Zunehmend offenbart das Handeln und Reden unserer führenden Politiker psychische Störungen, Symptome eines schweren Realitätsverlustes. Vor wenigen Tagen erst mussten wir hier feststellen, dass es bei der Deutschen Bundeskanzlerin Anzeichen gibt, die für eine ausgeprägte Pseudologie, die Neigung zu zwanghaftem Lügen, sprechen. Und nun, kein Woche später, steht uns schon der nächste Fall ins Haus. Jüngste Äußerungen des Bundespräsidenten lassen befürchten, auch er könne nicht mehr Herr seiner Rede sein.
Mit Blick auf den unionsinternen Streit über die Asylpolitik verlangte er vorgestern eine „gewisse Disziplin bei der Sprache“. Sie dürfe, sagte er, nicht „spalterisch wirken“; wir müssten „zurückkommen zu einer Auseinandersetzung, die möglichst auf Irrationalität verzichtet“. Mit anderen Worten, zu einer vernünftigen, nicht Bauch-gesteuerten politischen Auseinandersetzung.
Dass er sich mit dieser ermahnenden Einlassung als Bock selbst zum Gärtner machte, scheint dem Ersten Mann im Staate mitnichten bewusst zu sein. Eine offensichtliche Amnesie, ein krankhaftes Vergessen, muss in seinem Gedächtnis gelöscht haben, was er früher, noch im Amt des Außenministers, von sich gab. Dabei liegt es kaum zwei Jahre zurück, dass er Donald Trump einen „Hassprediger“ nannte und den Amerikanern empfahl, diesen „Brandsatz“ rechtzeitig „in der Wahlkabine zu löschen“.
Worte, die schlichtweg unvereinbar sind mit Steinmeiers heutigem Aufruf zur sprachlichen Disziplinierung. Allein ein totaler Erinnerungsverlust kann ihm die moralische Belehrung ermöglicht haben. Doch wäre es gewiss falsch, aus diesem Blackout bereits die Diagnose einer beginnenden Demenz abzuleiten. Bis dahin kann es noch ein langer Weg sein, im oder außerhalb des Bundespräsidialamtes.
Mit zunehmender Vergesslichkeit lässt die Denkfähigkeit nach
Wohl aber geht die Zunahme offensichtlicher Vergesslichkeit mit einer „nachlassenden Denkfähigkeit“ einher. Da sind sich Psychiater und Psychologen einig. Zu den Ursachen dieses geistigen Verfalls zählen sie unter anderem die „Gehirnwäsche“.
Das alles mag hart klingen, einerseits. Andererseits ist die medizinische Erklärung die einzige, dies es noch erlaubt, dem vor sich hin faselnden Bundespräsidenten mit einiger Nachsicht zu begegnen. Andernfalls müssten wir annehmen, dass ihn nichts weniger kümmert als sein Geschwätz von gestern. Wie aber vertrüge sich das nun wiederum mit der „Würde des Amtes“, die sein Verweser gern beschwört? Oder sollte er womöglich annehmen, das ganze Volk befinde sich in einem Zustand kollektiven Vergessens, der es ihm erlaubt, sich ohne Rücksicht auf sein politisches Vorleben zur moralischen Instanz aufzuschwingen?
Würde es sich so verhalten, wäre das erstens ein weiterer Beleg fortschreitenden Realitätsverlustes, zweitens eine Anmaßung gegenüber dem Volk als Arbeitgeber auch des Bundespräsidenten und drittens nicht ganz falsch. Kaufen doch wenigstens die journalistischen Gefolgsleute des Staates unseren Politikern unterdessen nahezu jeden Schwindel ab.
Das muss nicht sein. Nicht, wenn die psychischen Störungen so offensichtlich sind. Von jedem Arbeitgeber, dessen angestellte Manager und Frühstücksdirektoren ähnliche Symptome der Verwirrung zeigten wie Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier, würde erwartet werden, dass er die Überforderten von ihren Aufgaben entbindet. Und was tun wir, die Bürger? Haben wir nicht auch eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Politikern?