Henryk M. Broder / 14.12.2019 / 09:00 / Foto: Bundesarchiv / 134 / Seite ausdrucken

Tagesthemen gönnen Johnson den Sieg nicht

Der Boden der deutschen Geschichte reicht bis nach England, das letzte Zeichen der Verbundenheit waren die V2-Raketen, die auf London niedergingen. Wenn die Briten zur Wahl gehen, können die deutschen Kommentatoren nicht einfach abseits stehen und abwarten, wie die Abstimmung ausgeht. Das käme einer Verletzung der historisch bedingten Fürsorgepflicht gegenüber den Insulanern gleich. So haben bis zum letzten Moment die Vertreter der meinungsführeden Medien, ARD und ZDF vorneweg, allen Umfragen zum Trotz gehofft, dass Johnson die Wahlen verlieren würde, kurz vor dem Abpfiff verbreiteten sie noch die frohe Kunde, Labour habe "aufgeholt". 

Als es dann doch anders kam und die Konservativen turmhoch gewonnen hatten, war die Nachrichtenlage eine andere, aber der Modus derselbe geblieben. Ja, Johnson habe eine Schlacht gewonnen, aber den Krieg könnte er immer noch verlieren, also etwa so, wie das deutsche Heer die Schlacht von Langemarck im WK I "gewonnen" hatte.

Prototypisch war der Kommentar von Andreas Cichowicz vom NDR. Johnson habe nun „keine Gegner mehr – außer sich selbst". Der Brite habe getrickst, gedroht und gelogen – "oft schamlos". Es bestehe die Gefahr, dass er "die demokratischen Institutionen und den Anstand weiter aushöhlt und sich Erfolg mit sozialen Wohltaten erkauft", was in Deutschland nicht passieren könnte, wo allenfalls verschämt gelogen wird und keine Partei je versucht hat, sich den Erfolg mit sozialen Wohltaten zu erkaufen. Never ever!

Wie es weiter geht, kann auch Andreas Cichowicz nicht wissen, denn die Zukunft zeichnet sich dadurch aus, dass sie "eine ungewisse" ist. Das ist gut beobachtet und nüchtern auf den Punkt gebracht. Sollte Schottland aus dem Vereinigten Königreich austreten, "ginge Johnson nicht als triumphaler Sieger in die Geschichtsbücher ein, sondern als derjenige, der dafür gesorgt hat, dass Großbritannien auseinanderbricht". 

Das ist mehr als ein feuchter Traum, es ist die Vorfreude auf den Untergang des perfiden Albion. Johnson ist vorgewarnt. Bevor er das nächste Abenteuer plant, sollte er bei Andreas Cichowicz nachfragen, wie weit er gehen darf.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop vorbestellt werden. Die zweite Auflage ist ab dem 18. Dezember lieferbar.

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Leserpost

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Georg Dobler / 14.12.2019

Wer schaut diesen Schrott noch an? Ich begreife es nicht. Angeblich die Ü60-er, ich bin ein solcher. Wie eine Leserin weiter unten schon schrieb, auf hallo-meinung.de / Gebührenaktion gibt es ein Interview mit Herrn Steinhöfel, Tips und Formulare wie man diesem Laden legal Sand ins Getriebe streuen kann.

Ulrich Schily / 14.12.2019

Soeben habe ich schon geschrieben, dass ein eigenständiges Schottland kein Verlust ist, sondern eher der zweite “Anschlag” auf das so hoheitliche EU Europa. Liechtenstein hat das Recht auf Sezession, England kann es ausprobieren, dann gibt es auch dafür ein Beispiel. Moderne Staaten benötigen heute nicht mehr viel viel Land, nein sie müssen selbstbewusst und klar und rational geführt sein. GB hat ja auch beim Fussball schon einen Vorteil, es spielt England, Schottland, Wales und Irland unabhängig voneinander mit. Das wäre doch auch praktisch, wenn Bayern und Sachsen ... selbständig mitmachen können. Übergeordneten Handel, Fernstraßen und sonstiges kann jeder selber aushandeln.

Thomas Schmidt / 14.12.2019

Der Albion hat mit Brandbomben auf deutsche Zivilisten veritable Kriegsverbrechen mit 500000 Toten begangen, und ihr Held Churchill ist damit wohl einer der größten Kindermörder aller Zeiten. Weder von Engländern noch von Franzosen haben die Deutschen je Gutes zu erwarten. Alles Andere ist nur alliierte Kriegspropaganda.

Cornelia Buchta / 14.12.2019

Im SWR war zu lesen: “Johnson hat nur durch das Mehrheitswahlrecht in GB gewonnen.” Tja, hätten die Briten mal das richtige Wahlsystem gehabt, dann wäre alles anderes (=richtig) verlaufen. Ich finde diese Art der Kommentierung arrogant und peinlich.

Burkhard Mundt / 14.12.2019

Was maßen sich diese Personen an? Boris Johnson ist kein Hampelmann, sondern hochintelligent und Absolvent einer Eliteschule. Er war Bürgermeister von London und ist Premierminister von GB. Was haben dieser Chichowitz oder ein Kleber oder eine Slomka vorzuweisen? Allesamt arrogante Luschen. Ich freu’ mich für Herrn Johnson und die Briten.

Sabine Schönfelder / 14.12.2019

Ullrich@Nebenhoffer, auch eine Kommentierung kann sachlich vorgetragen werden, insbesondere dann, wenn man DER Fraktion angehört, die sich über angebliche Haß-Mails (jedes Andersdenkers) so echauffiert, daß man strafrechtliche Konsequenzen in Erwägung zieht. Wer Johnson gegen die andauernden unsachlichen Attacken verteidigt ist von einer Huldigung weit entfernt, ebenso jener, der beobachtet, wie sich die journalistische Botschaft ausschließlich nach den eigenen ideologischen Wunschvorstellungen ausrichtet und man nicht ohne Genugtuung registriert, daß das Gegenteil der Staatsfunk-Prognosen eintrifft. Johnson hat nie ein Wunder versprochen (belehren Sie mich eines Besseren), Untergangs-und Katastrophenszenarien kamen, wie gewohnt, ausschließlich seitens der Brexitgegner.

Max Wedell / 14.12.2019

Ist das alles nicht irgendwie auch verständlich? Wie würden Sie denn reagieren, Herr Broder, wenn eine Dame Ihrer Bekannschaft Ihr Angebot einer Liebesheirat schnöde ablehnen würde? Wären Sie dann nicht auch wenigstens ein ganz kleines bischen gekränkt? Da muß doch ganz sicher jemand die Dame bzgl. Ihre Qualitäten “schamlos belogen” haben! Anderes zu denken könnte einfach zu schmerzhaft werden.

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