Gunter Weißgerber / 21.01.2024 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 25 / Seite ausdrucken

Thüringer SPD: Kurswechsel mit zehn Jahren Verspätung?

Im Jahr 2014 wollte der Thüringer Sozialdemokrat Stefan Sandmann die Landes-SPD von ihrem Kurs in den Abgrund abbringen und er wurde ausgebremst. Jetzt entdecken die Verhinderer von damals in ihrer Verzweiflung seine Ideen neu. 

Der Focus titelt am 20. Januar 2024 „‘Nulltoleranz und strengere Asyl-Politik‘ – brisantes SPD-Dokument veröffentlicht“ und bezieht sich dabei auf ein Papier der „Seeheimer Thüringen“. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. 2014 bäumte sich der Ilmenauer Sozialdemokrat Stefan Sandmann im Landtagswahlkampf gegen die drohende Kopulation von SPD, SED-Nachfolgern und Grünen – euphemistisch von den rotblutigrotgrünen Aktivisten in diesen Parteien und den wohlmeinenden Medien „RRG“ genannt.

Landtagskandidat Stefan Sandmann warnte seine SPD vor diesem Gang in die dunkelrote Vergangenheit und wollte im Sommer 2014 die „Seeheimer Thüringen“ gründen, anknüpfend an die Tradition des „Seeheimer Kreises", als dieser noch ein Zusammenschluss konservativer Sozialdemokraten war. Das wollten ihm die Bundes-Seeheimer, allen voran das Thüringer Gewächs Carsten Schneider (heute Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland), nicht durchgehen lassen. Mit juristischen Schritten drohten die „richtigen" Seeheimer den Möchtegern-Seeheimern in Thüringen, um ihre Gründung zu verhindern.

Die Enttäuschung über die SPD und vor allem über die plötzlich blutigrotgrünen Seeheimer war für Stefan Sandmann schier grenzenlos. Gerade auf die Seeheimer setzte er größtes Vertrauen in die Ablehnung einer Koalition der ältesten demokratischen Partei mit der ältesten undemokratisch verwurzelten Partei Deutschlands.

Stefan Sandmann warnte unablässig vor den Gefahren für die SPD und damit für Deutschland. Er sah den endgültigen Durchmarsch grünwokelinker Transformationsgelüste kommen. Die Seeheimer in Berlin störte das nicht, im Gegenteil.

Hätten die Seeheimer mal besser auf ihren – seitdem ehemaligen – Fahrensmann Sandmann gehört. Deutschland, Thüringen und der SPD wäre viel erspart geblieben – sogar der neue Thüringer Riese AfD wäre heute noch ein Zwerg mit einem Höckchen obenauf. Denn auch vor dieser Entwicklung warnte Stefan Sandmann damals eindringlich. Wer mit Linksaußen gemeinsame Sache macht, damit die politische Statik der Bundesrepublik ins Wanken bringt, der befördert die Kräfte auf der Rechtsaußenseite. So kam es ja dann auch. Und heute wird gejammert.

Ein Buch zur fachlichen Hilfe

Geschichte wiederholt sich nicht. Wenn, dann kommt sie als Karikatur ihrer selbst zurück. So, wie in diesem spezialdemokratischen Thüringer Fall. 2014 bekämpften Thüringer Sozialdemokraten einen der ihren, der sie vor Unbill bewahren wollte, und zehn Jahre später sind es wiederum Thüringer Sozialdemokraten, die nun auf Sandmanns Pferd setzen.

Sandmann ist aber weg, und das Pferd ist ein toter Klepper. Es ist nämlich zu spät für das vermeintliche Aufbäumen der Mannen um Wolfgang Tiefensee herum, er wird im Focus explizit genannt, und es glaubt dieser Thüringer Sozialdemokratie ohnehin niemand mehr. So wie auch bundesweit nur noch 13 Prozent der Wähler hoffen, dass Sozialdemokratie und Kampf für den Standort Deutschland noch ein- und dieselbe Sache seien.

Was fordern nun diese Seeheimer Würstchen aus Thüringen jetzt? Im Focus heißt es: 

„Die Gesellschaft sei ‚offenbar gefühlt oder tatsächlich mit der Anzahl von Migrantinnen und Migranten überfordert‘, heißt es in dem 31-seitigen Dokument. ‚Die Begrenzung und Steuerung der Migration durchzusetzen‘ zählt zu den zentralen Zielen der ‚Seeheimer Thüringen‘. Die Akzeptanz der Migrationspolitik, heißt es, ‚schwindet in atemberaubender Geschwindigkeit und bis hinein in bisher überaus tolerante Kreise‘. ‚Gefühlt oder tatsächlich wird Recht und Ordnung zu wenig durchgesetzt‘, stellen die SPD-Politiker fest. Dies beginne bereits in der Schule, wo Eltern und Schüler es an Respekt und Anstand für die Lehrer vermissen ließen. ‚Die arbeitende Mitte klagt über mangelnde Wertschätzung‘, heißt es in dem Gründungsdokument. Die konservativen SPD-Politiker fordern eine ‚moderne, pragmatische und ideologiefreie Politik‘. Es gelte, ‚die Mehrheitsgesellschaft in den Blick zu nehmen, die Probleme der Menschen beim Namen zu nennen und für Lösungen zu sorgen‘.“

Ich kann bei dem Thema den Thüringer Seeheimern sogar mit fachlicher Hilfe aufwarten. Statt Mao-Bibel oder „Was tun“ von Lenin empfehle ich unser Buch „Weltoffenes Deutschland“. Die Grünen-Gründerin Eva Quistorp, der Sozialdemokrat Richard Schröder und meine Wenigkeit als Sozialdemokrat ohne Parteibuch schrieben 2018 alles auf, was zum Thema Zuwanderung, Asyl und stabile Mehrheitsgesellschaft in Deutschland vonnöten scheint.

Zu Stefan Sandmanns Kampf, den viele Freunde damals mit mir gemeinsam unterstützten, gegen die linksgrüne Verderbnis der Sozialdemokratie steht hier Erbauliches. Zu den Seeheimern schrieb ich 2017 dieses hier.

Übrigens, die erste Amtshandlung der RRG-Ministerpräsidenten in Erfurt war der Erlass über einen „Winterabschiebestopp für Flüchtlinge“ aus dem kalten Deutschland in südlichere Gefilde. Die Thüringer SPD und ihr Wirtschaftsminister Tiefensee widersprachen nicht.

 

Gunter Weißgerber war Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als „Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

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Leserpost

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Ulrich Viebahn / 21.01.2024

Danke, Herr Weißgerber! Man kann es nicht häufig genug der Thüringer SPD hinterherrufen: ‘Würstchen!    Würstchen!  Würstchen!’ Und auf der Straße mir ‘Würstchen!’ grüßen.

Peter Holschke / 21.01.2024

„Winterabschiebestopp für Flüchtlinge“ aus dem kalten Deutschland in südlichere Gefilde? Das offenbart eigentlich alles, was man über die Verlogenheit dieser Gesinnungslumpen feststellen kann.

Dr.H-Böttger / 21.01.2024

Sachliche Vernunft als Basis von Reklame (=Propaganda) bringt bei “unseren Menschen” eben nicht unbedingt den nötigen Markterfolg. Man muß vielmehr die Herzen rühren. Mit Schicksalsstories über arme, arme refugees z.B.,  wenn man solche importieren und damit noch sich Wählerstimmen sichern will. Eine uralte Marketing-Weisheit liegt dem zugründe.  Nicht das Kundenwohl ist Sinn von Reklame, sondern die Manipulation der Kunden im GeschäftsInteresse des Anbieters. Dazu gehört auch Rücksicht auf potentielle Bündnisse mit Mitbewerbern im Markt.  Insofern haben die führenden Thüringer SPD-Genossen  2ü14 nach ihren Sonderinteressen einfach richtig gehandelt.  “Lauterbach in Love” titelt heute Bild. Vielleicht bringt das die SPD wieder aus ihrer kläglichen Lage. Und könnte sogar die aktuelle Propagandahysterie von “Correctiv”,  ZDF,  ARD  und dergleichen auf die Plätze verweisen.

Horst Jungsbluth / 21.01.2024

Der verhängnisvolle Kurs der SPD hin zur diktatorischen SED und weg vom demokratischen Rechtsstaat begann wohl bereits in siebziger Jahren, hatte doch die Stasi durch Bestechung von zwei Unionsabgeordneten den damaligen Kanzler Brandt im Amt gehalten und mit dem Gangster Karl Wienand, im Nebenberuf Stasi-Einflussagent und Wehners rechte und linke Hand, einen äusserst einflussreichen Politiker. Der Niedergang dieser Partei ist nicht nur auf Unterwanderung, sondern auch auf das Kaltstellen von Gegnern dieses Schmusekurs mit dieser diktorischen SED zurückzuführen. In Berlin traten 1983 über 200 Genossen deswegen aus der Partei aus, wollten eine neue gründen, was aber durch Stasi IM Luft, im Nebenberuf Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler zunichte gemacht wurde. Altkanzler Schmidt (SPD) schickte 1985 als Kandidaten für das Amt des RB den ehemaligen Bundesminister Apel ins Rennen, der mehr an seiner eigenen Partei scheiterte, als am Gegner, wie er es in seinem Buch “Der Abstieg” beschreibt. Bei der nächsten Wahl kandidierte der Kreuzberger Momper, der nicht merkte, dass in seinem Heimatbezirk nicht der Senat das Sagen hatte, sondern die Stasi, die mit einem Mob sowie Kot- und Buttersäureattentaten dafür sorgte, dass dieser Bezirk “sauber” blieb. Auch dass sein Kreisvorsitzender und sein Stellvertreter der “Firma” treu dienten, blieb ihm verborgen. Er betrieb dann mit der AL eine verrecherische Politik gegen Stadt und Bürger, um NVA und Stasi den militärischen Einnmarsch zu erleichtern, der Fall der Mauer zur falschen Seite machte diesen schönen Plan zunichte. Aber jetzt im Bund geht es in die Vollen. Nur 3% wollen in Sachsen die SPD wählen, so viele?

Thomin Weller / 21.01.2024

Deutschland war schon immer weltoffen, lange vor 1933. Ca. 1993 kam die Krake Bertelsmann und die SPD und DGB haben sich an diese Krake als braune Zotte mit allem verkauft(s. Prof. Ingrid Lohmann). Schon vor 2014 wusste man um die “Islam” Problematik. Bassam Tibi hat die Leitkultur entwickelt. Allerdings ist der Begriff Leitkultur schon einschränkend so das seine Arbeit lächerlich gemacht wurde, er dennoch recht hatte. Er kennt die islam/muslimische Lärmkultur die weltweit Probleme bereitet. Bassam Tibis Erfahrungen und Beobachtungen teilen viele. In Deutschland gibt es keine Streit-/ oder Diskussionskultur und keine Mitte auch wenn das Merkel gerne “Wir sind Zentrum” plapperte. Der Artikel von 2016 in der bazonline ch «Diese Männer denken: Deutsche Frauen sind Schlampen» trifft vollens ins Schwarze. Bsp. «Im Orient demütigt man einen Mann, indem man seine Frau demütigt- durch Vergewaltigung.» Gunter Weißgerber, bitte lesen Sie unbedingt das Buch Frank Böckelmann & Hersch Fischler “Bertelsmann Hinter der Fassade des Medienimperiums (Eichborn Verlag 2004).” Gibts auch als PDF. Die SPD ging/geht exakt den menschenverachtenden blutigen kriegstreiber Bertelsmann Weg. Die SPD hasst Menschen, Gruppen und Gedanken die besser sind, seit ihrer Gründung.

Wolfgang Janßen / 21.01.2024

Wir werden die Migration nicht stoppen können. Der Auswanderungsdruck aus insbesondere den afrikanischen Ländern ist dafür viel zu hoch. Die meisten afrikanischen Staaten hatten in den letzten 70 Jahren Vermehrungsraten, mit denen die wirtschaftliche und damit soziale Tragfähigkeit nicht mithalten konnte. Dazu kommen eine für uns unvorstellbare Korruption und zusätzlich religiöse Konflikte, die abzustellen unsere Möglichkeiten bei weitem übersteigt. Die Rede von “Fluchtursachen bekämpfen” ist lediglich ein Placebo, welches den in der EU lebenden Menschen suggerieren soll, dass wir die Zuwanderung, wenn wir es nur richtig machen,  schon in den Griff bekommen. Da dies in meinen Augen ausgeschlossen ist, wird man uns in 10 Jahren erzählen, dass wir uns nur nicht genügend angestrengt haben.

Thomas Kurt / 21.01.2024

Linke Ideologie basiert auf einem “festen Klassenstandpunkt”, wie der zur jeweiligen Zeit auszusehen hat, bestimmt die jeweilige Parteiführung. Da kann nicht jeder Sozi seinen eigenen “Kreis” bilden. Sandmänner sind dazu da, den Kinderchen Sand in die Augen zu streuen.

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