Auf unseren Grundrechtedemos dachten 2020 alle, Corona sei ein riesiger doch kurzlebiger Irrtum. Ab 2021 lautete die Hauptfrage resigniert, welche Länder den besten Schutz vor Impfzwang bieten und als Fluchtorte infrage kommen. Ich habe dieses Buch gern gelesen und hatte dabei so manches Déjà-vu.
So wird es jedem ergehen, der sich in den letzten drei Jahren dem Corona-Kult widersetzte und deshalb Rauswurf oder Suspendierung erfuhr, Kontokündigung oder Diffamierung, Festnahme oder Strafbefehl. Oder, wie bei Boris Reitschuster und mir, das meiste davon in Kombination.
In den letzten Jahren habe ich oft gehört, Journalisten seien ein ehrloses Pack und mitschuldig an dem, was wir hier seit 2020 erleben. Dieses Urteil ist in der Tendenz richtig, aber nicht pauschal. Denn zu den Helden des Corona-Widerstands gehören auch etliche Journalisten, teils Einzelkämpfer wie Boris Reitschuster, Aya Velázquez oder Burkhard Müller-Ullrich, teils Redaktionsmitglieder wie Phillippe Debionne, Gunnar Schupelius oder Cornelia Stolze. Ebenso sind viele Fernsehmacher zu nennen, die ihr Publikum mit einer Serie guter Dokumentationen über Impfschäden aufrüttelten – und nicht zuletzt jene namenlosen Angehörigen der Zunft, die die Bevölkerung gern aufgeklärt hätten, dies aber infolge der von Birk Meinhardt beklagten internen Zensur nicht durften.
Zum Inhalt: Das Buch „Meine Vertreibung" ist thematisch und innerhalb der Themen chronologisch aufgebaut. Im Mittelpunkt stehen der „Journalist in einem fremd gewordenen Land“, die unsägliche Bundespressekonferenz und die heute üblichen Diffamierungs- und Zersetzungsmechanismen. Weil Reitschuster im Land herumkommt, statt nur im warmen Büro zu hocken, hat er viele seltsame Erlebnisse, wie etwa das mit einer alten, ängstlichen Frau (S. 18), die am hellichten Tag mitten in Berlin einem jungen Migranten gegenübersteht, der ihr Damenfahrrad und einen Bolzenschneider in der Hand hält. Nach dem „Nazi“-Ruf des Migranten solidarisieren sich die Umstehenden mit ihm, und er kann unbehelligt mit dem frisch gestohlenen Rad von dannen ziehen. So etwas kannte Reitschuster, der einen Teil seines Lebens als Reporter in Moskau zugebracht hat, nicht.
Aus Moskau kennt Reitschuster dieses Muster
Etwas anderes kommt ihm dagegen sehr bekannt vor: Als er auf einer sogenannten Gegendemonstration zwei Akteure befragt, die das unsinnige Plakat „Meinungsfreiheit ist mehr wert als Eure wertlose Meinung“ hochhalten, drehen sich diese verschämt von ihm weg. Aus Moskau kennt Reitschuster dieses Muster von bezahlten Gegendemonstranten, die der Staat gegen Regierungskritiker in Stellung bringt.
Ein weiteres Déjà-vu auf S. 58: Auf dem Höhepunkt der Zensurorgien in den sozialen Medien ersetzt Reitschuster das Wort „Impfung“, über die man damals nicht schreiben durfte, in seinen Beiträgen durch „Zensurgefahr“. Ich habe seinerzeit statt „Impfung“ den Terminus „Bratwurst“ verwendet, der sowohl die Löschroboter als auch die ausländischen menschlichen Zensoren mattsetzte, da ihnen der kulturelle Kontext fehlte.
Der Bundespressekonferenz sind große Teile des Buches gewidmet, die von der Kumpanei zwischen Regierung und Berichterstattern handeln. Mehrere Szenen rauben einem den Atem, etwa die (S. 130), wo Maximilian Kall, der Sprecher von Innenministerin Nancy Faeser, auf Nachfrage schlicht bestreitet, dass Corona-Demonstrationen jemals verboten worden seien. Dass Reitschuster auf seinem Blog über diese offensichtliche Lüge schreibt, besiegelt seinen Rauswurf aus der Bundespressekonferenz endgültig.
Auch die mannigfachen Kontokündigungen, die Reitschusters Aufklärung behindern sollen, kann ich aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen. Als Finanzvorstand des Vereins MWGFD, der mit Prof. Dr. Sucharit Bhakdi die Spitze des Widerstands gegen evidenzlose Maßnahmen und experimentelle Therapien bildete, erhielt ich eines Tages ein Schreiben unserer Apotheker- und Ärztebank, die Geschäftsbeziehung sei hiermit beendet. Wir entschlossen uns nach einiger Überlegung, zur GLS Bank zu wechseln, da diese der anthroposophischen Bewegung nahesteht und uns daher als sicherer Hafen erschien.
Aber auch diese Bank kündigte noch vor der ersten Kontobewegung, was mich zweierlei lehrte: Erstens zogen bei der Coronashow fast alle Honoratioren am gleichen Strang, egal ob unter Zwang oder durch Überredung, egal ob Waldorf, Kirche, Verbände oder Kammern. Zweitens erscheint mir ein digitales Zentralbankgeld als immense Bedrohung, weil ein Geldmonopolist die Macht hat, jeden zu vernichten. Wir kamen anschließend übrigens bei einer netten bayerischen Volksbank unter, die dem Verein bis heute die Treue gehalten hat.
Til Schweiger gelangte ins Visier
Ein roter Faden des Buches betrifft die Diffamierung und Zersetzung missliebiger Personen. Claudia Pechstein (S. 16) erhielt ein Disziplinarverfahren, nachdem sie sich zum Thema Abschiebungen politisch unkorrekt eingelassen hatte. Til Schweiger (S. 177) gelangte ins Visier, nachdem er öffentlich geäußert hatte, er werde seine Kinder infolge eines früheren Impfschadens nicht impfen lassen. Als Schweiger ein Selfie mit Reitschuster präsentierte und sogar den „Wirtschaftsfachmann“ Robert Habeck kritisierte, begann eine wochenlange Schlammschlacht, die vornehmlich der Spiegel mit Dutzenden anonymer Zitate gegen ihn führte.
An die nächsten Fälle kann sich noch jeder gut erinnern: Till Lindemann (sexueller Missbrauch), Hubert Aiwanger (Verfassung eines Flugblatts) oder Tino Chrupalla (Vortäuschung einer Straftat). In allen Fällen waren die Vorwürfe aus der Luft gegriffen, doch scheint das Geschäftsmodell des Diffamierungs-Trios (Spiegel, Tagesspiegel und Süddeutsche Zeitung) nach wie vor zu funktionieren: Zersetzung statt Information und Analyse. Ist ein Vorwurf widerlegt, folgt keine Entschuldigung oder Richtigstellung, sondern man geht zum nächsten Opfer über.
Am meisten berührt hat mich ein Zitat gegen Ende des Buchs (S. 202). Es stammt von Reitschusters jüdischer Ehefrau, die aus Osteuropa stammt: „[Ich habe] ein Gespür dafür, wenn eine Gesellschaft kippt, wenn es brenzlig wird. Und in Deutschland ist es so weit. Das spüre ich. Wer hier die staatlichen Maßnahmen auch nur infrage stellt, wird jetzt schon schnell geächtet. Und was wird morgen mit solchen Kritikern gemacht?“ Das Ehepaar Reitschuster ist ins Ausland gezogen, und ich kann es ihnen nicht verdenken. Auf unseren Grundrechtedemos dachten 2020 alle, Corona sei ein riesiger, doch kurzlebiger Irrtum. Ab 2021 lautete die Hauptfrage resigniert, welche Länder den besten Schutz vor Impfzwang bieten und als Fluchtorte infrage kommen.
Boris Reitschuster: Meine Vertreibung, Achgut Edition, 22,00 €. Sie können das Buch hier in unserem Shop bestellen.
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Stefan Homburg ist Professor für Öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover im Ruhestand. Auf Twitter bzw. X folgen ihm unter @SHomburg über 100.000 Menschen.