Peter Grimm / 29.01.2018 / 12:00 / Foto: Pixabay / 5 / Seite ausdrucken

Thüringen beendet Hunde-Rassismus

Die rot-rot-grüne Thüringer Landesregierung ist selbstverständlich gegen jede Form des Rassismus und setzt dies auch bei Hunden konsequent um. Die Unterscheidung von gefährlichen und ungefährlichen Rassen hat in dem kleinen Freistaat jetzt ein Ende. Ob Pinscher oder Pitbull – alle Hunde sind gleich, zumindest gleich gefährlich oder ungefährlich.

Als vor etlichen Jahren des öfteren Kinder von Kampfhunden zu Tode gebissen wurden, machten diese Fälle Schlagzeilen und empörten die Bürger. Wenn ein solcher Fall bekannt wurde, sahen sich die zuständigen Landesregierungen meist durch die Stimmung der Bürger gedrängt, etwas gegen diese Gefahren für Leib und Leben zu unternehmen. In Thüringen hatten 2010 vier Staffordshire-Mixbull-Terrier ein dreijähriges Mädchen in Oldisleben (Kyffhäuserkreis) totgebissen. Die Großmutter des Kindes, die ihrer Enkelin zu Hilfe kam, war bei der Attacke schwer verletzt worden.

Wie in anderen Bundesländern nach vergleichbaren Fällen auch, wollte die Landesregierung daraufhin das Halten von Kampfhunden gesetzlich erschweren. Und damals hielt man überall, wo man Handlungsbedarf sah, sogenannte Rasselisten für praktikabel, die gefährliche von eher ungefährlichen Rassen unterschieden. Danach sollte, wer insbesondere für den Kampfhundeinsatz beliebte Rasse- und Mischlingshunde halten wollte, dies erst nach einem besonderen Sachkundenachweis dürfen.

Liebhaber solcher Hunde demonstrierten überall dort, wo solche Regeln galten, gegen den hundefeindlichen Populismus der jeweiligen Landesherren und -damen. Sie konnten herzzerreißende Geschichten von kleinkindfreundlichen Kuschel-Pitbulls erzählen, die nun von Amts wegen zur Gefahr erklärt worden waren. Hunde der als ungefährlich geltenden Rassen könnten hingegen ungehindert weiter zubeißen.

Erfolge oder hundefreundliche Berichterstattung?

Allerdings hat man den Eindruck, es gibt heutzutage deutlich weniger Berichte über von Hunden zerfleischte Kleinkinder oder andere totgebissene Menschen als früher. Ob es an einer hundefreundlicheren Berichterstattung liegt oder die Hundeverordnungen tatsächlich Wirkung zeigten, ist auf die Schnelle nicht zu klären. Aber selbst wenn letzteres zuträfe, gegen konsequenten Anti-Rassismus käme dieses Argument nicht an. Am Freitag, so melden es die Berichterstatter aus Erfurt, hat nun der Thüringer Landtag beschlossen, dass Hunde nur noch nach Einzelfallprüfung als gefährlich eingestuft werden dürfen:

Damit ist die sogenannte Rasseliste abgeschafft, die in Thüringen jahrelang kontrovers diskutiert worden war. Sie habe sich als nicht hilfreich erwiesen, um die Gefährlichkeit eines Hundes abschätzen zu können, hieß es übereinstimmend aus allen Landtags-Fraktionen. Von nun an sei es an den Thüringer Hundehaltern, ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nachzukommen, sagte Innenstaatssekretär Udo Götze (SPD).

Man könnte einwenden, dass das seinerzeit auch so war und die Regierung handelte, weil zu viele Hundehalter dieser Verantwortung nicht nachgekommen sind, aber das wäre vermutlich kleinkrämerisch. Zuletzt standen ohnehin nur noch die Hausgenossen der Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pitbull Terrier und Staffordshire Bullterrier auf der Liste. Jetzt kann jedermann diese netten Tiere wieder halten, ohne einen Sachkundenachweis vorlegen zu müssen.

Erst handeln, wenn der Hund beißt

Bislang galt: Wer einen solchen Hund halten wollte, brauchte eine Erlaubnis. Um diese zu bekommen, musste er einen Sachkundenachweis vorlegen. Jetzt ist der Sachkundenachweis erst nötig, wenn der jeweilige Hund zuvor auffällig geworden ist. „Wenn ein Hund beißt, muss gehandelt werden, dann ist das nicht in Ordnung“, sagte etwa die SPD-Abgeordnete Birgit Pelke. Der Präventionsgedanke spielt offenbar keine Rolle mehr, und Maulkörbe werden wohl ohnehin anderweitig gebraucht. Oh, das war jetzt bestimmt zu negativ gedacht. Im Landtag wurde das dem Skeptiker doch erklärt:

Andere Abgeordnete von Rot-Rot-Grün verwiesen zudem darauf, dass es auch andere Auffälligkeiten im Verhalten der Tiere gebe, die darauf schließen ließen, dass ein bestimmter Hund ungewöhnlich aggressiv sei. Dann müssten die Behörden handeln und zum Beispiel einen Wesenstest bei dem Hund und das Vorlegen eines Sachkundenachweises des Halters verlangen. Die Linke-Abgeordnete Sabine Berninger erklärte, es gebe also für die zuständigen Behörden auch in Zukunft ausreichend Möglichkeiten, bei gefährlichen Hunden präventiv zu handeln.

Nun ja, es klingt noch ein wenig schwammig, aber was will man machen. Eine Rasseliste wäre in jedem Falle schlimmer. Blöd, wenn bald irgendwo in Thüringen kleine Kinder von einem Kampfhund angefallen werden, dessen Halter keinen Sachkundenachweis besitzt. Aber da hilft es ja vielleicht, die Hundehalter zu einem freiwilligen Sachkundenachweis zu locken:

Die neue gesetzliche Regelung sieht zudem vor, dass Gemeinden solchen Hundebesitzern die Hundesteuer ermäßigen können, die einen Sachkundenachweis zum Umgang mit ihrem Tier vorlegen.

Im Sinne der Gleichbehandlung müsste dann natürlich auch der Pinscher-Halter die Chance bekommen, seine Hundesteuer mittels Sachkundenachweis zu reduzieren. Eigentlich wird hier also Anti-Rassismus mit Steuererleichterung verbunden. Einen so liberalen Ansatz hätte man der Volksrepublik Thüringen gar nicht zugetraut. Oder habe ich das einfach nur falsch verstanden? Immerhin pflege ich zu den meisten Hunden gern eine gewisse Distanz.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Ernst-Fr. Siebert / 29.01.2018

Herr Grimm, ich glaube, Sie haben keine Ahnung von Hunden. Die Thüringer handeln richtig. Die Rasse mit den meisten Auffälligkeiten hinsichtlich eines Hundebisses ist der Deutsche Schäferhund und an den traut sich seit, äh ... wie hieß der gleich?, auch heute noch keiner ran. Eine Hundeleine hat zwei Enden. Das Problem liegt (fast immer) am oberen Ende der Leine.

Steffen Huebner / 29.01.2018

“Ob Pinscher oder Pitbull – alle Hunde sind gleich, zumindest gleich gefährlich oder ungefährlich.” - Kann schon sein, nur die Auswirkungen sind eben ganz unterschiedlich. Ich würde den Abgeordneten raten, sich am besten probehalber mal ins Bein beißen zu lassen, damit der Unterschied klar wird…

Rolf Menzen / 29.01.2018

Pitbulls und Staffords wurden früher in den USA und UK Nannydogs genannt. Bestimmt weil sie so gefährlich sind. Dass der Autor Angst vor Hunden hat halte ich für sein Problem. Vielleicht würde ja eine Konfrontationstherapie helfen.

Sebastian Weber / 29.01.2018

Es spricht nichts dagegen, die Gefährlichkeit eines Hundes individuell und nicht pauschal zu bestimmen. Denn dem Opfer eines Hundeangriffs wird wohl herzlich egal, ob der beißwütig Vierbeiner ein böser American Pit Bull Terrier oder ein familienfreundlicher Golden Retriver war. Grundsätzlich kann man aber konstatieren, dass das Problem fast ausschließlich am anderen Ende der Hundeleine zu finden ist.

Dirk Jungnickel / 29.01.2018

Ich bewundere den “Rasse - Sachverstand”, der diesem Beitrag zugrunde liegt. (Ich kann Hunden generell nichts abgewinnen, interessiere mich auch nicht für Hunderassen. Unterscheide höchstens Köter und “Normal - Hund”.) Immerhin haben die Thüringer Parlamentarier ja wohl festgestellt, dass Hunde zubeißen können, manche herzhafter als andere. Kampfhunde sind wohl eher die herzhaften Zubeißer, sie werden dem Vernehmen nach auch daraufhin dressiert.  Im Zuge der Anti - Rassismus- Kampagne wird bei Haltern der allgemeingefährlichen Köter - wenn ich es richtig verstanden habe - die Eignung nicht mehr vorab geprüft. Jetzt müßte also veranlaßt werden, dass die Verantwortlichen der ROT - ROT - GRÜNEN Antihunderassisten sich als Beißtester zur Verfügung stellen. Problematische Köter und deren nicht weniger problematische Halter sollten demnach diesen Abgeordneten zugeführt werden. Nicht gebissen oder gebissen werden ist dann die Frage ...    

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