Peter Grimm / 20.08.2018 / 06:25 / Foto: Pixabay / 21 / Seite ausdrucken

Teures Schweinesystem

Die deutsche Agrarwirtschaft machte in den letzten Wochen vor allem wegen der Dürre von sich reden. Die Schäden der langen Trockenheit wurden hochgerechnet und Entschädigungsforderungen aufgemacht. Fraglich scheint nur noch zu sein, ob denn eine Milliarde reicht oder ob es nicht besser zwei sein sollten. Die politischen Verantwortungsträger sehen zwar im Grunde ein, dass etwas getan werden müsse, sind aber beim Öffnen des Geldbeutels noch etwas zögerlich. Bauern zu helfen, das ist nun einmal nicht so alternativlos, wie all jenen zu helfen, die vor Not und Armut fliehen und Schutz beim deutschen Sozialstaat suchen.

Halt! Bevor diese Zeilen vom Thema abdriften, kehren wir schnell zurück in den deutschen Agrarsektor. Das Verständnis für die Landwirte, denen die Nutzpflanzen auf dem Acker vertrocknen, so dass die Ernte weitgehend ausbleibt, ist beim Steuerzahler durchaus vorhanden. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Feldwirtschaft außerhalb der Debatten um den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden keinen so schlechten Ruf in der Öffentlichkeit hat. Er ist jedenfalls besser, als der von großen Schweinemästern. Die wollten am Wochenende ebenfalls daran erinnern, dass sie gern mehr Geld hätten, um ihren Schweinen ein besseres Leben ermöglichen können.

„Schweinefleisch müsste doppelt so viel kosten“, diese Überschrift geleitete viele deutsche Zeitungsleser ins Wochenende. In der FAZ hieß es dann weiter:

„Der Bauernverband sieht die Verbraucher in der Pflicht: Wer gutes Fleisch wolle, der müsse auch bereit sein, mehr dafür zu zahlen – zumal nun auch neue Tierschutzauflagen gelten. Viele hätten unrealistische Vorstellungen.

Der Deutsche Bauernverband fordert eine drastische Erhöhung der Preise für Schweinefleisch. Ansonsten stünden viele Schweinemäster durch neue Tierschutzauflagen vor dem Bankrott, sagte der Vizepräsident des Verbandes, Werner Schwarz, der „Rheinischen Post“.

‚Schweinefleisch müsste für die Verbraucher fast doppelt so teuer werden, damit wir die Tierschutzvorgaben wie die Kastration von Ferkeln unter Narkose oder deutlich mehr Platz für die Sauen erfüllen können, ohne bankrott zu gehen.‘ Dennoch würden die Mäster durch die höheren Preise nicht mehr Geld verdienen, sondern lediglich ihren Standard halten.“

Der Tellerrand der regulierten Welt

Offensichtlich scheinen die Lobbyvertreter der Schweinemäster so sehr von einer Welt der Preisregulierungen, Zwangsabgaben und Subventionen zu träumen, dass sie vergessen haben, dass es sich bei der Wirtschaftsordnung in Deutschland eigentlich um eine zwar soziale, aber vor allem Marktwirtschaft handeln soll. Und in der legt niemand den Schweinefleischpreis fest, weshalb ihn auch niemand verdoppeln kann.

Außer, man würde ähnlich verfahren, wie bei der sogenannten Energiewende. Es sind ja nicht zuletzt viele Bauern, die etwa über Windräder, Solardächer, Biogasanlagen und Maisanbau an diesem Subventionszirkus prächtig verdienen. Auch die Schweine-Kunden könnten über gesetzliche Preisaufschläge Abgaben leisten, die dann vom Staat wieder auf die Mastbetriebe verteilt werden. Wäre das so eine Vorstellung des Verbandsvertreters? Dann könnte man eine Verdopplung des Schweinepreises schnell erreichen, mit dem Strompreis hat es ja auch geklappt.

Wenn allerdings der Verbraucher freiwillig mehr zahlen soll, dann macht er das nur, wenn er das gleiche Produkt nicht billiger bekommt oder weil der höhere Preis auch einen Mehrwert bietet. Wer billiges Fleisch aus einfachster Massentierhaltung lediglich teurer verkaufen will, kann da schlecht überzeugen. Wer dank besserer Haltungsbedingungen auch mit besserem Fleisch aufwartet, kann das hingegen schaffen. Nur ist von Letzterem kaum etwas spürbar.

Es ist ja leicht, den Verbraucher zu verurteilen und gleichzeitig nach dem Staat zu rufen, damit der diese renitenten Konsumenten mittels Vorschriften umerzieht. Schwerer ist es da schon, die Macht, die Verbraucher in einer freien Marktwirtschaft haben, zu respektieren und in neue, attraktive Angebote zu investieren. Dass die Mastbetriebe dereinst auf den Wettlauf um billigstes Massenfleisch setzten, weil sie die Verbraucher lieber mit niedrigen Preisen statt mit spürbar besserer Qualität ködern wollten, war ihre unternehmerische Entscheidung. Die kann man nicht den Konsumenten anlasten.

Eigentlich ist es peinlich, denn die letzten Zeilen enthalten nur simple Binsenweisheiten. Aber offenbar sind diese in Vergessenheit geraten und selbst viele Teilnehmer am Wirtschaftsleben scheinen nicht mehr über die Regulierungs-Tellerränder hinausblicken zu wollen. Auch unter Meinungsbildnern hat die freie Marktwirtschaft heutzutage beinahe einen noch schlechteren Ruf als den, den sich so mancher Massentierhalter erworben hat.

Das konnte man auch mit einigem Erstaunen bei der Berichterstattung über die Dürrefolgen beobachten. Die meisten Journalistenkollegen berichteten wohl über die teils dramatischen Ernteausfälle und die Debatten über Art und Höhe möglicher staatlicher Entschädigungszahlungen beziehungsweise Hilfsgelder für die Bauern.

Warum interessierte es eigentlich kaum einen Journalisten, wie denn die Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise aussehen? Das ist doch für die meisten Nicht-Bauern die Frage, von der sie direkt betroffen werden. Denn egal, wie politische Verantwortungsträger es auch regulieren: Ein knapperes Angebot verteuert das Produkt, immer! Das passiert selbst in der strengsten Planwirtschaft, dort zwar inoffiziell, aber immer nachhaltig. Der Markt ist nämlich die natürliche Form des Handels, nicht die bürokratische Steuerung. Auch das ist nur eine Binsenweisheit, aber allzu weit verbreitet scheint sie nicht mehr zu sein.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Enrique Mechau / 20.08.2018

Solange in Deutschland Subventionen das Geschäftsmodell für die meisten der nachfolgenden Aktivitäten und Produktionen Landwirtschaft, Solaranlagen/Strom von Solaranlagen auf Hausdächern, Windkraftanlagen, Kohleförderung, Werften etc. etc. ist, wird sich nichts ändern. Vorneweg die Bauern denen das Wetter - zu kalt, zu heiß, zu trocken, zu nass, zu spät, zu früh - schon IMMER die Ernte verhagelt hat und die heute einen großen Teil der Flächen mit Sch… bebaut der in Biogasanlagen o.Ä. in irgendeine Form von Energie - besonders für E10 - umgewandelt wird. Denn unsere Kartoffeln kommen aus Zypern, die Eier aus Afrika, der Paprika und die Erdbeeren aus Spanien, die Papaya aus Brasilien (gehen Sie auf den Wochenmarkt zum Bauern Eichelhuber) und was es dergleichen mehr an Unsinn gibt Ich bin bereit unsere Landwirte wieder zu unterstützen, wenn sie mich mit Produkten aus ihrer Produktion und von ihrer Hände Arbeit wieder verpflegen!

Peter Michel / 20.08.2018

Ja, die Grünen schaffen es noch, dass wir alle Vegetarier werden.  Ein gelungener Trick, die Landwirte auf Ihre Seite zu ziehen. Nungut, der Führer mochte ja auch schon kein Fleisch, warum soll es bei den grünen Nachfolgern anders sein. Sie stellen es geschickter an.

Otto Nagel / 20.08.2018

Die Marktwirtschaft wurde doch schon länger durch sozialistische (Plan-) Subventionswirtschaft ersetzt ! Auch die Landwirtschaft ist nur ein Teil davon. Eigenvorsorge gegen schlechte Zeiten (Ertragsausfälle) wurde ersetzt durch die Devise Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Und wer am lautesten schreit, dem wird am meisten geholfen. In vielen ertragreichen Jahren der letzten Zeit konnte jeder Bauer Eigenvorsorge für schlechtere Zeiten treffen. Auch einem Bauernverbandspräsidenten hätte es gut angestanden, zentrale Vorsorge in Form der Einzahlungen in einen Vorsorgefonds anzumahnen und auf den Weg zu bringen. Dann wäre eben statt des neuen Audi A8 nur ein kleinerer A4 drin gewesen. Na gut, den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf !

Oliver Komhard / 20.08.2018

Tja, der Markt und die Landwirtschaft. Zum einen würde ein Markt voraussetzen, daß dort einheitliche Bedingungen herrschen. Wenn aber der eine Bauer jede Menge zusätzliche Regeln befolgen muß und der andere nicht, kann das schon nicht funktionieren. Die Kosten der Kastration sind ein Beispiel und soweit der Autor suggeriert, wegen der 3-4 Euro zusätzliche Kosten solle sich der Bauer nicht so anstellen: Was glauben Sie eigentlich,  was ein Bauer an so einem Mastschwein verdient? Das liegt im einstelligen Eurobereich… Zum anderen, wir nehmen mal an wir hätten einen Markt und die Landwirte würden den Marktregeln folgen und in Deutschland eben keine Landwirtschaft mehr machen, so wie es keine Bekleidungsindustrie mehr gibt, weil sich das nicht lohnt. Dann würde Deutschland eben Lebensmittel kaufen auf dem Weltmarkt. Das D eine so überlegene Industrie hat, daß es kein Problem im Handel gibt, ist ja ein Naturgesetz, nicht wahr…  Kaufen müßte Deutschland dann natürlich auch Produkte, die nach Regeln des Weltmarktes erzeugt wurden, die deutsche Sondervorstellungen auch in der Landwirtschaft interessieren den Rest der Welt halt nicht so…

Wilfried Paffendorf / 20.08.2018

Speziell die Bauern haben schon immer gejammert Das war bereits zu Zeiten Preußens so. Die Forderung war stets der staatlich garantierte Schutz des Unternehmens und des Binnenabsatzes. Heute stehen wir vor der Tatsache, dass jedermann die Übernahme des unternehmerischen Risikos und überhaupt jeglichen Lebensrisikos durch den Staat fordert und wie selbstverständlich erwartet. Inzwischen ist dieses Phänomen der Forderungen nach Rundum-Garantie durch den Staat ein weltweites. Man hört nur Forderungen und Schuldzuweisungen an Staat und Gesellschaft. Und wenn ich dann in Gesprächen darauf aufmerksam mache, dass der ständige Ruf nach dem Staat sehr unangenehme Kehrseiten hat und wenn ich vor allem auf die Eigenverantwortung eines jeden erwachsenen gesunden Menschen hinweise, ist Schnapptmung die geringste Reaktion. Wer ständig nach dem Staat ruft, bekommt ihn auch, mit allem, was er sich nicht wünscht. Wer nicht willens oder in der Lage ist, eigene vernünftige Entscheidungen zu treffen, der läuft Gefahr, dass andere eines Tages über seinen Kopf hinweg entscheiden. Diejenigen, die sich ständig über einen übergriffigen Staat beschweren, sind zugleich diejenigen, die sofort nach dem Staat rufen, wenn es im Leben oder mit ihrem Unternehmen nicht rund läuft. Auf die Idee der Eigenverantwortung und dass jegliches Handeln immer Risiken birgt, kommen diese Schreihälse erst gar nicht. Inzwischen winke ich sofort ab, wenn mir jemand erzählen will, an was allem der Staat schuld ist und wofür dieser Staat gleichzeitig gefälligst zu sorgen hat. Ich kann und will es nicht mehr hören!

armin wacker / 20.08.2018

Ein Bauer, der nicht jammert, ist tot. Allerdings ist die Materie durch die ständigen Subventionen so schlecht diskutierbar. Da müssten wir erst mal genau definieren, was ein Bauer ist. Viele, die wir als Bauern bezeichnen, sind doch inzwischen Großbetriebe. Die haben auch das Personal um in jeden Subventionstopf der EU greifen zu können. Wir erinnern uns noch an die Milch- und Butterberge. So als Nebenschauplatz erinnere ich nur an die Subvention für Streuobstwiesen(BaWü). Der Altbauer kann nicht mehr und sein Sohn ist nicht bereit dazu. Wenn man allerdings zehn Seiten an Fachfragen ausfüllen kann, dann bekommt man staatliche Hilfe, um die Grüne Ökologie zu befriedigen.

Hubert Bauer / 20.08.2018

In einem Jahr jammern die Landwirte weil es zu viel geregnet hat. Im Jahr darauf jammern sie weil es zu wenig geregnet hat und im dritten Jahr jammern sie weil der neue Mercedes so eine lange Lieferzeit hat. Die Zeiten der armen Landwirte sind vorbei. Viele Erzeugerpreise sind die letzten Jahre gestiegen, durch Automation ist viel Arbeit weggefallen bzw. es kann mehr Fläche bewirtschaftet werden bzw. mehr Tiere gehalten werden. Auch im Bereich Saatzucht und Tierzucht hat es enorme Fortschritte gegeben. Und nicht zuletzt dürften die Photovoltaikanlagen in diesen Sommer mehr Gewinne abgeworfen haben als Dürreschäden vorhanden sind. Dabei übersehe ich nicht, dass ein Landwirt viel und hart arbeiten muss und dass er auch ein großes Organisationstalent sein muss. Aber heute sind eher die schlecht ausgebildeten Städter die Menschen, denen der Stadt unter die Arme greifen muss.

Michael Birke / 20.08.2018

Die Kosten für eine Injektionsnarkose betragen ca. 3-3,50 oder in manchen Quellen 4 EUR pro Ferkel. Ein Verwandter Bauer erklärte mir zudem, der erhebliche Arbeitsaufwand und die entsprechenden Kosten wäre bei diesen den Zahlen schon eingerechnet. In Deutschland bleibt das setzen der Narkose und die Kastration bleiben nach wie vor die Domäne des Tierarzts, in Dänemark und Schweden ist Landwirten nach einem entsprechenden Kurs beides gestattet. Erfahrungswerte sollten mittlerweile vorliegen, ob Landwirte (wie befürchtet) wegen schlechter Wundheilung bei Ferkeln in den Knast kamen oder ob das Tierwohl gelitten hat. Beides scheint aber nicht der Fall zu sein. Das Problem ist das komplexe System aus Produktion und Subvention, der Gewinn wird am Verhandlungstisch errungen, nicht so sehr durch die Produktion.

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