Ulrike Stockmann / 28.02.2022 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 37 / Seite ausdrucken

Stromausfall in Friedrichshain

In der ganzen Wohnung gibt es keinen Strom mehr. Ein Blick in den Stromkasten offenbart: Alle Sicherungen sind noch drin. Das kann nur eines bedeuten: Hilfe, ein Stromausfall! Eine mentale Trockenübung.

Es ist Sonntag, 13:15 Uhr in Berlin-Friedrichshain. Ich bin, wie oft am Wochenende, sehr spät ins Bett gekommen und erst eine gute Stunde wach. Nachdem mein Freund, der schon länger auf den Beinen ist, mir mit einem Kaffee das Aufwachen versüßt hat, tapse ich schließlich in Richtung Badezimmer und stelle fest – das Licht geht nicht an!

Und tatsächlich: In der ganzen Wohnung gibt es keinen Strom mehr. Ein Blick in den Stromkasten offenbart: Alle Sicherungen sind noch drin. Unsere Stromrechnung haben wir bezahlt. Außerdem ist Sonntag. Das kann nur eines bedeuten: Hilfe, ein Stromausfall! Meine bis dato fröhlich-entspannte Stimmung rauscht automatisch in den Keller. Ich werde panisch, weil ich mir die bange Frage stelle, ob dies vielleicht nicht nur eine kleine Störung von wenigen Minuten, sondern womöglich ein größerer Blackout ist, der in den letzten Monaten immer wieder beschworen wurde. Ist es nun soweit und wir werden möglicherweise tagelang ohne Strom dasitzen? Och nö, bitte nicht!

„Bei einem längeren Stromausfall wird es nach absehbarer Zeit keine Wasserversorgung mehr geben“, schießt es mir durch den Kopf. Wie war das noch gleich? Man soll im Falle einer längeren Unterbrechung der Stromversorgung unbedingt die Badewanne mit Wasser füllen, um wenigstens eine Grundversorgung zu haben. Da ich später noch verabredet bin, beschließe ich, zunächst unter die Dusche zu hüpfen, bevor ich die Wanne zum Wassertank erklären würde.

Mit einer Kerze erleuchte ich notdürftig das Badezimmer. Kaum schalte ich den Brausekopf an, bemerke ich, dass die Versorgung mit Warmwasser im Falle eines Stromausfalls allerdings sofort nicht mehr gewährleistet ist, da in unserem Haus mit einem elektrischen Durchlauferhitzer das Warmwasser erzeugt wird. Während ich mir mit eiskaltem Wasser die Haare wasche, verfluche ich sämtliche Energiewende-Verantwortlichen. „Das waren die Grünen“, geht es mir durch den Kopf, als ich bibbernd versuche, sämtliche Shampooreste auszuspülen und meine Kopfhaut vor Kälte zu pieksen beginnt.

Am Wasser soll es nicht scheitern!

„Ich hasse dieses Land“, verkünde ich, als ich entnervt aus der Dusche steige und mein Freund zur Tür hereinkommt. „Vielleicht handelt es sich ja um einen Cyber-Angriff von Putin“, witzelt er. Im Gegensatz zu mir geht er mit der Situation deutlich gelassener um und konnte bei unseren Nachbarn herausfinden, dass diese vom Hausmeister erfahren haben, dass wir gegen 15 Uhr wieder Strom haben müssten. Also in anderthalb Stunden! Mir fällt ein Stein vom Herzen. „Du brauchst also kein Wasserdepot in der Wanne anzulegen“, meint er trocken. Doch sicher ist sicher, schließlich habe ich sämtliche Horrorszenarien im Falle längerer Stromausfälle verinnerlicht. Am Wasser soll es nicht scheitern!

Ich versuche, mich nicht wie eine Panikente aufzuführen und meinen Frust zu vergessen. Mein Freund sieht die Sache ziemlich locker, schließlich hat er sich in den letzten Monaten ausgiebig mit gebotenen Vorsichtsmaßnahmen angesichts einer Energieversorgung im Schleudergang beschäftigt. „Weißt du was? Ich probiere jetzt endlich mal unseren neuen Gaskocher aus. Ich koche uns damit Kaffee!“ Neben Wasserkanistern, Konservendosen und sogar einer Riesenpackung Futter für unseren Kater ist der Gaskocher der Mittelpunkt seines Blackout-Überlebensplans.

Nach kurzer Zeit halte ich eine Tasse dampfenden Kaffees in der Hand, die mir unter den gegebenen Umständen besonders gut schmeckt. Was bin ich dankbar, dass sich mein Freund Gedanken um unsere Versorgung im Ernstfall gemacht hat. Auch wenn ich nach wie vor argwöhnisch hinsichtlich der Länge dieses Stromausfalls bin, bessert sich meine Laune erheblich.

Ein ziemlich neues Phänomen

Doch warum erscheint uns dieser mutmaßlich kurze Stromausfall eigentlich so bedrohlich? Ist er nicht bloß eine kleine Störung im Betriebsablauf? Abgesehen von den angekündigten Energieengpässen hörten wir in den letzten Monaten immer wieder von sich häufenden lokalen Blackouts in Deutschland, in mehreren Berliner Vierteln gab es Stromausfälle, die teilweise einen halben Tag dauerten. Anfang Februar wurden an einem Wochenende in fünf Berliner Regionen Stromausfälle gemeldet. Derartiges ist ein ziemlich neues Phänomen, das jedoch die Probleme bei der Stromversorgung zu bestätigen scheint. Und möglicherweise einen längeren Blackout vorwegnimmt.

Mein Freund und ich haben beide jahrelang nicht mehr die Erfahrung eines Stromausfalls gemacht. Mein letzter ereignete sich während meines Erasmus-Semesters in Istanbul vor genau zehn Jahren. Zumindest damals waren Stromausfälle in der Türkei keine Seltenheit, und ich erlebte mehrere Blackouts von jeweils ein bis zwei Stunden. Einmal wurde ich dort zu Hause von einem Stromausfall überrascht. Es war bereits dunkel und ich hatte keine Kerzen.

Also ging ich zum nächsten Laden, auf dem Weg dorthin wurde mir die Wichtigkeit einer Straßenbeleuchtung eindrücklich vorgeführt: Ich sah die Hand vor Augen kaum, da weder Laternen noch Fenster Licht verströmten, sodass es ziemlich gespenstisch war, den verschlungenen Pfaden meines hügeligen Viertels am Bosporus zu folgen. Wie dunkel es ohne elektrisches Licht wird, merkt man immer erst, wenn es nicht mehr da ist. Im nächsten Mini-Supermarkt traf ich noch andere Leute auf Kerzensuche, Gottseidank durften wir bezahlen, obwohl die Kasse nicht mehr funktionierte. Und zum Glück hatte der Laden keine Schiebetür.

In Friedrichshain geht Ende Februar 2022 schließlich tatsächlich kurz nach 15 Uhr wieder das Licht an. Die Ursache für den Stromausfall kennen wir nicht. Ich bin erleichtert, dieses Mal dem gefürchteten Totalausfall entkommen zu sein. Die Frage ist, wie lange noch? Für‘s erste bin ich dennoch zufrieden, auch wenn ich zur Sicherheit gleich noch die Waschmaschine und den Staubsauger anwerfe, bevor ich zu meiner Verabredung eile.

Foto: Achgut.com

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Stanley Milgram / 28.02.2022

Oh, ich wusste gar nicht, dass die Windmühlen einen Satelliten brauchen. Da dieser wohl gehackt wurde, ist mal grad der Zugriff auf 30.000 Vogelschredder mit sounsoviel Megawatt nicht möglich. Ich empfehle ihnen für den Einkaufszettel: 1/3 kaltes Wasser, 1/3 warmes Wasser, 1/3 kochendes Wasser. Es wird eine spannende Zeit. Titel: “Ohne Ladde makiatto im Shithole Börlin…”

Michael Schweitzer / 28.02.2022

Frau Stockmann,ich bin schon bei Vollmond und vollständiger Dunkelheit durch den Wald gegangen, wo man die Hand vor den Augen nicht mehr gesehen hat.Ich habe mich am Hang links gehalten,sonst wäre ich abgestürzt. Durch meine feinen Sensoren Ist alles gut gegangen. Wenn die ersten blackouts kommen ,dürfen sich die Grünifizierten in den dunklen schwarzen Städten entscheiden,welche der Gefahren realistisch größer ist. Die Angst vor der Dunkelheit,oder die Angst vor dem ideologischen Klimawandel.“Und bitte keine Taschenlampen benutzen Ihr Klimaschweine!”

Norbert Brausse / 28.02.2022

Wer immer nur an die anderen denkt und gleich die ganze Welt retten will, dem kann es schon einmal passieren, dass er nackt da steht. Aber auch da wird sich ein Schuldiger finden lassen. Wissen wir doch von Putin, dass er sogar den Medien verboten hat, von Krieg zu sprechen, ein Befreiungsschlag sei es, gegen ein von Faschisten gesteuertes Regime. Da wird unseren Medien doch auch etwas einfallen, die wahre Ursache des Stromausfalls zu verschleiern. Kürzlich war es bereits einmal eine notwendige Notabschaltung, um Schlimmeres zu verhindern. P.S.: Irgendwie passt etwas zeitlich nicht im Artikel. Frühstückskaffee vor 15 Uhr oder so ähnlich. War der Gaskocher zu gut versteckt?

Christian Feider / 28.02.2022

ich habe in Ägypten von 2012 bis 2015 mit regelmaessigen Stromsperren gelebt,jeden Tag zweimal mindestens 2 Stunden…da wrds schnell knackig warm be Aussentemperaturen um die 45 Grad…man lernt sich zu helfen, der Freezer war sowieso immer vereist,das wurde dann benutzt(das Eis),um gekühlte Fusswannen zu bereiten. Kerzen gabs auch immer. In Pakistan haben sie das 2008 aber getoppt, da gabs in der !diplomatischen Exklave! von Islamabad jeden Tag mindestens zwei blackout für mindestens 4 Stunden…ebenso bei 40 Grad und 90% Luftfeuchte :) in D dürfte das selbstverschuldet eintreten,weil 2021 zuviele Idioten rot-grün und(besonders bekloppt) gelb gewählt haben… gut,ich lebe auf dem Dorf,habe genug Brennholz,also wirds selbst bei Stromausfall nicht kalt,bzw bleibt die Küche nicht kalt ODER geht mir das Warmwasser aus. Man lernt eben aus Erfahrungen,das sollte für D unbedingt mal eintreten,so ein richtiger Realtätsschock,der ist 40 Jahre überfällig hier.

RMPetersen / 28.02.2022

Meine Stromausfall-Erfahrungen stammen aus Chile: In den 90ern, im Arbeitszusammenhang, passierte es in Santiago regelmässig ab 17 Uhr, we da nicht zuhause war, musst die 12 Stockwerke zu Fuss erklimmen. Dann vor einigen Jahre beim Urlaub in Südchile: Eine lange Schlange wartender Autos an der Tankstelle, die nächste rd. 80 km weiter. Der Tank leider ziemlich leer. Das ganze Dorf dunkel, wann es wieder Strom geben würde? Achselzucken. Das gebuchte Hotel in 45 km Entfernung wurde per Taxi erreicht, das dann auch am nächsten Mittag kam, um uns zu dem neben de Tankstelle geparkten Auto brachte. Erleichterung: Das Dorf, die Tankstelle hatten Strom. Seither fahre ich auch in Deutschland mit 20-Liter-Kanister. Und neben dem Heizöltank zuhause steht eine Handpumpe.

Dieter Kimmling / 28.02.2022

Über Tag sieht man die Hand vor den Augen nicht? Da stimmt was nicht.

HDieckmann / 28.02.2022

Bleibt nur noch die Frage, wie der erste Kaffee gekocht wurde.

Manfred Bühring / 28.02.2022

Ja was denn jetzt? War der Strom noch da, als der Freund das Aufstehen mit einem Kaffee - mit Strom gekocht - versüsste? Oder war der Gaskocher schon in Betrieb, obwohl der Text verrät, dass dieser erst später zum ersten Mal in Betrieb genommen wurde? Oder ist die Autorin durch die Kaltdusche in eine Zeitspalte gerutscht, in der so einiges durcheinander gerät? Oder hatte sie gar selbst einen Blackout durch Kaltduschen? Fragen über Fragen, die bei einem vernünftigen Textlektorat nicht aufgetreten werden.

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