Henryk M. Broder / 04.01.2025 / 09:00 / 60 / Seite ausdrucken

Stuttgart: No-Go-Bereiche für Juden

Die Juden in Stuttgart bekommen jeden Freitag von der Gemeinde eine Mail über anstehende anti-israelische Demos in der Stadt. Verbunden mit dem Rat, bestimmte Bereiche "zu vermeiden".

Jeden Freitagnachmittag, kurz bevor es dunkel wird und der Schabbat beginnt, schickt der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) per Mail ein Rundschreiben an die Mitglieder.

So auch gestern, am 3. Januar. Darin heißt es:

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gemeindemitglieder! Vorstehend finden Sie wie gehabt die Übersicht der anti-israelischen Demos in Stuttgart an diesem Wochenende. Wir empfehlen, diese Bereiche zu den genannten Zeiten zu vermeiden. Weitere Infos finden Sie unter www.irgw.de/sicherheit.

MfG und Schabbat Schalom

IHR IRGW-Team“

Am Sonntag, dem 5.1., so erfahren es die lieben Gemeindemitglieder, gebe es am Schlossplatz rund um das Christoph-Denkmal von 13.00 bis 13.45 Uhr eine Kundgebung und gleich danach von 13.45 bis 14.45 Uhr einen „Aufzug“ von der Bolzstraße vorbei am Neuen Schloss über die Münzstraße, die Marktstraße, die Eberhardstraße, die Kronprinzstraße und die Bolzstraße zurück zum Schlossplatz, wo von 14.45 bis 17.00 Uhr die Kundgebung fortgesetzt werden soll.

Dass Juden – und natürlich auch Jüdinnen – geraten wird, die genannten Bereiche zu den genannten Zeiten „zu vermeiden“, bedeutet für sich genommen keine große Entsagung, denn die Stuttgarter Innenstadt ist sogar tagsüber so anmutig und bezaubernd wie Ouagadougou, die Hauptstadt von Burkina Faso, kurz nach Mitternacht. Es handelt sich auch um kein Ausgehverbot für Juden, sondern nur um eine Empfehlung zu deren eigener Sicherheit. Man will die Toleranz der Freunde Palästinas nicht überstrapazieren, sie könnten sich provoziert fühlen und böse werden.  

An sich wäre das ein Fall für den Antisemitismus-Beauftragten von Baden-Württemberg, einen Mann mit vielen Tugenden, vor allem der, sich selbst zu preisen. Er könnte sich – nähme er seinen Job ernst – in eine Israel-Fahne hüllen und an den Kundgebungen und dem „Aufzug“ teilnehmen. Und ein Schild hochhalten, auf dem der Satz steht: „Lasst die Geiseln frei!“

Aber das wird er nicht machen. Wo kämen wir denn hin, wenn der Antisemitismus-Beauftragte sich Judenhassern in den Weg stellen würde? Lieber weist er die Schuld an dem wachsenden Antisemitismus in Deutschland dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu zu. Ganz im Sinne der alten Volksweisheit "An allem sind die Juden schuld", also auch am Antisemitismus. Seit 2.000 Jahren verfolgt, und immer ohne Grund? Fest steht: Gäbe es keine Juden, müssten sich die Antisemiten andere Opfer suchen. Radfahrer, zum Beispiel. 

Also, liebe Jüdinnen und Juden in Stuttgart – akzeptiert, dass es für euch No-Go-Bereiche gibt, bleibt am Sonntag zu Haus, spielt mit euren Kindern „Mensch, ärgere dich nicht!“ und seid froh, dass ihr einen so tollen Beauftragten habt! 

 

Henryk M. Broder ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.

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Leserpost

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Joachim Willert / 04.01.2025

Gäbe es keine Juden, müssten sich die Antisemiten andere Opfer suchen. Empfehle eine kleine Lektüre des Erich Goldhagen aus den Siebziger Jahren.  Mit den Jahren ändern sich die Erkenntnisse. ERICH GOLDHAGEN WELTANSCHAUUNG UND ENDLÖSUNG Zum Antisemitismus der nationalsozialistischen Führungsschicht

Franz Klar / 04.01.2025

Ich empfehle mindestens die Verkleidung als Atheist . Noch sicherer ist es freilich , bekennender Atheist zu sein . So kann man überall hingehen , sich die Religionskriege ansehen und evidenzbasiert bestätigt fühlen ...

H. Berger / 04.01.2025

Nun ja, sie marschieren wieder in Deutschland. Die Ollen, die Dollen und die Neuen, und auch die Reihen werden wieder fester geschlossen. Zusammenhaltshalber. Und der Herr Blume, der schaut zu, schliesslich ist es ein freies Länd und ein bisschen “Israelkritik” wird ja noch erlaubt sein, nicht wahr? Und wer muss denn, wer muss denn zum Städele hinaus, zum Städele hinaus? Das alte Lied, schon wieder.

Norbert Brausse / 04.01.2025

Herr Broder, die Mehrheit der Kommentatoren weiß doch, dass man von einem deutschen Antisemitismusbeauftragten nichts anderes erwarten kann. Aber was würde denn wohl ein Herr Josef Schuster dazu sagen? Sieht der vielleicht sogar eine Hauptschuld bei der AfD, weil die sich ja vorbehaltlos hinter Israel stellt? Sie könnten ihn ja mal dazu befragen. Und den Herren Freiling und Schneegaß möchte ich erwidern, dass Herr Broder auch nur ein Mensch ist, der versucht einen Weg zwischen minimaler Anpassung aber keiner gesellschaftlichen Ächtung durch den Mainstream zu finden, der ihm weiterhin das Führen eines gutbürgerlichen Lebens ermöglicht. Noch ist laut Wikipedia die Achse nur „Rechts“ und nicht „Radikal“ oder sogar „Extrem“.

Peter Kuhn / 04.01.2025

Antisemitismus-Beauftragter. Heuchelei und Feigheit gehen Hand in Hand. Wenn Israel nicht so verdammt klein wäre. Grad mal größer als Hessen. Ob man da als Goi Asyl bekommt? Ich hab wirklich darüber nachgedacht.

Ilona Grimm / 04.01.2025

@Leo Hohensee: Ihr Unverständnis für die rigorose Abrechnung Netanyahus mit den Feinden Israels(*) kann ich nachvollziehen. Sie liegt darin begründet, dass Sie die Geschichte des Landes und des Volkes Israel nicht annähernd gut genug kennen und auch nicht die Geschichte der sich selbst so bezeichnenden „Palästinenser“. Die Zusammenhänge sind ultrakompliziert und ohne Geschichtskenntnisse sowie regelmäßige sach- und fachkundige Infos aus Israel kann man die Lage unmöglich beurteilen, nicht einmal „grob“. - - - (*) Der Name „Israel“ bedeutet eingedeutscht „Kämpfer Gottes“ oder auch „der mit Gott kämpft“. Dieser Name ist abgeleitet von Isaaks Sohn Jakob , der mit Gott am Jabbok kämpfte (1.Mose 32, 23-33) und von Gott anschließend in Israel umbenannt wurde. Er charakterisiert das jüdische Volk treffend: Es kämpft mit Gott (gegen seine Feinde) und manchmal auch gegen ihn. Ihre Halsstarrigkeit gegenüber den Geboten Gottes haben Juden hinlänglich unter Beweis gestellt. Die Bibel gibt darüber ausführlich Auskunft. Bis heute verleugnen/verwerfen sie ihren Messias Jesus, der aus ihrem eigenen Volk hervorgegangen, als Sühneopfer gestorben und auferstanden ist, um in erster Linie den Juden die Erlösung von Schuld und Sünde zu bringen. Bis heute beten „gläubige“ Juden im „Schemone Esre“ um die Vernichtung der Jesus-Anhänger. Das finde ich auch ganz schlimm, und trotzdem bete ich fast jeden Tag zu Gott um Hilfe für Israel und dass sie ihren Messias doch noch erkennen, ehe die „große Drangsal“ für sie beginnt. Leider kennt nicht nur Herr Broder die hebräischen Teile der Bibel (das Alte Testament) nicht oder nur unzulänglich. Wichtige Teile der Prophetien werden in den Synagogen bewusst nicht gelesen.

Albert Pelka / 04.01.2025

Diese staatlich bestallte (CDU-)Labertasche für besonders viel staatlich geprüften Judenhass von der Marke: ‘Das macht der Jude Netanyahu selber’ heißt Blume, Michael, 48J. alt, geb. in S.-Filderstadt, als sogen. Beruf le(e/h)rte er , respektive befüllte er das Christl.-Islamische Dia-logern/Lügen: Die (Neben-)Gehaltsspanne als Beauftragter liegt zwischen 43.500 € und 61.300 € pro Jahr und 3.625 € und 5.108 € pro Monat. Wer einen Job als Beauftragter sucht, findet eine hohe Anzahl an Jobangeboten in den Städten Berlin, Hamburg, München. Auf StepStone de kannst du 11684 Stellenanzeigen für den Beruf Beauftragter finden. Sicher gibt es bald, oder vielleicht längst schon ,  die entsprechende Gattung der staatlich berufenen ‘Radfahrer-Beauftragten’, welche dann im Speziellen die statistisch hohen Radfahrertoten den Radfahrern selber oder eben halt wiederum den Juden oder eben gleich dem Erzbösen Juden Netayahu ursächlich anhängen werden. Denn sowohl diese Burschen, die zu Beauftragten bestallt werden, wie die multiplen multibelsten Beauftragungsbestallungen selber verfügen in aller Regel über sehr viel hintersinnige Kreativität vor allem zum eigenen Beruf , Behuf und Nutzen, respektive über einen absoluten Mangel an Diversität, was ihre einmal verinnerlichten staatlich berufenen Feindzuschreibungen angeht. Und irgendwie fügt es sich , ja wurstelt es sich amtlicherseits ganz von selbst zusammen, dass eben bei diesem leidenschaftlich engagierten, von Staats wegen berufenen Berufs-Antisemiten das routinemäßige , feierliche “Nie-wieder-Antisemitismus”-Geloben obendrein gepackt und alles zusammen “all inclusive” zum Gesamtpaket dazu gehört, wie bei einer schnieken tui-Schnäppchen-Buchung last minute.

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