Werter Herr Müller, ihr Kampf für TTIP in Ehren, aber vielleicht sollten Sie sich doch einmal bei Gelegenheit mit den Argumenten (mancher) seiner Gegner vertraut machen: dabei handelt es sich nämlich keineswegs nur um “obskurantisch”, vor allem grün verstrahlte Menschen, die allein deshalb schon gegen TTIP sind, weil Kolumbus mit seinem unfairen Verhalten gegenüber den Indianern die Globalisierung angestoßen hat. Nein, es gibt tatsächlich SEHR rationale, gerade auch aus der Perspektive eines DEMOKRATISCHEN und WIRTSCHAFTLICH gesunden Verständnisses von Globalisierung abgeleitete Gründe GEGEN TTIP. Nicht der Freihandel als solcher steht dabei in der Kritik, sondern seine rechtliche Rahmung. Es geht dabei um die vorgesehenen “Schiedsgerichte”, die im Falle von Konflikten zwischen internationalen Konkurrenten, bzw. zwischen Lieferanten und Kunden den Gerichtsort (und damit das angerufene Rechtssystem) ausschließlich in die USA verlegen. Und zudem - tatsächlich obskurantistisch - weder Berufungsinstanz noch Transparenz (vulgo: Öffentlichkeit) vorsehen. Wenn man ein wenig das US-amerikanische Klagesystem und seine zugehörige Anwaltskultur kennt, kann einem dabei für den - in der Globalisierung übrigens ganz hervorragend erfolgreichen deutschen Mittelstand - nur Angst und Bange werden. Sie brauchen sich nur z.B. einmal vergleichend das Verhalten von US-Behörden bzw. Gerichten gegenüber VW in der Abgasaffäre und gegenüber US-amerikanischen Unternehmen mit teils noch gravierenderem (weil sicherheitsrelevanteren) Fehlverhalten ansehen, um zu verstehen, dass nicht überall wo “Freihandel” draufsteht, auch “Freihandel” gemeint ist. Wie beim Waschmaschinenkauf kommt es auf das Kleingedruckte an, auch wenn sich - insbesondere deutsche - Journalisten damit ungern befassen, weil sie sind ja immer für das “Große-Ganze” und den Weltgeist zuständig, drunter macht man´s nicht, und sich im Zweifelsfalle nur die Hände schmutzig.
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