Thilo Spahl, Gastautor / 03.09.2022 / 14:00 / Foto: Imago / 71 / Seite ausdrucken

Superdürre – Gute Ernte

Im neuen Erntebericht ist viel von der Klimakrise die Rede. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

Im Newsletter „Bundesregierung aktuell“ vom 26. August finden wir den Beitrag „Gute Ernte, schlechte Ernte“. Er behandelt den Erntebericht 2022 und beginnt mit den Worten „Der Klimawandel macht sich auch in diesem Erntejahr bemerkbar. Einige Pflanzen profitieren davon, andere dagegen leiden.“ Hat da ein Redakteur nicht aufgepasst? Hätte es nicht zum Beispiel heißen müssen: „Die Folgen der Klimakrise stellen die deutsche Landwirtschaft zunehmend vor ungeahnte Schwierigkeiten“?

Nun ja, immerhin verweist der Artikel ja dann für weitere Informationen auf die Pressemitteilung des Landwirtschaftsministeriums, und da finden wir ihn dann, den korrekten ersten Satz, mit der „Klimakrise“ und den „ungeahnten Herausforderungen“. Weiter geht es etwas kryptisch: „Regional heftige Regenfälle im Jahr 2021 und in diesem Jahr große Hitze sowie extreme Trockenheit und gelegentlich plötzliche Unwetter – all das hat die Bäuerinnen und Bauern von Region zu Region sehr unterschiedlich beschäftigt.“ Na ja, man kennt das von den Bauern aller Geschlechter, dass sie immer irgendwie beschäftigt sind. Es gibt jede Menge zu tun in der Landwirtschaft. Und für das Wetter hat er sich eigentlich auch schon immer interessiert, der Bauer jedweden Geschlechts. Ich habe also noch nichts gelernt und muss weiterlesen.

Wie hart hat die schlimmste Dürre seit 500 Jahren die Bauern in Deutschland getroffen? Ist die Ernte ganz ausgefallen? Oder konnte noch etwas gerettet werden?

Hören wir zunächst das Fazit von Bundesminister Özdemir: „Die Folgen der Klimakrise lassen sich inzwischen auf unseren Äckern und Weiden ablesen. Unser Erntebericht wird immer mehr zum Zeugnis der Klimakrise: Fast überall wurde dieses Jahr früher gedroschen, gerodet oder gepflückt. Was die Erträge angeht, sehen wir Licht und Schatten. Während für einige Regionen oder für bestimmte Kulturen gute Erträge gemeldet wurden, mussten Betriebe anderswo teils herbe Einbußen in Kauf nehmen.“ Die diesjährige Klimakrise führte also dazu, dass es in manchen Gegenden gute Erträge gab und in anderen nicht so gute. Das war früher natürlich ganz anders.

„Licht und Schatten: Ernte im Zeichen der Klimakrise“

Ich öffne in Erwartung eines spröden Zahlenwerks den eigentlichen Erntebericht und muss feststellen, dass hier der richtige Katastrophenspirit nicht weniger deutlich zum Ausdruck kommt als in den Zitaten des grünen Ministers himself. Während auf dem Deckblatt noch schlicht steht „Erntebericht 2022. Mengen und Preise“, ist Seite eins schon wieder mit „Licht und Schatten: Ernte im Zeichen der Klimakrise“ überschrieben. Die Rede ist von „schweißtreibenden Bedingungen“, von Wintergetreide und Raps, die „Hitze und Trockenheit im Frühsommer trotzen“ konnten, von „Veränderungen“, die „regelrecht mit den Händen zu greifen“ seien, von „Wald- und Feldbränden“, die „Schlagzeilen“ machten, von „schier endlosen Hitzeperioden“ und dann einem „schlagartigen Wetterumschwung“, von einem „Alarmzustand“, von „Treibhausgasemissionen, die die Klimakrise befeuern“, und natürlich alle paar Meter von der „Klimakrise“ (die „nicht an Ländergrenzen haltmacht“).

Aber – so heißt es am Ende der Einleitung – es gelte auch positive Entwicklungen hervorzuheben: „Der Bio-Anbau von Gemüse nimmt deutlich zu: Im Vergleich zu 2020 stieg die Erntemenge auf ökologisch bewirtschafteten Flächen im letzten Jahr um 18 Prozent; im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020 sogar um 47 Prozent.“

Dem Biogemüse scheint die Jahrtausenddürre zu behagen

Na immerhin. Dem Biogemüse scheint die Jahrtausenddürre zu behagen. Wie steht es um das andere Zeugs, Getreide und so?

  • Die Getreideernte insgesamt (ohne Körnermais) fällt in diesem Jahr um 4,8 Prozent höher aus als im Vorjahr.
     
  • Schlecht sieht es beim Mais aus: Nach bisherigen, noch mit recht großer Unsicherheit behafteten Schätzungen ist mit 21,5 Prozent weniger als im Vorjahr zu rechnen.
     
  • Insgesamt wird beim Getreide (inklusive Körnermais) dennoch mit einem Anstieg von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gerechnet.
     
  • Beim Raps beträgt das Plus satte 22,3 Prozent.
     
  • Bei Äpfeln wird ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartet.
     
  • Die Kirschenernte 2022 fällt erheblich besser aus als im verregneten Vorjahr. Erwartet wird ein Zuwachs in Höhe von 42,6 Prozent.
     
  • Die Pflaumen- und Zwetschenernte soll 17 Prozent mehr bringen als im Vorjahr.
     
  • Aber beim Hopfen – da müssen Bierfreunde jetzt tapfer sein – wird mit starkem Rückgang von rund 25 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2021 gerechnet.
     
  • Bei der Kartoffel weiß man es noch nicht so genau: Die August-Prognose der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission geht für Deutschland von einem Hektarertrag von 40 Tonnen aus; das wäre ein Rückgang um 8,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr und um 3,6 Prozent gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt.
     
  • Bei der Zuckerrübe ist es „für belastbare Ertragsprognosen derzeit noch zu früh“.
     
  • Die Daten zur Gemüseernte 2022 werden im Rahmen der Gemüseerhebung ermittelt, die in der zweiten Jahreshälfte durchgeführt wird. Ergebnisse liegen dann im Folgejahr, für das Erntejahr 2022 im ersten Halbjahr 2023 vor. Nur für Spargel gibt es schon Zahlen. Verzeichnet wird ein Rückgang um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr (bei um vier Prozent reduzierter Anbaufläche).

Weiterhin erfreulich: Offenbar ist es sehr gut gelungen, auf die Ausfälle von Weizen aus der Ukraine zu reagieren: „Die Anbaufläche von Sommerweizen wurde gegenüber dem Vorjahr um fast 70 Prozent ausgedehnt und beläuft sich auf rund 52.000 Hektar. Mit rund 55 Dezitonnen pro Hektar wird auch ein höherer Flächenertrag festgestellt. Infolge höherer Anbauflächen und höherer Flächenerträge liegt die Erntemenge mit rund 286.100 Tonnen deutlich über dem Niveau des Vorjahres (+81,2 Prozent) wie auch des mehrjährigen Durchschnitts (+10,9 Prozent)“, lesen wir auf Seite 16. Wir erfahren im Erntebericht auch etwas über die globalen Erträge. Demnach verzeichnen wir laut Weltgetreidebilanz im Jahr mit der schlimmsten Dürre seit 500 Jahren Rekordernten beim Weizen, beim Getreide insgesamt, und auch beim Mais. (Seite 12).

Es ist also alles in allem noch einmal gutgegangen. Herr Özdemir zollt seinen ärgsten Feinden Anerkennung: „Die Landwirtinnen und Landwirte haben dafür gesorgt, dass wir auch in Zeiten multipler Krisen gesundes und hochwertiges Essen auf dem Tisch haben.“ Er sieht aber auch Katastrophen am Horizont, wenn die Bauern weiter so gut arbeiten, und endet daher mit den warnenden Worten: „Es wäre doch Harakiri, auf weitere Produktionssteigerungen zu setzen, die unsere natürlichen Grundlagen aufbrauchen und damit unsere Ernährungssicherung gefährden.“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

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Paul J. Meier / 03.09.2022

Auf den Feldern bei uns wurde dieses Jahr deutlich weniger Mais angebaut als letztes Jahr, dafür mehr Getreide. Korrigieren sie mich, wenn ich etwas Dummes sage, aber hängt die Ernte nicht auch damit zusammen, wieviel man anbaut!? Und ist die Menge an Brachland nicht auch dafür verantwortlich? Auch ist durch den gesteigerten Bioanbau bekanntlich eine geringere Menge an Ernte, als bei konventionellem Anbau zu erwarten!? Aber was weiß ich schon, es wird schon das Klima sein, wenn es eine solche biodynamische Kapazität wie Özdemir sagt!

Frank Danton / 03.09.2022

Özdemir Zurücktreten, Jetzt!

Wilfried Düring / 03.09.2022

Jede Nacht seh ich im Traum - Özdemir im Kofferaum!

Wilfried Düring / 03.09.2022

Es gab einmal ein Land. Dieses nannte sich Deutsche Demokratische Republik, weil es ‘weder deutsch noch demokratisch, ja nicht einmal eine Republik’ war. (Zitat Genosse Willy Brandt in seiner Zwit als Bürgermeister des Freien Berlin). Trotzdem kam dieses Land in seinen besten Jahren - in den Augen aller Sozialistenden, Gutemenschenden, Friedliebenden, Kreativenden, Soziologenden (und Lügenden) - dem Himmel sehr nahe. Aber dieses gute Land hatte vier Feinde. Grimmige. Diese hießen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und diese hatten natürlich Helfer: Sonne, Wind und Regen, Sturm und Hagel, Dürre, Frost und Hitze. Deshalb mußte des Land auch JEDES JAHR mehrere Schlachten führen: Winter-Schlacht, Kohle-Schlacht, Ernte-Schlacht. Und dann wurde diese kleine und - im Felde unbesiegte - Land verraten, von den besten Freunden: Die Russen - böse und treulos - erhoben die Hand zum ‘Dolchstoß’ - und das Land war verloren. Arbeitsscheue Bolschewiken und Maoisten wie Özdemir sind schon aus ideologischen Gründen die schlimmsten Feinde von freien Bauern und Landwirten und deren Familien. Das war schon im Frankreich Robespierres so. Özdemir hat im besten Goebbels-Sprech bei Frau Illner einst politische Gegner und kritische Bürger als ‘Mischpoke’ (vgl. LTI Viktor Klemperer) bezeichnet. Eine unmißverständliche Drohung! Heute verhöhnt der korrupte Bonus-Meilen-Lümmel die Hungernden in der Welt: ‘... Das Thema Hunger nehme ich sehr ernst – ... . Aber man darf es nicht als Argument missbrauchen, um Abstriche bei Biodiversität und Klimaschutz zu machen.’ Klimaschutz hat eben - im Zweifel - Vorrang, das wußte schon Pol Pot! Möge ein gütiges Geschick dafür sorgen, daß sich für den Genossen Özdemir kurzfristig - für seine Opfer noch rechtzeitig - die passende Badewanne oder ein kleiner Kofferraum findet!!! Wer die klammheimliche (Vor-) Freude jetzt gehässig und unchristlich findet, richte die fälligen Rückfragen bitte an den (Mescalero-) Genossen Trittihn!

A. Norden / 03.09.2022

1159 briet alles in Italien. 1171 gräuliche Hitze in Deutschland. 1276 und 1277 gab es kein Futter durch die große Hitze. 1303 und 1304 lagen Loire, Seine, Rhein und Donau trocken. 1393 und 1474 die Donau in Ungarn vertrocknet. 1538, 1539, 1540 und 1541 unerträgliche Hitze. 1556 versiegten die Quellen. 1615 und 1616 Trockenheit in ganz Europa. 1652 große Trockenheit in Schottland. 1698 große Hitze. 1701 bis 1703 glühende Sommer. 1718 fünf Monate kein Regen in Paris. 1732 Hitze. 1743 bis 1746 sehr heiß. 1748, 1754, 1760, 1767, 1778, 1779 und 1788 außerordentliche Hitze. 1802 in Paris größe Hitze seit Erfindung des Thermometers. 1811 sehr heißer Sommer, 1818 außerordentliche Hitze, ebenso 1830, 1835,1846 und 1857.

Thomin Weller / 03.09.2022

@Stefan Ahrens “20% werden den Grünen in Nds. zugetraut.” Mal sehen ob die Wähler unter 25 Jahren am 9.10. auch so denken. Landesarmutskonferenz Niedersachsen “Soziale Schieflage in Niedersachsen: Jeder Vierte unter 25 armutsgefährdet.”, “„Hungern oder Frieren“: Demonstranten fordern Hilfe für Arme.” ■ Der Rhein war 1921, 1949 und 1971 fast komplett trocken. Bei der ganzen Wetter- und Klimahysterie gehts auch darum das Versicherungen ihren Verträge nicht mehr erfüllen und zusätzlich die Bundesländer nicht in Verantwortung gezogen werden wollen. Ist so ähnlich wie die Tempo 30 Bereiche. Statt Schlaglöcher reparieren ein Schild und alles ist gut.

Daniel Kirchner / 03.09.2022

Im Reich des Bösen bei Vladimir gab es richtige Rekordernten, bei fast gleichem Klima. Die Region gehört allerdings nicht zur EU. Bei der Biolandwirtschaft fehlen hier die Hektarerträge. Waren die auch gut?

Klaus Pagenkopf / 03.09.2022

Die Landwirte kennen sich in ihrem Metier offenbar nicht nur e t w a s besser aus als ihr großer Chef und selbst ernannter Experte in Berlin

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