Gastautor / 18.03.2012 / 10:59 / 0 / Seite ausdrucken

Tattoo der Herrschaft

Rolf Menrath

Wer, aus welchem Grund auch immer, Münzen sammelt mit dem Schwerpunkt Orient, wird schnell feststellen, dass dieses Thema bei eBay USA im Bereich Mittelalter angesiedelt ist. Die einzige Dynastie, die sich jemals länger gehalten hat im islamischen Raum, ist die Osmanische. Deren Imperium wurde zusammengehalten durch äußerste Strenge im Inneren und ständige Expansion nach außen, ein immerwährendes Vordringen und Ausplündern der besetzten Gebiete, Überfälle, Vertragsbrüche und der Verheißung von Terror bei Unbotmäßigkeit. Als es schließlich nicht mehr möglich war, genügend Sklaven, Silber und Gold zu erbeuten, ging das Reich unter, pleite.

Weltliche und geistige Führer dieser Imperialisten waren die Sultane,  Nachfolger von Osman I. Ihre Beinamen sind bezeichnend, “der Eroberer”, “der Betrunkene”, “der Verrückte”. Das Zeichen ihrer Herrschaft, in ganz Europa, auf dem indischen Subkontinent und in Arabien verhasst, ist die Tugra, ihr Namenszug in arabischer Kalligraphie. Sieht hübsch aus, lässt an tausendundeine Nacht denken, Istanbul bei Nacht und gibt es als Folienaufkleber bei eBay, als Uhr, als Wandtattoo, als Schlüsselanhänger.

In letzter Zeit sehe ich immer mehr Autos mit diesem Symbol auf der Heckscheibe, durchaus keine Kleinwagen und frage mich: was soll das? Warum gondelt jemand mit der Marke eines imperialistischen Raubstaates (man google Knabenraub, islamischer Sklavenhandel, Piraterie) durch meine friedlichen Gefilde? Unter diesem Zeichen wurden die Armenier ermordet, Generationen von Grenzbewohnern drangsaliert, “Ungläubige” zwangsbesteuert und jetzt fährt irgendsoein Heini damit spazieren?

Wer gegen rechts ist, gegen die Unterdrückung von Minderheiten und Frauen, gegen Körperstrafen und Willkür, der sollte spätestens im nächsten Stau hupen, wenn ein Anhänger der Reaktion vor ihm steht, mit dem Abzeichen eines menschenverachtenden Systems auf der Heckscheibe.

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