Auch in der letzten Woche gab es wieder gute Nachrichten, zum Beispiel aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Frank-Walter Steinmeier will sein Haus auf Vordermann bringen. Um im Geschäft der internationalem Konfliktberatung konkurrenzfähig zu bleiben, hat der alte Gipfel-Hase den Aufbau einer „Abteilung für Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge“ beschlossen.
Rein geschäftlich betrachtet eine durchaus vernünftige Entscheidung, eine Erfolg versprechende Investition in die Zukunft.
Denn „die Krise wird“, weiß Steinmeier, „eher der Normalfall sein in den nächsten zehn bis 15 Jahren“. Mit anderem Worten, es geht um eine Wachstumsbranche mit steigendem Beratungsbedarf. Und wer da alles aus einer Hand anbieten kann, von der Organisation der politischen Abläufe bis zum Entertainment der Gipfeltreffen, verschafft sich zweifelsohne einen beachtlichen Wettbewerbsvorteil.
Zwar verfügt das Außenamt auch heute schon über einen Krisenstab, der zusammentritt, wann immer deutsche Bürger oder deutsche Interessen durch Krisen jenseits unserer Grenzen bedroht sind. Unterdessen aber geht es um sehr viel mehr. Mit der Globalisierung haben sich Geschäftsfelder eröffnet, auf denen die kommerzialisierte Politik Bedeutungsgewinn schürfen kann wie nie zuvor.
Auch die Kleinen können jetzt den diplomatischen Großmax herauskehren, ohne dabei weiterreichende Verpflichtungen übernehmen zu müssen, mit irgendwelchen Taten für ihre Beratung einzustehen.
Vorausgesetzt, es gelingt ihnen, sich rechtzeitig als Vermittler, als Berater, als Consultant in den Streit entfernter Mächte einzumischen. Weit hinten in der Ukraine, unter der grellen Sonne Afrikas oder in der Hitze abgelegener Wüsten, wo immer sie vermittelnd in Aktion treten, dürfen sie mit einer medialen Aufmerksamkeit rechnen, die die Notwendigkeit ihrer politischen Existent bestätigt.
Erfolg verspricht die Krise an sich, von der Prävention bis zur Nachsorge. Ins Zentrum der Diplomatie rückt die rechtzeitige Akquise der einschlägigen Beratungsmandate. Niemand weiß das besser als unser Außenminister. Wenn es um die „Stabilisierung“ der Krisen geht, macht ihm so schnell keiner etwas vor. Bisher hat er es noch immer verstanden, aus den Aufträgen, die er an Land ziehen konnte, ein längeres Geschäft zu machen, oft im Verbund mit den Kollegen anderer Staaten.
Um das Gespräch über die Beschlüsse des ersten Minsker Abkommens nicht abreißen zu lassen, folgte „Minsk 2“. Und man muss kein Hellseher sein, um sich ein weiteres Abkommen vorzustellen, bei dem dann in diplomatischer Runde beschlossen wird, dass man nichts unversucht lassen werde, um an den ersten beiden Abkommen festzuhalten - mit aller geboten Geduld und dem nötigen touristischen Aufwand, versteht sich.
Die Erfolge der bisherigen Arbeit Frank-Walter Steinmeiers machen es geradezu unabdingbar, jetzt in seinem Amtsbereich eine eigene Krisen-Abteilung aufzubauen. Immerhin wollen allein in der Berliner Zentrale etwa 2.800 Mitarbeiter beschäftigt sein. Eine enorme Verantwortung lastet da auf den Schultern des Chefs.
Damit nun auch das Volk das in Zukunft besser versteht, wurde zusammen mit der Gründung der neuen Krisen-Abteilung eine Aufklärungskampagne über den außenpolitischen Betrieb beschlossen. Wir dürfen uns also Hoffnung machen, demnächst zu erfahren, wie die globalen Geschäfte des Berliner Beratungsunternehmens für die „Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge“ laufen. Einen Anspruch darauf haben wir ohnehin, denn immerhin gehört unser der Laden.
Als Steuerzahler sind wir auch die Arbeitgeber seines Chefs; er schuldet uns Rechenschaft, politisch und betriebswirtschaftlich. Als Sozialist sollte er wissen, was Lenin schon wusste: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, und das umso mehr, als die Deutschen bereits genug Schaden angerichtet haben, wenn sie sich in der Vergangenheit zur Einmischung in die internationalen Händel Dritter und Vierter berufen fühlten.
Nicht alle haben das alles längst vergessen. Wir kennen noch unsere politischen Pappenheimer. Warten wir also ab, was es mit der guten Nachrichten auf sich hat, die in der vergangen Woche aus dem Außenamt kamen.
Sorry und nichts für ungut sehr geehrter Herr Steinmeier.