Lieber Herr Wegner ” Talkshows verhalten sich zu Debatte wie Pornographie zu Liebe. ” Ich glaube, dass dieser Satz alleine die Sache auf den Punkt bringt. Im Übrigen sind Ihre Ausführungen sehr differenziert und basieren auf sehr tiefen Erkenntnissen. Eindrücklich mal auf solche Weise eine tolle Information zu bekommen. Ich gehe mit Ihren Ausführungen völlig einig und danke Ihnen für die tiefgründige “Verpackung” dieser Fakten. b.schaller
Ein guter und nachdenklicher Text, der Grundsätzliches adressiert ... und bei sich selbst anfängt. Aber es gibt dennoch ein Problem. Denken wir an das Sprichwort: ‘Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.’ Will sagen, selbst wenn eine Seite bereit ist, wirklich zuzuhören, wird das noch nicht zum Erfolg führen. Denn es könnte von der Gegenseite als Schwäche verstanden werden. Aber auch dieses Argument kann keine Rechtfertigung sein, nicht selbst mit dem Zuhören anzufangen. Aber der Buchtipp ‘Mit Rechten reden: Ein Leitfaden’ verheißt nichts Gutes. In den Rezensionen steht z.B. bei der FAZ: ‘In einem fast schon heiteren Ton signalisieren sie, wie wenig sie selbst mit der hilflosen Entrüstung zu tun haben wollen, mit der große Teile der Öffentlichkeit artig das Geschäft der Provokateure betreiben.’ Klartext: Das Urteil ist gesprochen, der Meinungsgegner hat nichts zu sagen und es geht nur darum, jene auszugrenzen. Die Gräben werden noch ein wenig tiefer ausgehoben. Auch wenn die Neue Züricher Zeitung den Aufruf zu einer echten Debattenkultur sieht, schreibt die Junge Welt: ‘»mit Rechten reden« und zeigt sehr gut, dass die Rechten außer dunkel dräuenden Gefühlen nicht viel zu bieten haben, aber das immer erfolgreicher.’ Die Zielgruppe scheint damit klar umrissen: Es adressiert die Guten, die sich ihrer korrekten Position der Ausgrenzung versichern wollen. Herr Wegner: Gegen einen derartigen Mainstream anzuschreiben gleicht eine Don Quixoterie.
Meiner Meinung nach: Der umfallende Baum, den niemand hört, erzeugt kein Geräusch, sondern nur eine (Schall-)Druckwelle, die sich in dem ihn umgebenden Medium ausbreitet.
Haben nicht viele von uns Achselesern in den letzten 2-3 Jahren erlebt wie es ist, wenn man in einer Diskussion mit sachlichen Argumenten nicht weiterkommt. Wie es ist, wenn die anderen Gesprächsteilnehmer plötzlich emotional, laut werden, gar nicht mehr zuhören. Wenn sie sich nur noch mit Phrasen über die Zeit retten wollen, Dinge wiederholen, die man gestern noch in den Tagesthemen vorgesagt bekommen hatte. So läuft es wohl sehr oft ab, Irgendwann hört man dann auf, das Gespräch überhaupt noch zu suchen. Im Gegenteil, man vermeidet es. Wenn Diskussion gar nicht erwünscht ist, ist auch das Denken nicht erwünscht. So bleiben uns zum Glück Orte wie etwa die Achse, wo das Denken noch erlaubt bleibt.
„Versetz dich doch mal in meine Lage!“—Anstelle dieser Aufforderung stelle ich meinem Diskussionspartner stets diese Frage: Was ist denn deine Erwartung in einem Best-Case-Scenario die Entwicklung unserer Gesellschaft betreffend? Laufe nicht in meinen Schuhen, sondern in deinen (!) - und dann überprüfe ehrlich, ob sie geeignet oder nutzlos sind.
“Was ist dir wichtig?” Lieber Herr Wegner, das ist in der Tat eine Frage, die heutzutage jeder Bürger intensiv erforschen sollte. Ich wuchs in einem Umfeld auf, in dem man auf dem Mainstream bequem und sicher mitsegeln konnte. Geändert hat sich das durch das glasklare und neutrale Hinterfragen gewisser eingeschliffener Denkrichtungen seitens meines australischen Mannes. Es ist ein Segen, einen Gesprächspartner außerhalb der eigenen Denkblase zu haben und kritiklos übernommenen Standpunkte dadurch erneut auf den Prüfstand stellen zu müssen. Wenn man dieses Privileg nicht hat, kann man zumindest eine große Bandbreite an Meinungen (v.a. auch internationale) im Internet lesen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass ich mir fremde Standpunkte garnicht erst las, sondern gleich mit vorgefertigten fremdübernommenen Gegenargumenten abschmetterte. Inzwischen lese ich alles, auch noch so fremdes, denke darüber nach und diskutiere es mit meinem Mann.
Sehr geehrter Herr Wegner, zuallererst vielen Dank für diesen erneut gelungenen Text ! Auch bei mir hat die zunehmende verbale und strukturelle Gewalt in Talk-shows in den letzten Jahren eine fast schon körperlich fühlbare Abwehrreaktion hervorgerufen, so sehr überkommt mich Abscheu bei der zufälligen Angesichtigkeit von Will, Maischberger, Lanz und Konsorten beim abendlichen Zappen. Noch wesentlich tragischer wird der Verfall der Kommunikationskultur allerdings im Bundestag deutlich, wenn Mitglieder “der anderen Partei” am Rednerpult stehen und die Adressierten sich demonstrativ mit ihrem Smartphone, ihrem Sitznachbar oder sonstwas beschäftigen, oder wie (letztens beim Auftritt ihres erklärten Erzfeindes Gauland) unsere Bundeskanzlerin einfach mal den Saal verlässt ! Es ist schon müßig, hier nur das Fehlen von Kinderstube und Respekt für das Gegenüber anzumerken, es ist vielmehr die Ahnung, daß das tägliche politische Geschäft im Verborgenen auf der Grundlage ebensolcher schreiender Ignoranz und Respektlosigkeit fußt, die Angst macht!
Sehr wahr! Aber angesichts der völlig empathielosen Führungscliquen in Politik und Medien so folgenlos wie das von niemandem gehörte Geräusch des umfallenden Baums im Wald.
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