Nachdem aus der Europäischen Verfassung nichts geworden ist, weil Franzosen und Niederländer partout nicht dafür stimmen wollten (Deutsche und Briten hatte man vorsichtshalber erst gar nicht gefragt), soll nun ein Europäischer Vertrag an ihre Stelle treten. Im Grunde genommen handelt es sich dabei aber weiterhin um die Verfassung, der nur ein neuer Name gegeben wurde. Man kann sich höchstens darüber streiten, ob der “Vertrag” zu 90 Prozent mit der alten “Verfassung” übereinstimmt, wie es der irische Premierminister sagte, oder ob es nicht doch eher 98 Prozent Übereinstimmung sind, wovon der spanische Außenminister ausgeht.
Nun hatten alle britischen Parteien ihren Wählern vor der letzten Unterhauswahl versprochen, dass sie über die Einführung der europäischen Verfassung am Ende in einem Referendum abstimmen sollten. Mit dem Austausch der Bezeichnung scheint sich dies aber zumindest für die Regierung erledigt zu haben. Sie denkt gar nicht daran, das Volk zu fragen, es könnte ja dagegen sein.
Statt dessen soll nun nur noch das britische Parlament mit dem Vertragswerk befasst werden, wenn es aus seiner parlamentarischen Sommerpause nach Westminster zurückkehrt. Doch auch hier scheint man den Parlamentariern nicht über den Weg zu trauen, denn sonst würde man ihnen wohl zutrauen, den Text wenigstens vorher einmal lesen zu können. Aber daraus wird erst einmal nichts, denn bislang gibt es den EU-Vertrag nur in einer einzigen Sprache, nämlich auf Französisch.
Mit einer Übersetzung können die britischen Parlamentarier erst im nächsten Monat rechnen. Viel Zeit bleibt dann nicht mehr, um die 145 Seiten des Vertragstextes sowie 69 Seiten Zusatzprotokolle und weitere 63 Seiten mit Absichtserklärungen zu studieren, denn Premierminister Brown will schon auf dem nächsten EU-Gipfel im Oktober in Lissabon seine Unterschrift unter die Verfass…, ähm, den Vertrag setzen.
Bis dahin können die Abgeordneten es ja einmal mit einer automatischen Google-Übersetzung der französischen Version versuchen. Viel weniger als man bei bei solchen europäischen Vertragswerken auch in seiner jeweiligen Muttersprache nur versteht, werden die Parlamentarier da auch nicht begreifen. Insofern beste Voraussetzungen für eine informierte Debatte im Unterhaus über einen, wie uns die Regierung ohnehin versichert, vollkommen unwichtigen Vertrag. Das ist Demokratie.