Peter Grimm / 23.04.2019 / 06:19 / Foto: Karel K. / 34 / Seite ausdrucken

Tausendjähriger Strom

Die Energiewende ist – daran soll es ja möglichst keinen Zweifel geben – eine gute Sache. Wir retten schließlich die Welt und das Klima, wenn wir hoffentlich bald unseren gesamten Strombedarf aus erneuerbarer Energieerzeugung decken. Dummerweise gibt es da immer wieder solche unschönen Zahlen, nach denen erhebliche Lücken in der Energieversorgung klaffen würden, wenn es die abzuschaltenden konventionellen Kraftwerke nicht gäbe. Auch das Problem der Energiespeicherung ist noch nicht gelöst.

Trotz aller schönen Worte à la „Wir schaffen das“ sorgen solche Zahlen dafür, dass Zweifel genährt werden, die den Glauben an das Gelingen der Energiewende und damit auch die Bereitschaft, dafür zu zahlen, schwinden lassen könnten. Wo schöne Worte nicht reichen, um gegen unschöne Zahlen zu bestehen, da müssen eben schönere Zahlen her. Und wenn es die nicht gibt, dann müssen sie halt schön erklärt werden. Die Welt berichtet über eine Berechnung, die das Publikum offenkundig beeindrucken soll:

„Der im vergangenen Vierteljahrhundert in Deutschland produzierte Strom aus erneuerbaren Energien reicht theoretisch aus, um die fünf größten Flughäfen 1000 Jahre lang zu versorgen. Wie der Energieanbieter Eon ausrechnete, wurden seit 1993 in Deutschland 2,3 Millionen Gigawattstunden grüner Strom aus Wasser-, Wind- und Sonnenenergie produziert. Das reiche aus, um die Flughäfen Frankfurt, München, Düsseldorf, Berlin und Hamburg rund 1000 Jahre lang mit Strom zu versorgen.“

Tausend Jahre! Welchen Deutschen überzeugt die Machbarkeit tausendjähriger erneuerbarer Stromversorgung nicht davon, nun bedingungslos auf den Strom aus Sonne, Wind und Wasser zu setzen? Wer in der Dimension von tausend Jahren denkt, beweist schließlich, dass es hier um etwas Großes geht. Und eigentlich sollte man solche Visionäre nicht mit den kleinlichen Fragen behelligen, die dem normalen Stromrechnungszahler in den Sinn kommen.

Glückwünsche zum „Tag der Erde“

Wenn die fünf größten Flughäfen mit dem Strom aus 25 Jahren für 1.000 Jahre versorgt werden könnten, wie lange könnte denn das gesamte Land mit dieser Strommenge auskommen? Neben den fünf Flughäfen gibt es ja noch ein paar andere Stromverbraucher im Lande. Die Antwort auf diese Frage scheut E.ON nicht, nur leider sieht die oben noch so gut klingende Rechnung dann schon gar nicht mehr so überzeugend aus:

„Den Berechnungen zufolge würde der seit 1993 produzierte grüne Strom auch reichen, um den gesamten bundesdeutschen Strombedarf für knapp vier Jahre zu decken – gemessen an dem Niveau von 2018.“

Vier Jahre reicht die Stromerzeugung aus 25 Jahren? Irgendwie reicht das ja doch nicht so ganz für all die Energiehungrigen im Lande. Zumal die Frage danach, wie man den Strom speichern und damit ansparen könnte, immer noch nicht beantwortet ist. Da klingt das Versprechen der tausendjährigen Stromversorgung für die Flughäfen schon irgendwie schöner. Das passt auch besser zu dem Anlass, zu dem diese schöne Rechnung vorgelegt wurde.

„Eon äußerte sich anlässlich des am kommenden Dienstag anstehenden Tags der Erde, einem weltweit begangenen Aktionstag zum Umweltschutz. Er entstand in den USA und wird seit Anfang der 90er Jahre auch in Deutschland begangen.“

Da bleibt einem nur noch, allen Energiebedürftigen und Stromrechnungszahlern einen schönen „Tag der Erde“ zu wünschen.

Dieser Text erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Martin Landvoigt / 23.04.2019

Angesichts der nicht-vorhandenen Speicher sind diese Desinformationskampagnen von E-ON erschüttend: Sie werden von Leuten produziert, die aus den Stormpreisen bezahlt werden. Früher glaubte man, dass die Industrie die Unternehmensinteressen vertreten würden. Heute bin ich davon nicht überzeugt. Es geht vielmehr darum, eine absurde Politik zu unterstützen. Ohne auch noch so optimistische Aussicht, die fluktuierende Stromproduktion kostengünstig an den Bedarf anpassen zu können kann die Energiewende nicht funktionieren. Das sollte selbst jedem einfach gestrickten Menschen völlig klar sein.

Hans-Peter Dollhopf / 23.04.2019

Die LINKE ist als die “Partei der Nachfolge” ein Anachronismus aus sich selbst heraus. Eine ruinöse Beton-Ideologie, deren Eigentümer keinen Abriss zulassen. An der trostlosen Fassade vergilben Wahlplakate, auf denen man noch die K(l)assenschlager von vorgestern entziffern kann. Mehr Geld für Bildung Bus & Bahn. Mehr Geld für Bildung. Schulweg kostenfrei ... sind die aktuellen Linke-Sprüche zur EU- und lokalen Gemeinderatswahl am 26. Mai! Mehr Geld für Bildung, während regelmäßig nun 20 Prozent des Schulunterrichts pro Woche bestreikt werden? Wie wäre es denn einmal mit 20 Prozent an nicht nachgefragten Bildungsausgaben einbehalten und damit den NATO-Verteidigungsbeitrag auf 2 Prozent erhöhen? Natürlich könnte die Linke auch fordern, alle Lehrplan so anzupassen, dass all das benötigte mathematische, physikalische, biologische,wirtschaftliche und soziale Bildungswissen, das sich echte Zupacker und Macher einer realen und erfolgreichen Veränderung aneignen müssten, nur noch an Freitagen gepaukt wird (copyright). Statt angstvolles Hüpfen mit Greta. Und durchdachter als das hirnlose Lob von Merkel, Steinmeier & Gestesverkrankte für die Schwänzer.

Gerd Müller / 23.04.2019

Mein Stromanbieter fordert ab dem 1.7.2019 einen Arbeitspreis von 31 ct/KWh!!. Ich habe zwar schon einen Wechsel eingeleitet, aber es dauert wohl nicht lange bis alle Anderen nachziehen.

Rolf Lindner / 23.04.2019

Klingt wie die deutsche Frontberichterstattung am Ende des zweiten Weltkrieges. Es geht also auf die bedingungslose Kapitulation vor den Mächten der Physik, Chemie und Meteorologie zu. Danach kann man ja die Ruinen beseitigen und für eine Weile etwas Vernünftiges machen. Wir Deutschen schaffen das, weil darin Übung haben. Ist eine hervorragende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ein paar inzwischen Zugereiste ausgenommen haben wir dann wieder 0 % Arbeitslosigkeit.

Peter Wachter / 23.04.2019

Für den BER würds sogar für TB, TW oder wars Th reichen, muss noch mal das Annalenchen fragen.

Klaus Böhme / 23.04.2019

Die irgendwann generierte Energie (GWh)  ist für die Stromversorgung völlig irrelevant, wenn sie nicht auf die (weniger als) Sekunde genau dann erzeugt wird wenn sie gebraucht wird. Was einzig und allein zählt ist die Kraftwerksleistung (GW) die zu jedem Zeitpunkt (Sekunde) dem Verbrauch (Last) entsprechen muss. Sonst ändert sich die Netzfrequenz was zum Blackout führt. Wie oft also der Flugbetrieb der genannten Flughäfen hätte eingestellt werden müssen, und zwar wegen Unterversorgung mit elektrischer Leistung, sagt Eon nicht. Hier noch mal für das Marketing von Eon: Energie ist gleich Leistung mal Zeit. Aber die Kollegen in der Schaltwarte bei Eon hatte wohl niemand gefragt,

Bernd Ufen / 23.04.2019

Da hat Eon aber ganz listig verschwiegen, dass es sich hier um (kumulierbare) Energie handelt, nicht um Leistung, dann würde es anders aussehen. Wahrscheinlich ist man bei Eon und der “Welt” der Ansicht, dass der Leser den Unterschied ohnehin nicht kennt. Deutsche Professoren und Energiesachverständige, z. B. Frau Kemfert, wissen das schließlich auch nicht, wie sie in Interviews immer wieder bestätigen. Erstaunlich, dass deren Vorgesetzte das so durchgehen lassen.  Aber wenn die Ideologie stimmt, darf man ja in diesem Land der Dichter und Denker jeden Unfug behaupten, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Gottfried Meier / 23.04.2019

Der Alkohol, den ich in meinem Leben getrunken habe, würde fünf Fliegen eine Million Jahre betrunken machen.

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