"Bitte tun Sie Ihr Bestes, um sicher warm zu bleiben", schrieb der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, anfang der Woche auf Twitter. "Wir werden das gemeinsam durchstehen." Ob bei Herrn Turner wirklich der Strom abgedreht war, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber die Durchhalteparole erinnert mich an „Wir schaffen das“ einer berühmten Energiewenderin aus Deutschland.
Was ist passiert? Texas hat die Windenergie in den letzten Jahren stark gefördert und produziert etwa ein Viertel seines Stroms aus Wind. Ein eisiger Sturm mit minus 10 Grad Kälte brachte die Stromversorgung des Bundesstaates schwer in die Bredouille, 10.500 Megawatt an Windenergie froren schlichtweg ein. Das sind so viel wie 10 Kernkraftwerke. Schätzungsweise 2,6 Millionen Haushalte und Unternehmen im Bundesstaat waren am Sonntagabend und Montagmorgen aufgrund von Sturmschäden durch von den Regulierungsbehörden angeordneten rotierenden Stromsperren von der Stromversorgung abgeschnitten. Der Gouverneur erklärte den Notstand.
Wer trägt die Schuld an den Stromausfällen im US-Bundesstaat Texas? In den USA wird heftig über die Windkraft debattiert. Fakt ist: Mehrere Menschen starben, Millionen Haushalte sitzen ohne Elektrizität in eisiger Kälte.
Selbst die „New York Times“ erwähnte in ihrer Analyse der Situation auch die Windkraft als eine mögliche Schwachstelle. Und das Magazin „Forbes“ sorgte sich: „Die Ausfälle in Texas rücken die Zuverlässigkeit erneuerbarer Energien in den Mittelpunkt“, hieß es in einer Schlagzeile. Der Eisregen mit den sinkenden Temperaturen habe viele Windkraftanlagen buchstäblich festgefroren. Dies bedeutete, dass „zu dem Zeitpunkt, an dem er am dringendsten benötigt wird, nicht genügend Strom erzeugt wird“, schreibt Sal Gilbertie und schlussfolgert: „Dies ist das Problem bei erneuerbaren Energien: Sie sind nicht immer da, wenn es schwierig wird.“
Windstromausfall betraf 2 Millionen Kunden
Ein Teil des Problems entstand, als Windturbinen in West-Texas einfroren und auch Erdgasbohrtürme durch das Wetter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ungefähr die Hälfte der Windkraftanlagen des Bundesstaates musste vom Netz genommen werden, wodurch bis zu 10.500 Megawatt an Windenergie abgeschaltet wurden, ein bedeutender Teil der gesamten Stromversorgung des Bundesstaates. Es wird erwartet, dass die Behörden die Turbinen im Laufe der nächsten Tage enteisen würden.
Der „Elektrische Zuverlässigkeitsrat“ von Texas, der das Stromnetz des Staates verwaltet, sagte in einer Erklärung, dass die rotierenden Stromsperren ein "letztes Mittel waren, um die Zuverlässigkeit des elektrischen Systems als Ganzes zu erhalten", sprich – den totalen Blackout zu verhindern.
Allein der Windstromausfall am Montag betraf 2 Millionen Kunden. Doch die Probleme verschärften sich, als auch andere Stromerzeugungsquellen kälte- und sturmbedingte Probleme bekamen und vom Netz genommen wurden. Insgesamt fehlten dem Bundesstaat am Montag zeitweise bis zu 30.000 Megawatt an Erzeugungskapazität.
Eine von keinerlei Sachkenntnis angekränkelte Falschinformation leistete sich in diesem Zusammenhang ein Welt-Online-Redakteur. Er empörte sich, dass Windenergiegegner im Internet die „Windturbinen madig machten“. Er behauptet, das zum Enteisen der Windenergieanlagen durch Hubschrauber keine Chemikalien verwendet würden, sondern „heißes Wasser“. Na klar, ein Hubschrauber versprüht im eisigen Sturm bei minus 10 Grad heißes Wasser auf die gefrorenen Rotoren und taut sie so auf. Jeder, der schon mal versucht hat, eine Autoscheibe mit heißem Wasser aufzutauen, kennt das Problem – das Wasser kühlt ab, gefriert sofort und die Eisschicht wird noch dicker.
Auch Flugzeuge werden nicht mit heißem Wasser enteist, sondern mit Enteisungsmittel. Das ist ein Gemisch aus Wasser, Alkohol (Glykol) und chemischen Zusatzstoffen. Das Mischungsverhältnis Enteisungsflüssigkeit zu Wasser ist abhängig von der Außentemperatur, von der Art des Niederschlags und der benötigten Zeit der Schutzwirkung. Es wird darauf geachtet, dass die Flüssigkeit biologisch abbaubar ist und aufgefangen wird. Eine Wiederverwendung ist meist nicht möglich. Bei Flugzeugen kann man sich das Auffangen der Flüssigkeit ja noch irgendwie vorstellen, aber bei den gigantischen Windrädern, besprüht vom Hubschrauber aus im eisigen Wind, geht das nicht.
Das Wetterereignis in den USA forderte auch Tote: In den USA und im Nachbarland Mexiko sind bis Dienstag bereits mehr als 20 Menschen durch die Kälte ums Leben gekommen, die meisten bei Verkehrsunfällen. Allerdings erstickten in Texas laut NBC News eine Frau und ein Mädchen, die versucht hatten, sich mithilfe eines Autos aufzuwärmen. Es wird befürchtet, dass die Opferzahlen noch steigen könnten.
Die deutschen Behörden werden das Problem selbstverständlich managen, ähnlich, wie sie die Probleme der Corona-Pandemie meistern.