in diesem Land. In diesem Land, wie auch in den USA, Brasilien und sehr vielen anderen EU-Ländern (Brandmauer und/oder Wahlbetrug). ++ Über diejenigen, denen dieses Land mal “gehört” hat, die heutzutagee in sehr vieler Art und Weise diskriminiert und verfolgt werden, und das weltweit, (seriöse Zahlen sprechen von 400 Millionen) spricht auch die Autorin nicht. Das sollte Ihr zu denken geben. Das ist verräterisch. Es erweitert den Horizont sehr und dient der echten Erkenntnis. ++ Denn, ohne echte Erkenntnis, keine echte Freiheit, keine echten Läsungen. ++ Die Blender und Anhänger der pol. Aufklärung haben bis heute, außer sich zu beschweren und nicht praktikable Lösungen anzubieten, also praktisch nicht umsetzbare “Lösungen”, nur heiße Luft ausgesondert.

Carlo Mayer / 19.09.2024

Für meinen Sohn war das Schlüsselerlebnis, als er als junger Chemiker zum ersten Mal auf seinen Gehaltszettel sah und begriff , dass er gerade noch die Hälfte von seinem Geld behalten durfte. Zudem bekam er ständig Knöllchen in HH, auch wenn er korrekt geparkt hatte. Irgendwas fiel den Autohassern immer ein. Er ist längst in der Schweiz. Mein Schlüsselerlebnis war der völlig losgelöste Habeck auf seiner ersten Dienstreise: „Ich bin hier in Doha, es ist unglaublich, hier stehen Wolkenkratzer in der Wüste, es gibt sehr viele reiche Leute. Es gibt auch deutsche Firmen“ Da wusste ich: Das wird nix, ihr Grünen seid unfassbar provinziell, unterkomplex und habt von nichts, von gar nichts auch nur einen Schimmer. qed

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