Peter Grimm / 26.03.2019 / 06:04 / Foto: Government.ru / 60 / Seite ausdrucken

Süddeutsche: „Christlich-jüdisch“ ist verdächtig

Die Zeit-Journalisten Christian Fuchs und Paul Middelhoff haben bekanntlich ein Buch mit dem schönen Titel „Das Netzwerk der Neuen Rechten“ geschrieben. An dieser Stelle ist ja bereits auf den denunziatorischen Charakter dieses Werks eingegangen worden. Dort sind auf einer Netzwerk-Karte einige Punkte als „rechts“ markiert, bei denen jeder problemlos erkennen kann, dass er dort mitnichten Anhänger einer rechten Ideologie findet.

Freunde der Denunziation ertragen es eher nicht, wenn man Denunzianten, die im Dienst für die gute Sache lieber einen zu viel als einen zu wenig anschwärzen, dennoch umstandslos klar „Denunzianten“ nennt. Dass Fuchs und Middelhoff für eine gute Sache, nämlich den „Kampf gegen rechts“ geschrieben haben, dürfte in kaum einer Redaktion in Zweifel gezogen werden. Ebenso wenig überrascht es, dass dies in der Süddeutschen Zeitung Zustimmung findet. In der Rezension von Rudolf Walther über das genannte Buch liest man aber bemerkenswerte Facetten eines Weltbilds, das sonst ja leider meist nur mit einem eher dürftigen Textbaustein-Sortiment beschrieben wird.

Gut, die eingangs demonstrierte Realitätswahrnehmung kennt man schon:

„In stiller Kooperation mit der konservativen Presse ist es den neuen Rechten in den vergangenen fünf Jahren gelungen, alle anderen politischen Probleme außer Migration und Asyl aus der Debatte ganz oder teilweise herauszuhalten. Migration und Asyl sind so zu den alles überragenden Themen buchstäblich hochgeschrieben und -gesendet worden.“

Wie bitte? Nicht die unkontrollierte millionenfache Zuwanderung hat Migration und Asyl zu wichtigen Themen werden lassen, sondern dass sie „hochgeschrieben und -gesendet worden“ sind? (Über welche Sender verfügt die „Neue Rechte“ eigentlich?)

Darf man Denunzianten noch Denunzianten nennen?

Aber halten wir uns nicht an solch einem Detail auf, wenn es um das große Ganze geht. Denn kaum jemand hat einmal so komprimiert und umfassend wie SZ-Autor Walther beschrieben, was alles rechts ist und deshalb zu recht in dieses „Netzwerk“-Buch hineingehört:

„In dieser christlich-jüdisch, abendländisch-ethnozentrisch, männlich-autoritär und wohlstands-chauvinistisch verkürzten Weltsicht erscheint der Rechtsstaat als Luxus und die pluralistische Demokratie als Diktatur. Kein Wunder, dass etwa Roland Tichy und Henrik M. Broder sich von dem Buch angesprochen fühlen und die Autoren der Denunziation bezichtigten; andere drohten gleich mit juristischen Mitteln, wie der Verlag meldet.“

Was für ein Inhalt in so wenigen Zeilen! Bei der „verkürzten Weltsicht“ hätte ich allerdings schon die Frage, ob alle Zuschreibungen erfüllt sein müssen, um damit Aufnahme ins neurechte Netzwerk zu finden? Oder reicht es „christlich-jüdisch“ und vielleicht noch „männlich-autoritär“ zu sein? „Christlich-jüdisch“ ist inzwischen offenbar zu einem Indiz für rechte Gesinnung avanciert, das ist schon etwas Neues. Noch vor Kurzem hätte das wohl in Deutschland kaum ein Redakteur so stehen lassen.

Wer sich nun erfrechte, die für ideologische Abweichler hoch sensibilisierten Gesinnungsgouvernanten einfach „Denunzianten“ zu nennen, wie Henryk M. Broder, hat nach Walthers Lesart bewiesen, dass er ja richtigerweise in die rechte Ecke gestellt wurde. Und dann drohen diese Neurechten, die nicht „rechts“ sein wollen, auch noch mit juristischen Mitteln. Obwohl doch der Rechtsstaat Luxus ist… Man kommt mit der Buchhaltung des geschriebenen Irrsinns an dieser Stelle einfach nicht hinterher. Wie viel davon in so wenigen Zeilen unterzubringen ist, das ist dennoch beeindruckend.

„Salven von Hauptsätzen“

Diese Kunst scheint der Rezensent bei den „Investigativ-Reportern“ allerdings zu vermissen:

„Trotz unbestreitbarer Verdienste um die Aufklärung über das Netz der neuen Rechten weist das Buch Schwächen auf, die formaler Natur sind, aber den Leser langweilen und den Gebrauchswert der Analysen mindern. Der dokumentarische Anspruch des Buches verböte es, dass die Autoren zwar viele wörtliche Zitate anführen, aber auf präzise bibliografische Nachweise verzichten. Ärgerlich ist der in der mittlerweile landläufigen Journalistenschulen-Prosa gehaltene Sprachgestus der Autoren. Fast jedes Kapitel beginnt mit einer Storytelling-Passage mit Salven von Hauptsätzen ohne inhaltlichen Belang“.

Statt der vielen – ohnehin in Verruf geratenen – schönen Worte im Relotius-Stil, kommen jetzt vielleicht wieder vermehrt die Produkte aus den Ideologie-Werkstätten zur Geltung, in denen noch solch beeindruckenden Wortungetüme wie „christlich-jüdisch, abendländisch-ethnozentrisch, männlich-autoritär und wohlstands-chauvinistisch verkürzte Weltsicht“ geschmiedet werden können.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Volker Derouaux / 26.03.2019

Die Rechten sind mittlerweile so stark das meine Schwester eine echte Angst vor ihnen hat. Viele Leute wenden im Gespräch über beispielsweise Brexit und Klima oder das erstarken von Nazis genau die Argumentationsketten der “Leitmedien” an was mich immer neu schwer enttäuscht denn eigenes Denken und Informationsbeschaffung aus mehrere Quellen scheint zur Zeit eher die Ausnahme zu sein. Ich bin froh das es die Achse gibt. Mich hält die “Vielfalt” der Meinungen geistig frisch. Neulich las ich nochmal Notabene45 von Erich Kästner und einige seiner Erläuterungen wie ein Volk langsam aber stetig von einer Diktatur beherrscht werden kann ähneln tatsächlich den momentanen Abläufen hier im aktuellen Deutschland. Man darf gespannt sein wie es weiter geht?

P. F. Hilker / 26.03.2019

Die Süddeutsche ist eine von vielen Fratzen des linksgrünen Mainstreams. So etwas liest man nicht.

Anders Dairie / 26.03.2019

WAS wollen WIR denn verlangen?  Ein näherer Blick und der Nebel lichtet sich :  Von den 67 GRÜNEN im Bundestag haben knapp 11 %  eine regulare Berufs-ausbildung, die sie in der Wirtschaft überleben ließe.  59 Leute davon sind ehem.  Studenten, Assistenen, Aspiranten , Lehrer,  Beamte und Soziale, die noch nie für andere das Brot verdient haben.  Dass diese Typen alle der Fraktionsführung nicht von der Seite weichen,  dürfte nach aller Lebenserfahrung klar sein.  Aus dieser Geisteshaltung heraus geschehen auch die vielen unqualifizierten Zwischenrufe.  Die werden übrigens bei Sprachtrainern in Lehrgängen gelernt. Wenig-stens was !  Würde man die fragen, wieviel Zeh-Oh-Zwo die Luft enthält,  würden sie sich zweifellos in den Kommastellen verheddern.

Thomas Taterka / 26.03.2019

Die Denunziation ist das Steckenpferd von Leuten, die einer öffentlichen Diskussion nicht gewachsen sind, daraus aber dennoch persönliche Vorteile ziehen möchten.

Sebastian Laubinger / 26.03.2019

In der heutigen Zeit darf man es doch schon fast als Ritterschlag verstehen, als “rechts” bezeichnet zu werden, ist dies doch der letzte, panische Versuch, jemanden mundtot zu machen, dem man intellektuell und mit Argumenten nicht beikommt. Eine Steigerung erreicht man eigentlich nur, wenn man sich als “Nazi” titulieren lassen muss, aber den unvergleichlichen Herrn Broder kriegt man mit einem solchen Anwurf natürlich nicht dran. Ich finde es außerdem faszinierend, welche Verrenkungen die Medien heutzutage machen, um ihren Lesern ihre Sicht der Dinge schmackhaft zu machen. Da werden auf-Teufel-komm-raus eine Handvoll Beispiele gelungener Integration vorgestellt, um daraus—pars pro toto—stricken zu können, dass Deutschland auf Migration dringendst angewiesen sei und ansonsten natürlich vor die Hunde gehen würde. Antisemitismus? Also bitte. Ein rein DEUTSCHES Problem, rechtsextrem, und all das. Wer wagt, darauf hinzuweisen, dass ein z.B. von Syrern geschmiertes Hakenkreuz als “rechtsextrem” in der Polizeistatistik geführt wird, darf sich mindestens als Relativierer, eher schon als Nazi verunglimpfen lassen. Wer dann die Dreistigkeit besitzt, darauf zu verweisen, dass Europa nun einmal christlich-jüdisch geprägt sei und dies nachweist, indem er auf die lange, lange Liste jüdischer Geisteswissenschaftler, Erfinder und Wissenschaftler verweist, die Deutschland und andere europäische Länder bereichert haben, muss sich belehren lassen, dass 1. Juden über die Jahrhunderte aufs Übelste verfolgt wurden (was natürlich bekannt ist, aber an der Ausgangslage nicht nur nichts verändert, sondern die Leistungen jüdischer Mitmenschen nur noch eindrucksvoller erstrahlen lässt), 2. in muslimischen Ländern in der gleichen Zeit Juden geduldet wurden (ja, aber zu welchem Preis? Die muslimischen Machthaber hatten ihren christlichen Gegenspielern eines voraus: Sie waren schlau genug, nicht der Gans, die goldene Eier legt, die Hälse durchzuschneiden, jedenfalls nicht sogleich).

Arnold Balzer / 26.03.2019

@ Gerd Runtsch: Ihrem Vorschlag, den Begriff “Rechtsstaat” zu ersetzen durch ” ‘Linksstaat’ oder ‘Grünstaat’ ” kann ich zustimmen, dagegen ‘Nowhereland’ wäre mir einerseits zu unpräzise und zweitens nicht zutreffend, denn dieser gleichgeschaltete Staat mit seinen Zensierern und Denunzianten ist ja gerade _nicht_ “nowhere”, sondern hier und jetzt, und ganz real - leider! Anstelle dessen möchte ich als weitere Charakterisierung für die BRD folgenden Begriff vorschlagen: Drei-Klo-Land.

Wiebke Lenz / 26.03.2019

Jetzt kränkt es aber meine weibliche Seele, wenn ich nicht genau so böse sein darf wie ein Mann. Schließlich falle ich ja aus einer Kategorie rein geschlechtlich heraus.  Aber mal versucht, sachlich zu schreiben: Ich bin Christin, und von daher christlich-jüdisch geprägt. Das beste Beispiel dafür, dass das Judentum wichtig ist, ist das diesjährige Osterfest. Jesus wurde zu Pessach gekreuzigt. Nach dem gregorianischen Kalender (auch nicht zu verachten) hätten wir Ostern schon gefeiert. Das Fest wird jedoch an Pessach geknüpft, also den hebräischen Kalender. Die Frühjahrsvollmonde fallen dieses Jahr auseinander. Dem Okzident kann ich nichts Negatives abgewinnen - Orient und Okzident haben sich schon immer befruchtet. Und jetzt kommt es zu den (gewollten?) Verschmelzungen. Selbstredend denke ich, dass die Kultur, in der ich aufwuchs, die Richtige für mich ist. Sie hat mich geprägt - genau so, wie die Menschen, die nun hier herkommen, ihre mitbringen und vollständig behalten wollen. Und dagegen habe ich tatsächlich etwas. Und den Bindestrich zwischen “Wohlstand” und “Chauvinismus” hätte der Herr der SZ auch ersparen können. Vieles, was er zusammenbasteln will, passt schlicht nicht. Zumindest nicht so - auch dieses ist sicher so gewollt. Einzeln könnte man es ja besser auseinandernehmen. Aber sei es ihm gegönnt. Hauptsätze heißen übrigens nicht umsonst so und es wird auch anempfohlen, keine langen Sätze zu schreiben. Und es bedarf nicht einer Journalistenschule, um Journalist zu sein … Nichtsdestotrotz werde ich mir das Buch wohl dennoch kaufen müssen, da ich ungern über etwas schreibe, das ich nicht selbst las. Auch wenn ich es heute tat.

Gerd Runtsch / 26.03.2019

der Begriff ‘Rechtsstaat’ klingt m.E.  eigentlich auch schon verdammt subversiv. Wie wäre es pc mit ‘Linksstaat’ oder ‘Grünstaat’ oder am besten gleich mit ‘Nowhereland’? Mal die SZ fragen….

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