Markus Somm, Gastautor / 27.05.2018 / 06:25 / Foto: Pixabay / 37 / Seite ausdrucken

Tesla und die Journos: Rosenkrieg nach blinder Liebe

Wen die Götter lieben, der stirbt früh. In Abwandlung dieser Erkenntnis der alten Griechen könnte man heute sagen, wen die Medien lieben, den vernichten sie, sobald sich der Angebetete als Verlierer erweist: Elon Musk, der Kopf und Promotor des Tesla, jenes Wunderautos, das den Klimawandel zu bewältigen versprach, immer ein Liebling der Medien, erlebt dieser Tage, was es heißt, von diesen Medien fallen gelassen zu werden.

Seit die Produktion seines jüngsten Modells, des Tesla 3, ins Stocken geraten ist und unklar scheint, ob es Musk je gelingt, das Auto rechtzeitig auszuliefern, erfährt Musk eine ungnädige Presse. Es werden seine Zahlen infrage gestellt, man berichtet über miserable Arbeitsbedingungen in der Zukunftsfabrik, man entdeckt die Skepsis – nach Jahren der Verzückung. Hat der Tesla, ja hat das elektrische Auto überhaupt, Aussicht auf Erfolg?

So ungnädig wird über ihn geschrieben, dass Musk, das Genie der Ankündigung, die Nerven zu verlieren scheint. Verärgert über die vielen lausigen Journalisten, die sich erlauben, seine Arbeit in Zweifel zu ziehen, hat er am Mittwoch angekündigt, eine eigene Internetplattform zu schaffen, auf der das Publikum die Arbeit der Journalisten bewerten kann:

"Die selbstgerechte Scheinheiligkeit der grossen Medienunternehmen, die behaupten, im Besitz der Wahrheit zu sein, und dabei nur das publizieren, was ihre Lügen schönfärbt: Das ist der Grund, warum die Öffentlichkeit sie nicht mehr respektiert." 

Was wie Trump klingt, wird auch nach der Methode Trump verbreitet, nämlich per Twitter, und Musk beweist darüber hinaus den gleichen Sinn für bösartigen Humor, wenn er angibt, wie er seine neue Ratingagentur nennen will: Prawda – nach dem Vorbild des ehemaligen Zentralorgans der KPdSU, der sowjetischen Kommunisten. Kaum eine Zeitung gibt es, die so viele Jahre lang und so dick gelogen hat wie die Prawda. Das Lügenblatt soll die Lügenpresse kontrollieren.

Medien reagieren mit Wehleidigkeit und Arroganz 

Hat Musk den Verstand verloren? Wohl kaum – doch wie der amerikanische Präsident Donald Trump, den er übrigens, selber den Demokraten zuneigend, keineswegs schätzt, weiß Musk, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Prompt haben die Medien mit jener für sie mittlerweile so typischen Wehleidigkeit und Arroganz reagiert: Sie kochen, sie empören sich und zittern, sie weisen zurück, und Musk hat erreicht, woran ihm wohl am meisten lag. Musk ist im Gespräch. Am Ende zählt das mehr als nicht eingehaltene Lieferfristen und langweilige Zahlen, immerhin verdankt Musk seinem Talent für Public Relations, dass ihm Investoren alles zugetraut haben, als sie ihm ihre Millionen anvertrauten. Oder befindet sich Musk tatsächlich in der Krise?

Ohne Zweifel ist Musk eine schillernde Persönlichkeit. In Südafrika aufgewachsen, erst nach Kanada, dann in die USA eingewandert, ist er ein genialischer Unternehmer, der glänzende Erfolge vorweisen kann, aber auch Katastrophen; ein Maulheld und Prophet zugleich, ein Mann, dessen Ideen zwischen Wahnsinn und Erleuchtung schwanken, und den objektiv zu beurteilen die Wirtschaftshistoriker erst in hundert Jahren imstande sein dürften. In manchem gleicht er den Titanen des Kapitalismus, aber auch dessen Scharlatanen, er wirkt wie eine Kreuzung von Thomas Alva Edison und Daniel Düsentrieb – der eine hat die Glühbirne erfunden, der andere bewegt sich im Universum von Mickey Mouse.

Musk baut Raketen, Musk möchte eine Kolonie auf dem Mars etablieren, Musk hat eine Firma gegründet, die ganze Städte mit Tunneln versehen soll, um so den Verkehrsstau auf immer zu beseitigen, Musk hat den Tesla erst zu dem gemacht, was er derzeit noch ist: ein Kultobjekt unserer grün angehauchten Oberschicht, ein Gegenstand der Erlösung für die Eingeweihten, ein Luxusauto, das die Welt rettet.

Wäre es dabei geblieben, hätte Musk wohl weiterhin eine gute Presse erfahren. Vor allem wären seine Investoren nicht unruhig geworden, doch mit dem Tesla 3 wollte Musk das Unmögliche möglich machen, indem er ein Auto konzipierte, das nicht nur mit Strom fährt, elegant und modern aussieht, sondern es sollte ebenso preiswert sein. 38 000 Dollar und keinen Cent mehr, versprach er, sollte sein neuestes Elektroauto kosten – was womöglich ein Versprechen zu viel war. Seither breiten sich die Zweifel wie Heuschrecken aus. Immer mehr Leute, insbesondere Investoren, scheinen Musk, dem sie alles geglaubt haben, nichts mehr zu glauben. Musk, das Genie, oder Musk, der Quacksalber?

Opfer der Zeitenwende, die wir erleben?

Vielleicht ist Musk aber bloß ein Opfer der Zeitenwende, die wir erleben. Was sich seit der Wahl von Donald Trump eben auch offenbart hat: Manches, das unsere Eliten im Westen für selbstverständlich und „alternativlos" gehalten haben, ist das keinesfalls; so auch die Energiewende von Obama, Merkel & Co., auf die Musk so sehr gesetzt hat – sie stellt sich jetzt als umkehrbar heraus. Trump, der Zerstörer des Status quo, setzt wieder auf Atomenergie, Öl, Gas und Kohle, gewiss, auch auf die Erneuerbaren, sofern sie sich rechnen, vor allen Dingen ist er aber nicht bereit, mit Subventionen, Lenkungsabgaben oder Vorschriften gegen das herkömmliche Auto dem Elektroauto den Weg zu bahnen, wie das Obama noch im Sinn hatte, der glaubte, den technologischen Fortschritt von Staats wegen verordnen zu können.

Eben hat Trumps Regierung angekündigt, zusammen mit Kanada und Japan den Ausbau der Atomenergie weltweit zu forcieren, und die drei Länder haben zu diesem Zweck „NICE Future" ins Leben gerufen, eine Initiative, die, so teilte das amerikanische Department of Energy am Donnerstag in Washington mit, sich zum Ziel gesetzt hat, den „Wert der Kernenergie als saubere, verlässliche Energiequelle" zu propagieren. Beteiligt sind auch andere Länder wie Russland, Südafrika, Polen oder Argentinien. Doris Leuthard, unserer sehr flexiblen Energieministerin, ist zu raten, ihren unüberlegten Atomausstieg zu überdenken und die Schweiz diesem neuen Klub anzuschließen. Sicher wären wir willkommen. Doch bei allem Respekt für Leuthards beeindruckende Flexibilität: Ich mache mir keine Illusionen. Lieber wird Leuthard mit Merkel zu den letzten Gläubigen des Atomausstiegs gehören und gemeinsam im Dunkeln untergehen.

Musk selber war sich vermutlich immer bewusst, dass das Elektroauto der politischen Unterstützung bedarf. Auf dem freien Markt allein würde es kaum je konkurrenzfähig sein, bestimmt nicht auf dem Massenmarkt, was er mit dem Tesla 3 ja anstrebte, solange die Energiewende noch irreversibel schien. Eigentlich sollte der Benzinpreis dreimal so hoch sein, sagte Musk einmal, damit das Elektroauto sich bei den Konsumenten durchsetzen könnte – womit er eingestand, wo das zentrale Problem des Elektroautos liegt: Es ist und bleibt wohl zu teuer.

Größte Kopfschmerzen bereitet den Ingenieuren die Batterie. Sie ist extrem schwer, wiegt rund 600 Kilo, was im Vergleich zum Rest des Autos geradezu grotesk wirkt, und ihre Herstellung erweist sich als sehr aufwendig, sehr teuer und im Übrigen auch gefährlich, wenn nicht umweltschädlich. Insbesondere die Rohstoffe, die es dazu braucht, wie etwa Lithium und Kobalt, kommen selten vor, und die Vorräte liegen in Ländern, die zu den ärmsten und instabilsten der Welt zählen, wie etwa dem Kongo. Hier wird derzeit die Hälfte des weltweit wachsenden Bedarfs an Kobalt gewonnen, oft unter übelsten Arbeitsbedingungen, selbst Kinder kommen in den Minen zum Einsatz, wo sie von Hand die Rohstoffe aus dem Boden kratzen. Obwohl die Forscher und Ingenieure seit Jahrzehnten an einer besseren Batterie arbeiten, haben sie bisher keinen Durchbruch erzielt. Ob es je dazu kommt, ist offen.

Elektro-Optimismus ist 112 Jahre alt

1906 hiess es in einer Dissertation über die schweizerische Elektroindustrie:

„Vielversprechende Aussichten auf dem Gebiete des Transportwesens bietet ferner der Bau elektrischer Automobile und Omnibusse. Technische Unvollkommenheiten, wie zu kurze Entladungszeit der Akkumulatoren [Batterien] und zu großes Gewicht derselben, die häufigen Schwierigkeiten der Kraftbeschaffung [Aufladen der Batterie] und die hohen Fabrikatpreise sind es wohl, welche der Ausbreitung des elektrischen Automobils bisher noch hindernd im Wege standen."

Doch Julius Einhart, der Autor, war optimistisch, dass sich diese technischen Probleme bald lösen ließen. Aus Belgien wurden Innovationen gemeldet, schon waren dort Ladestationen an den Straßen entstanden, und in den USA hatte die Zukunft bereits begonnen, wie Einhart notierte: „Weit mehr als in Europa ist schon heute das elektrische Automobil in Amerika verbreitet." Das schrieb er vor 112 Jahren.

Ich habe nichts gegen das Elektroauto. Im Gegenteil, das kostbare Erdöl einfach zu verbrennen, schien mir schon immer eine Verschwendung zu sein, mit Erdöl lassen sich so viele klügere Dinge anstellen, Kunststoffe, Chemikalien, Düngemittel oder gar Medikamente, ganz abgesehen von der CO2-Belastung, die die etwas primitive Verwendung als Brennstoff bedeutet. Doch ebenso klar ist, dass sich nur ein Elektroauto als zukunftstauglich erweist, das billiger und leistungsfähiger ist als das alte Benzin- oder Dieselauto – und das für jedermann.

Nicht auf die Millionäre kommt es an, sondern auf die Millionen von einfachen Leuten. Besser, schneller, billiger: So, und nur so, haben sich neue Technologien je Bahn gebrochen, an diesem geradezu eisernen Gesetz der Wirtschaftsgeschichte kann keine staatliche Intervention, keine Steuer und keine Regulierung etwas ändern. Noch nie gelang es den Politikern, ein Produkt, das nichts taugte oder das zu teuer war, dem Konsumenten aufzudrängen – nicht einmal in Diktaturen. Auch wenn die Prawda das tapfer behauptete.

Daran sollte Elon Musk auch denken, wenn er jetzt eine neue Prawda gründet. 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Basler Zeitung

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

T. Johannson / 27.05.2018

Guten Morgen Herr Somm, es ist ein Irrtum zu glauben die sogenannten Erneuerbaren Energien bedürften der ewigen Subvention. Es ist gerade umgekehrt, dioe externalisierten Kosten von Kohle, Öl und Atom eingepreist und aus ist die Maus. Atomstrom ist auch jetzt schon garnicht mehr preiswert, siehe den letzten englischen Meiler; wenn ich mich recht erinnere brauchten die Betreiber die Zusage für 30 Jahre einen Preis von 12€ct pro KwH zu bekommen um mit dem Bau zu beginnen. Und die letzten Versteigerungen hier für Photovoltaik: Im Schnitt 4,8€ct.  Da können Sie ja noch wandlungsverluste von ca 60% hinzurechnen um Power to Gas oder ähnlichem hinzurechnen und der Atomstrom liegt immer noch weit weit hinten. Sie werden sehen, Atomstrom ist aus. Aber in der Tat hat Musk den Start des Modell 3 ziemlich versaut. Ich hab mir trotzdem einen bestellt, muß eben etwas länger warten. Und jetzt erst mal einen schönen Sonntag

Bernhard Freiling / 27.05.2018

Das Elektroauto hat den Kampf um die technische Führerschaft bereits vor 100 Jahren verloren. Der Elektroantrieb mit den heutigen Möglichkeiten ist sicher nicht in der Lage, unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu bestehen. Das geht nur per Ordre de Mufti und wird zur Folge haben, daß dort, wo die in die Realität umgesetzt wird, der Individualverkehr, wie wir in heute kennen,  zu Grabe getragen wird. Mag ja sein, daß irgendwann in der Zukunft der große Batterie- oder was auch immer-Durchbruch gelingt. Statt in der Zwischenzeit auf schadstoffarme Gasantriebe umzuschwenken, wird lieber weiter einem Hirngespinst gefrönt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Markus Somm, Gastautor / 03.02.2020 / 08:56 / 122

Singapur an der Themse - Morgendämmerung einer neuen Epoche

Woran manche nie geglaubt hatten, ist nun wahr geworden: Grossbritannien tritt aus der Europäischen Union aus, und es handelt sich wohl um das folgenreichste historische…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 13.01.2020 / 06:25 / 94

Trump hat alles richtig gemacht

Nachdem die Amerikaner General Qasem Soleimani, einen der höchsten Militärs des Iran, und dessen terroristische Helfershelfer in Bagdad getötet hatten, wurde da und dort bereits…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 06.11.2019 / 17:00 / 17

Ein Schweizer Blick auf blühende Landschaften

Vor einer Woche wurde in Thüringen, einem ostdeutschen Bundesland, der Landtag neu bestellt – und seither wartet man auf eine Regierung, weil die Bildung einer…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 12.03.2019 / 06:15 / 48

Die Besserwisser wissen nichts

In einer Studie hat der The Atlantic, eine berühmte, linksliberale Zeitschrift, versucht, das Ausmaß oder je nach Standpunkt: das Elend der politischen Polarisierung in den USA auszumessen. Dass dieses…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 05.11.2018 / 12:00 / 17

Bescheiden an der Macht kleben

Heute vor einer Woche hat Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, angekündigt, dass sie den Vorsitz ihrer Partei, der CDU, aufzugeben gedenke, wenige Stunden später standen drei…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 25.09.2018 / 06:20 / 59

Strafe Britannien, erziehe Resteuropa

Dass England das Land von Shakespeare ist, lässt sich vielleicht am besten erkennen, seit Großbritannien versucht, mit der EU den Brexit auszuhandeln, den Austritt aus…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 09.09.2018 / 11:00 / 42

Der letzte macht das Licht aus in der Villa Kunterbunt

Als ich ein Knabe war, in den damals endlos glücklich scheinenden 1970er-Jahren, gehörten die Pippi-Langstrumpf-Filme zu den Höhepunkten der Freizeitbeschäftigung in unserer Familie und Nachbarschaft.…/ mehr

Markus Somm, Gastautor / 27.08.2018 / 06:07 / 16

Die sieben Leben des Donald Trump

Ist das der Anfang vom Ende der Präsidentschaft von Donald Trump? Ohne Zweifel sieht es nicht gut aus. Seit letzte Woche sein einstiger Anwalt und Mann…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com