Wer die Twitter-Videos vom Landfriedensbruch und den Plünderungen in Stuttgart angeschaut hat, dem schwante schon: Blonde Frauen und bio-deutsche Männer waren kaum zu entdecken. Immerhin waren auch Menschen mit nicht deutscher Staatsbürgerschaft und Deutsche mit Migrationshintergrund deutlich überrepräsentiert.
Auch die Stuttgarter Polizei und der noch amtierende grüne Bürgermeister Fritz Kuhn bemühten sich um sprachliche Deeskalation. Die Täter hießen Menschen, und sie entstammten der “Party- und Eventszene”. Als ob das Freilufttreffen zu mitternächtlichen Stunde versehentlich aus dem Ruder gelaufen wäre. Eine Drogenkontrolle eines deutschen Dealers soll der Anlass gewesen sein.
Nun offenbart der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Mannheim in einem Facebook-Post die tatsächlichen soziodemographischen Daten der Aggressoren und Diebe: “Für viele Polizisten ist diese Zuordnung irreführend, sie kritisieren das als falsch". Es handele sich um eine "Verharmlosung des Grundproblems", so Thomas Mohr, der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP in Mannheim. Für ihn ist klar: Ausgelöst wurden die Krawalle von "überwiegend migrantischen Jugendlichen, Heranwachsenden, aber auch Erwachsenen". Das meldet RTL. Und weiter: "Weitgehend testosterongeladene junge Männer, die in der Gruppendynamik schnell eskalieren", zitiert er einen Kollegen. "Provokationsverhalten und ausgeprägte Eskalationsneigung" attestiert er den Krawallmachern. Sie würden sich grundsätzlich an keine Verhaltensregeln halten. Auch der ebenfalls grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann stellt fest, dass der Begriff Party-Szene unzutreffend sei.
„Gut aufgestellt und präsent“
Derweil taucht die tatsächliche “Event-Szene”, die immer noch keine richtigen Konzerte, Theaterstücke und andere kulturellen Darstellungen aufführen, Clubs betreiben oder Messen und andere Ereignisse präsentieren darf, die Stätten ihres Tuns in rote Beleuchtung, um auf ihren bevorstehenden Untergang aufmerksam zu machen. Doch das nur am Rande.
Die Daily Mail findet da ganz andere Worte: “Plünderer riefen Allahu Akbar während Stuttgarts schlimmsten Unruhen, die die Stadt in ein Schlachtfeld verwandelten.” Solche Formulierungen findet man ansonsten nur in deutschen als “Rechts” verschrieenen Publikationen. Da kann man sehen, dass Facebook und Twitter eben doch einen kümmerlichen Rest Meinungsfreiheit bereithalten.
Diese Sprachregelungen erinnern fatal an die Ereignisse in jener Kölner Silvesternacht 2015, nicht zuletzt, weil die Polizei Köln um 8.59 Uhr per Pressemitteilung über die Silvesterfeiern in der Stadt offiziell vermeldet: „Ausgelassene Stimmung, Feiern weitgehend friedlich, Polizei gut aufgestellt.“ Joachim Frank berichtet in seiner Titelgeschichte im Kölner Stadtanzeiger am 2. Januar 2016. "Gibt es einen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln? Zunächst nicht.” In der Original-Meldung heißt es weiter:
“Kurz vor Mitternacht musste der Bahnhofsvorplatz im Bereich des Treppenaufgangs zum Dom durch Uniformierte geräumt werden. Um eine Massenpanik durch Zünden von pyrotechnischer Munition bei den circa 1.000 Feiernden zu verhindern, begannen die Beamten kurzfristig die Platzfläche zu räumen. Trotz der ungeplanten Feierpause gestaltete sich die Einsatzlage entspannt – auch weil die Polizei sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent zeigte.”
Statistik ist kein Rassismus
Mehr als 500 Strafanzeigen gingen im Anschluss wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung ein. Die Täter und Tatverdächtigen waren fast ausnahmslos Flüchtlinge und Männer mit Migrationshintergrund. Folgt man den Videos aus Stuttgart, waren Frauen bei der “Party” wohl kaum unterwegs. Hier richtete sich die Aggression der jungen Männer ausschließlich gegen Polizisten und Polizistinnen.
„Teile meiner Antwort würden die Bevölkerung beunruhigen“ sagte der Bundesminister des Inneren, Thomas de Maiziére am 17. November 2015, als er ein Länderspiel in Hannover absagte, kurz nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris, und offenbarte so, wie dosiert der deutsche Staat seinen Bürgern die Wahrheit zumutet.
Statistik ist kein Rassismus sondern manchmal ein relativ genaues Abbild der Realität. Auch die kann man – sagen wir – verändern. Und sozio-demographische Daten weisen eben aus, dass alte weiße Männer beim Stuttgarter Landfriedensbruch absolut unterrepräsentiert waren. Niemand hat übrigens eine fehlende Frauenquote bei den Verhaftungen kritisiert. Wer Quoten und social distancing mit Statistik begründet, kann social profiling nicht verteufeln, solange das sich nicht auf dem “Hören-Sagen” oder auf Vorurteilen beruht.
Das heißt nicht, dass der Einzelne unabhängig von seiner Herkunft oder Religion schlechter behandelt werden darf als andere. Aber das Schweigen des tatsächlichen Sachverhalts befördert Vorurteile und fördert Diskriminierung, weil den für unmündig gehaltene Bürger das Gefühl beschleicht, ihm würde kein reiner Wein eingeschenkt und die Wahrheit wäre in Wirklichkeit viel schlimmer.
Ich kann auch jene Menschen gut verstehen, die sich wegen Hautfarbe, Herkunft oder Religion zurückgesetzt fühlen und als besondere eloquente, erfolgreiche und gebildete Menschen jetzt in den Talkshows darauf verweisen, dass diese Eigenschaften ihnen unberechtigte Nachteile bringen. Das ist ungerecht. Aber das kann der leitende Mitarbeiter eines DAX-Konzerns auch von sich behaupten, dem der Aufsichtsrat im Vertrauen eröffnet, er werde nur deshalb nicht Vorstand, weil er keine Frau sei. Und umgekehrt. Und als angegangener, untergroßer Mann muss ich mich auch damit abfinden, dass ich nicht bei jeder jungen, schönen, langbeinigen Frau lande. Das ist auch Diskriminierung.
Nur das Verhältnis zu physischer Gewalt ist entspannt
Viele derjenigen, die noch nicht so lange hier sind, stammen aus Ländern, in denen Antisemitismus zum guten Ton gehört, die ein vorsintflutliches Frauenbild haben und bei denen das Verhältnis zu physischer Gewalt das einzige ist, was entspannt ist. Und nicht alle legen diese Prägung ab, und viele leiden darunter, dass ihnen unterstellt wird, sie könnten das nicht, obwohl es längst der Fall ist. Für die ist das ein schwer zu ertragendes Dilemma. Und für uns, dass wir diejenigen, die das nicht getan haben und hier bleiben werden, davon überzeugen müssen, dass sie sich an Menschenrecht, Gesetz und Ordnung halten müssen und von einer offenen Gesellschaft profitieren. Wie der Mannheimer GdP-Vorsitzende schreibt, war ein Grund für den Stuttgarter Landfriedensbruch der mangelnde Respekt der Täter vor dem Gewaltmonopol des Staates und seines Repräsentanten, der Polizei.
Wenn die obskure SPD-Vorsitzende Saskia Esken der Polizei pauschal Rassismus unterstellt, unterminiert sie deren Autorität und legitimiert diese Respektlosigkeit. Und wenn man, wie die taz-Autorin, Polizeibeamten auf den Müll wünscht, handelt man nicht nur menschenverachtend, sondern bläst ins gleiche Horn. Und wer die Meinungsfreiheit in Gefahr wähnt, weil der Bundesinnenminister die strafrechtliche Relevanz der taz Kolumne durch ordentliche Gerichte des Rechtsstaates durch eine Strafanzeige prüfen will, gefährdet diesen, weil er ihn vorauseilend delegitimiert. Die Bundeskanzlerin soll ja ihren Einfluss geltend gemacht haben, den Verfassungsminister davon abzuhalten.
Durch Verschweigen und Verdrehen bringt der Staat seine eigene Glaubwürdigkeit in Gefahr. Mündige Bürger haben im freiheitlichen Rechtsstaat Anspruch auf die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und nicht auf deren gutmeinende, gutsherrliche Verfälschung.
Das scheint mir ein wesentliches Phänomen auch in der Corona-Lage zu sein. Die Sprachverwirrung bei der fortwährenden Vermischung zwischen “Infizierten” und “Erkrankten” ist da nur ein Symptom. Doch davon ein andermal mehr.