Martina Binnig, Gastautorin / 31.12.2021 / 12:00 / Foto: Gmhofmann / 19 / Seite ausdrucken

Teststationen mit Budenzauber

Einen wahren Budenzauber am Bodensee erlebte ich, als ich mich von Köln auf den Weg gen Süden begab: Freundlich getarnte Teststationen hielten mich zum Narren.

Am 27. Dezember dieses Jahres reiste ich von Köln nach Konstanz. Der Bodensee empfing mich sonnig. Im Hintergrund glänzten die schneebedeckten Berge verheißungsvoll. Ich fühlte mich am richtigen Platz. Am Abend vor der Abreise hatte ich recherchiert, welche G-Regeln im fernen Baden-Württemberg gerade zelebriert wurden. Für die meisten Bereiche, so las ich, gelte 2G. Falls die zweite Impfung oder die Infektion jedoch länger als sechs Monate zurückläge, sei ein zusätzlicher Schnell- oder PCR-Test vonnöten. Nun gut, betrifft mich nicht, dachte ich.

Nachdem ich den Anblick der traumhaft beleuchteten Natur-Kulisse ausgekostet hatte, machte ich gleich die nächste freudige Entdeckung: Überall standen noch Weihnachtsmarkt-Buden herum! Da ich mitbekommen hatte, dass in anderen Städten Weihnachtsmärkte vorzeitig abgebrochen worden waren, war ich geradezu begeistert von den Konstanzern, die sich offenbar widersetzt hatten und ihren Weihnachtsmarkt sogar einen Tag über Weihnachten hinaus aufgebaut ließen. Allerdings standen die überwiegend grün gestrichenen Holzbuden etwas verstreut herum, und lange Menschenschlangen hatten sich vor ihnen gebildet. Neugierig trat ich näher, um herauszufinden, welche Leckerein dort wohl angeboten wurden. Vielleicht Bratwurst, Glühwein oder gebrannte Mandeln?

Schnelltest to go! Mit und ohne Termin

Seltsamerweise waren die Buden vorne nicht offen, sondern mit einer durchsichtigen Plastikwand verkleidet, wobei eine rechteckige Auslassung wie ein Fensterchen eingelassen war. Möglicherweise eine Art Adventskalender? Doch Pustekuchen! Jetzt wurde mir mein Irrtum bewusst: Die freundlich dreinschauenden Holzbuden gehörten gar nicht zu einem Weihnachtsmarkt, sondern es handelte sich um mobile Teststationen: Schnelltest to go! Mit und ohne Termin. Durch das Fensterchen streckte die zu testende Person der testenden Person im Inneren der Bude die Nase entgegen.

Nun wunderte ich mich allerdings darüber, dass sich derart viele Menschen in die Warteschlange eingereiht hatten. Ob sie wohl alle just heute ihre betagten Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern im Heim besuchen wollten? Nun ja, kann ja sein. So was macht man ja auch schon mal zwischen den Jahren und nicht nur an den Weihnachtstagen, redete ich mir ein und machte mich auf den Weg zum Münster. Hier verbrachte ich eine so ausgiebige Weile, dass ich mich wie außerhalb von Zeit und Raum befand. Diese leuchtenden mittelalterlichen Farben im Glasfenster der Margaretenkapelle! Die Krypta mit den darin ausgestellten Kupferscheiben! Die Mauritiusrotunde! Wenn mich jetzt jemand auf Corona angesprochen hätte, wäre mir eher eine Heilige oder eine Messvertonung in den Sinn gekommen ‒ so entrückt war ich!

Danach hatte ich allerdings Hunger. Ich suchte ein Restaurant auf und wurde schlagartig in die Gegenwart zurück katapultiert. Brav wartete ich ein paar Minuten, wie durch entsprechende Hinweise ausgeschildert, im Eingangsbereich, um einen Platz zugewiesen zu bekommen. Schließlich entdeckte mich eine Dame, kam auf mich zu und fragte mich nach meinem Impfstatus. Sie starrte konzentriert auf das aufgedruckte Datum meines Nachweises und meinte so bedauernd, als hätte ich gerade haarscharf einen Hauptgewinn verfehlt: „Knapp vorbei. Seit heute gilt, dass die zweite Impfung oder die Infektion nicht länger als drei Monate her sein darf. Sie liegen leider ein paar Tage drüber.“ ‒ „Also kann ich jetzt hier nicht essen?“, fragte ich einigermaßen verdutzt zurück. „Nein, tut mir leid, aber Sie können sich ja testen lassen.“

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Deswegen also allüberall die mobilen Testbuden und die langen Schlangen davor! Ein Großteil der armen zweifach geimpften Baden-Württemberger war also just heute wieder auf das Startfeld zurückbugsiert worden. Mensch, ärgere dich nicht. Tja, dann hole ich mir halt was zum Mitnehmen. Und morgen gehe ich gleich wieder ins Münster und vergesse Zeit und Raum um mich herum ...

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H. Krautner / 31.12.2021

Ja, mit dem Zugangsverbot zu den Restaurants, dass habe ich gestern mit meiner Frau auch erlebt.  Wir wollten gemeinsam einen Tag in Mannheim verbringen, bei herrrlichem Frühligswetter, schön und gut essen gehen, shopen gehen (meine Frau natürlich). Nach der Ankunft war unser erster Gang zu unserem Mannheimer Lieblingsrestaurant. Am Eingang wurden wir herb auf die 2G+-Einlassbedingungen hingewiesen. Das Personal ist stolz auf ihre staatlich beauftragte Kontrollfunktion. Sie demonstrieren mit ihrem Gehabe und mit ihrer Mimik, dass sie jetzt eine staatstragende Funktion haben. Es fehlt nur noch die Uniform und eine Pistole und Gummiknüppel am Gürtel. Dieses Verhalten der Angestellten steht derzeit beim Besuch eines Restaurants in Baden-Württemberg im Vordergrund. Freundlichkeit gegenüber dem Kunden, das war gestern. Den Gastromen geht es gar nicht mehr um Bewirtung der Kunden, sondern um die Erfüllung staatlicher Kontrollaufgaben. Gastronomen sind willig zu Komplizen des Gehorsamregimes mutiert.  -    Wir drehten uns sofort um und verließen fluchtartig diese Stadt. Kein Bock mehr auf Shopen in Mannheim. Wir kaufen weiterhin unsere Waren bei Amazon. Auf einen Restaurantbesuch werden wir in Zukunft freiwillig verzichten.

Sabine Schönfeld / 31.12.2021

Baden-Württemberg wird in seinen sich ständig ändernden Corona-Verordnungen allmählich endgültig zur Geschlossenen im Irrenhaus Deutschland. Und gleichzeitig läuft noch diese besonders unter diesen Umständen vollkommen unsinnige Werbekampagne mit diesem unsäglichen schwäbischen Denglisch. “The Länd” - ausgerechnet als Plakataktion in den Städten BWs aufgehängt, soll möglichst viele Fachkräfte in dieses längst kafkaesk absurde Bundesland ziehen. Nichts als reine Steuerverschwendung, man kann genauso gut auch hingehen und das Geld gleich verbrennen, das spart auch noch das Papier. Das wäre wesentlich umweltfreundlicher, nicht, Herr Kretschmann? Gestern sah ich hier im Einkaufszentrum einen verzweifelten Sicherheitsbeauftragten im schwarzen Trainingsanzug, wie er auf völlig verlorenem Posten Kunden erklärte, sie müssten jetzt FFP2-Masken tragen. Und das gesamte Einkaufszentrum war voll mit Menschen, die nach wie vor OP-Maske tragen, weil zwischen den Jahren wohl niemand mehr den aktuellen behördlichen Regelunsinn lesen will. BW hat jetzt die Grünen doppelt in der Regierung und ich warte auf den Moment, in dem sich die Bürger endgültig dem Irrsinn ergeben und nach dem Vorbild von Asterix’ “Haus das Verrückte macht” wild trötend durch die Straßen laufen. Immerhin fällt Fasnacht nächstes Jahr sicher zum wiederholten Mal aus und damit der übliche Versuch, den kollektiven Wahnsinn wenigstens einmal im Jahr zu kanalisieren. Es gibt offensichtlich keinen Plan, außer die Bürger mit den nächsten Dummheiten zu drangsalieren, wie gefiltert muss unsere Atemluft denn noch sein? Geht denn wesentlich gefilterter als die 98 Prozent, die mir der Hersteller meiner medizinischen Masken verspricht? Ich kaufe mir jetzt wohl als nächstes eine Gasmaske und laufe damit täglich durch die Straßen. Irrsinn, wem Irrsinn gebührt.

Max Unger / 31.12.2021

Interessant. Ich hatte auch kurz über einen Kurzurlaub nachgedacht, inspiriert durch beworbene Ferienwohnungen in Konstanz. Letztlich war es mir aber zu unsicher, genau wegen dem beschriebenen Hokuspokus.  Man sollte konsequent bei dem Wahnsinn nicht mitspielen, bis alles wieder normal ist. Und so lange auf die Straße gehen und demonstrieren. Man ist ja zur Zeit nicht so beschäftigt.

Franz Reinartz / 31.12.2021

Nun ja, die Gastro hat mich ebenso verloren wie der Einzelhandel (außer täglicher Bedarf nach Gottes-Gnadentum). Nicht nur, weil die Obrigkeit angebliche Regeln, die sich aber bei genauerem Hinsehen als reine Willkür entpuppen, wie man auch am “abgelaufenen” “Status” der Autorin nachvollziehen kann, willkürlich setzt und ändert, sondern auch und vor allem da Gastro und Handel die herrschenden Regeln seitens ihrer einschlägigen Verbände heftigst begrüßt, ja geradezu eingefordert haben. Mit Verlaub: Ich werde nicht ein Lokal oder Geschäft betreten, bei dem ich mich vor Inanspruchnahme der offerierten Dienstleistung/Ware ausweisen muss. Ich werde mein Verhalten wohl auch nicht ändern, wenn es mal wieder ohne Pass und Perso gehen sollte. Handel und Gastro brauche ich nicht (mehr). Zwei Jahre ändern Gewohnheiten. Und zahlen muss ich ohnehin, wenn ich mir die pünktlich zum Jahreswechsel eingetrudelten Steuer/Gebühren- und anderen Bescheide anschaue, die mir mehr oder weniger saftige “Anpassungen” nach oben mit dem Ausdruck des Bedauerns (“Leider müssen wir Ihnen mitteilen…”) verkünden. Dennoch einen guten Rutsch mit Feuerwerk und allem was dazu gehört!

R.Kühn / 31.12.2021

Nach diesem Text habe ich mich schnell noch mal vergewissert, man weiß ja nie, ich bin in einem Alter wo Alzheimer auch mal vor der Tür stehen kann. Apropos Alzheimer, wo waren wir stehen geblieben, ach ja, beim Vergewissern. Also im Kalender stteht heute der 31.12. und nicht der 1. April.

Franz Klar / 31.12.2021

Gänsefleisch möln Göffröum üffmochn ... ? Früher an der Grenze , heute an der Tür .

Ralf.Michael / 31.12.2021

Frau Binnig, Gratulation…Ich dachte, Sie hätten (wie alle Anderen Eva`s) irgendwann vom Baum der Erkenntnis genascht ? Nein ? Jetzt haben Sie aber ! Und haben folgerichtig erkannt, wozu die kleinen grünen Buden dienen ! Wird Ihnen sicherlich für die Zukunft eine Lehre sein ;o)) Mir selbst sind solche merkwürdigen Buden schon immer suspekt gewesen….Guten Start für 2022 auch !!

Sabine Lotus / 31.12.2021

Guten Morgen und ab jetzt Great Resist bitte. Für diese Dödeltapperei im 2G++-+ Takt Wunderland geben Sie sich wohl jetzt noch ein Bööösterchen für Dodo-Punsch? Oder was wird das?

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