Tagesschau-Theologie mit Ayatollah Khamenei

In einem Tagesschau-Porträt wird der Oberste Führer des Irans als Theologe dargestellt, dessen einziger Wunsch ist, sein Lebenswerk zu retten, der jedoch gegen seine Überzeugung zu den Waffen greifen muss.

Wenige Tage vor dessen 85. Geburtstag am 19. April hat sich Ulrich Pick vom SWR auf tagesschau.de in die Seele von Ayatollah Ali Khamenei versetzt. Herausgekommen ist einfühlsamer Kitsch, ein Porträt, das diesen Schlächter verharmlost und ihn auf ein Podest stellt: „Analyse: Das Dilemma des Ayatollah Khamenei.“ Zu dessen Beschreibung benutzt der Journalist zahlreiche Hochwertwörter, die beim Leser positive Konnotationen wachrufen: „Theologe“, „Lebenswerk“ (zweimal erwähnt), „Rettung“, „in guten Händen“, „Wunsch“, „nicht einmischen“, „wieder Ruhe finden“.

Man stelle sich vor, jemand würde einen Beitrag mit dem Titel „Das Dilemma des Benito Mussolini“ verfassen, in dem davon die Rede ist, dass der „Journalist Mussolini“ sich nichts sehnlicher gewünscht habe, als „dass sein Lebenswerk – der Faschismus – in guten Händen ist, wenn er stirbt“. Dieses „Lebenswerk“ habe Mussolini „gefährdet“ gesehen und erkennen müssen, dass sein „Wunsch“ vielleicht nicht in „Erfüllung“ gehen werde. Er habe sich unter „Zugzwang“ gesehen, „gezwungen, doch zu den Waffen zu greifen – quasi gegen seine eigenen Bestrebungen“.

So schreibt der Autor des öffentlich finanzierten deutschen Rundfunks über den Schlächter Khamenei: „Ayatollah Ali Khamenei ist seit fast 35 Jahren im Amt. Der iranische Theologe ist 84 Jahre alt, gilt als gesundheitlich angeschlagen und möchte, dass sein Lebenswerk – die Islamische Republik – in guten Händen ist, wenn er stirbt.“ Ein Theologe also ist Ali Khamenei, sonst nichts. Und der einzige Todesfall, an den Ulrich Pick bei der Erwähnung Khameneis denkt, ist dessen eigener Tod. Starb sonst niemand? 

„Ob der Wunsch des sogenannten Revolutionsführers in Erfüllung gehen wird, ist alles andere als sicher. Denn spätestens seit dem Herbst 2022, als die schweren landesweiten Proteste infolge des Todes der Kurdin Mahsa Amini begannen, ist unübersehbar, dass die Mächtigen in Teheran mit Gewalt gegen die Mehrheit der eigenen Bevölkerung regieren, die sich ein Ende der Islamischen Republik herbeisehnt.“ Von den Massenprotesten gegen das Regime 2009 und 2019 hat Pick nichts mitbekommen; 43 Jahre lang scheinen die Mullahs in völligem Einklang mit der Mehrheit der Bevölkerung gehandelt zu haben. „Diese innenpolitische Stimmung“ dürfte „ein wichtiger Grund sein“, so Pick, „warum sich Teheran bislang nicht in die Kampfhandlungen des Nahostkriegs einmischte.“

Israel ist schuld

Mit Terrorangriffen der Hamas, der Hisbollah, der schiitischen Milizen im Irak und der Huthi im Jemen auf Israel hat Khamenei scheinbar nichts zu tun. Er kennt diese Leute gar nicht. „Denn ein Waffengang – das weiß auch Ayatollah Khamenei – dürfte keine Zustimmung in der iranischen Bevölkerung finden und würde zudem die Islamische Republik von innen destabilisieren.“ Weiß doch schließlich jeder, dass die Stabilität der Islamischen Republik maßgeblich auf ihrer hohen Beliebtheit in der Bevölkerung fußt.

„Mit dem 1. April und dem gezielten Angriff Israels auf die iranische Botschaft in Damaskus aber geriet Teheran unter Zugzwang.“ Nur weil Israel ihm keine andere Wahl gelassen habe, „sah sich Ayatollah Khamenei gezwungen, doch zu den Waffen zu greifen, quasi gegen seine eigenen Bestrebungen“. Der pazifistische Ayatollah konnte nun nicht mehr anders – Die Gewehre der Frau Carrar in Teheran. „Der Angriff Irans auf Israel“ sei auch „nicht aus voller Überzeugung Khameneis geschehen“. Halb zog sie ihn, halb sank er hin. Wer hätte nicht auch schon einmal ein Land mit 350 Drohnen und Raketen bombardiert, die 60 Tonnen Sprengstoff trugen, obwohl er das eigentlich gar nicht wollte? Das kann doch jedem einmal passieren. 

Der alte Herr wurde also von Israel so lange gepiesackt, bis es ihm zu bunt wurde. Es kann der frömmste Ayatollah nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Netanjahu nicht gefällt: „Wie schon nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober dürfte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dabei argumentieren, dass sein Land angegriffen worden sei und das Recht habe, sich zu verteidigen. … Seit Langem argumentiert Israel bereits, sein Ziel sei nicht die Zerstörung des Irans, sondern das Ende der Islamischen Republik – womit man sich neben die Mehrheit der iranischen Bevölkerung zu stellen versucht. Für Ayatollah Khamenei und sein Lebenswerk ist das mehr als eine Herausforderung.“

Wovon man nichts erfährt

Dass Israel angegriffen wurde, sei keine Tatsache, sondern ein ›Argument‹ des jüdischen Winkeladvokaten. Khameneis Lebenswerk ist jetzt herausgefordert. Nun, worin besteht denn eigentlich dieses Lebenswerk? Als einstiger Weggefährte und späterer Nachfolger von Ayatollah Khomeini hat Khamenei seit 1979 jedes Verbrechen der Islamischen Republik Iran befohlen oder mitgetragen und mitzuverantworten, darunter 

  • die Massenverhaftungen und -Hinrichtungen in den frühen Tagen der Revolution,
  • Hunderttausende Kinder, die in Minenfelder geschickt wurden,
  • die Verhaftungen, Folterungen und Hinrichtungen als Mittel zur Unterdrückung der Bevölkerung,
  • die befohlene Vergewaltigung von weiblichen Gefangenen,
  • die Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien bei der Niederschlagung der Proteste 2011 mit der Folge des Bürgerkriegs mit rund 600.000 Toten,
  • der Terror gegen Israel und jüdische Einrichtungen in aller Welt,
  • die gewaltsame Errichtung von Handlangerregimes wie im Libanon und im Jemen,
  • der Aufruf zum Mord an dem Schriftsteller Salman Rushdie und die Einschüchterung von im Ausland lebenden Iranern.

Von alldem erfährt man in Picks Porträt nichts. Der Oberste Führer des Irans wird vorgestellt als ein ruhebedürftiger, alter, kranker Mann, der sein „Lebenswerk“ in Gefahr sieht, den Frieden herbeiwünscht, aber leider gegen seinen Willen Krieg führen muss; der skizziert wird als tragischer Held, der, wie es solchen oft widerfährt, in einem „Dilemma“ steckt. Eigentlich, suggeriert uns der ARD-Journalist, müsse man mit dem Despoten Ayatollah Khamenei sogar Mitleid haben.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012).

Foto: Montage Achgut.com/Imago/سایت رهبری  CC0 via Wikimedia Commons

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Rolf Mainz / 23.04.2024

Wes Geistes Kind der werte Herr Pick ist, bekennt er selbst, indem er kürzlich die Aufmärsche im Gefolge des “Correctiv”-Beitrags wie folgt kommentiert: “Um es gleich vorwegzusagen: Dass in diesen Tagen tausende Menschen auf die Straße gehen und öffentlich gegen die wachsende Radikalisierung der AfD und sogenannte Remigrationspläne demonstrieren, finde ich gut. Denn diese Ideen ähneln auf verhängnisvolle Weise dem “Madagaskar Plan” der Nazis, mit dem diese in den 30er Jahren rund vier Millionen Juden nach Afrika deportieren wollten.” Quelle: www.swr.de

Markus Weber / 23.04.2024

Klar! Mal eben so. Und auch keinesfalls in böser Absicht. Auf groben Klotz ein grober Keil. Vielleicht wär’s angemessener gewesen, wenn die IDF mit einem ihrer nagelneuen F-35 Superteile einen nuklearen Sprengsatz (haben die sowas oder haben das nur die Gegner - jetzt - dann - gleich - bald - in Planung?) in den iranischen Luftraum verbracht und dort zwecks NEMP seine Wirkung entfalten lassen hätten. Ich meine, wer sollte sie abhalten? Und war das nicht immer schon ein fliessender Übergang zwischen ganz normaler Chuzpe, einer gewissen Unverfrorenheit und letztlich der Masslosigkeit, jeden erlittenen Schaden immer mindestens zehn-, lieber hundertfach heimzuzahlen? Grenzen gibt es ja auch zwischen “River and Sea” keine. Also, was soll’s? Und was auch sein kann: dass Pepe Escobar ein alter Scharlatan ist und Verschwöriungserzählungen anhängt. Schande über ihn! Sowas aber auch! Aber da kenn’ ich noch den anderen Verschwörungstheoretiker, Kevin Barrett. Auf ihn geht die Wortschöpfung, bzw. das Akronym “PTSD” zurück: “Pre-Traumatic-Stress Disorder”. Schade, dass das nur eine Worterfindung ist. Sie würde sonst einiges erklären.

Irene Luh / 23.04.2024

Der “Oberste Führer des Iran”, Anführer des schiitischen Islams, wartet auf die erneute Wiederkehr, auf das erneute Erscheinen, eines im 13 (?) Jahrhundert “entschwundenen” Muslims, als Mahdi bezeichnet, Seine “Wiederankunft” soll der Startschuss für die aktive Tötung, Ermordung aller Juden weltweit sein. Nicht nur in Israel, sondern auf der ganzen Welt. Das ist der geistige Antrieb, das ganze Wollen, dieses abscheulichen Menschen. Diesem Ziel widmet er all seine Handlungen, all sein Tun. Darin sieht er seinen ganzen Lebenssinn. Er und all seine Mittäter. Und es gibt auf dieser Erde niemanden, der sie davon abbringen wird.

Lothar Jöckel / 23.04.2024

So eine Story bei den Öffentlich-Rechtlichen zu hören und zu sehen und ja nicht so verwunderlich. Verwunderlich währe es, wenn eine solche Story nicht dort erscheinen würde. Man muss sich diesen Sche..ß ja nicht unbedingt ansehen. Das wirklich Schlimme daran ist, daß man diesen Mist, diese Ajatollah-Propaganda durch seine Zwangsgebühren (GEZ) finanzieren muß. Hat der Herr Bundespräsident schon zum “gelungenen Beitrag” gratuliert?

Thomas Szabó / 23.04.2024

Hat der Allah-tolle Ayatollah schon das Bundesverdienstkreuz?

S. Malm / 23.04.2024

Die Tagesschau ist einfach nur noch widerlich. Da kann mir der Haltungszwang den Buckel runterrutschen. Widerlich!

K.Schönfeld / 23.04.2024

So was wäre vielleicht Sudel Ede Schnitzler zu primitiv gewesen.

Schmitt, Martin / 23.04.2024

Dieses Land schon lange am Ende - es ist eigentlich nichts ungewöhnliches mehr daße hier ein Ayatollah Khamenei verherrlicht (oder auch verharmlost) wird. Der deutsche Sozialist (egal ob rot, schwarz, gelb oder grün) liebt den starken Islam und ist voller Eifer und Freude ihm Untertan.

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