Während sich die willigen Vollstrecker des DDR-Unrechts auf die Führsorglichkeit des Rechtsstaates verlassen konnten und mit verfassungsgerichtlich erhöhten Pensionen sich im Ruhestand komfortabel von der Verfolgung ihrer Landsleute erholen können, leben die meisten ehemaligen Politischen Gefangenen der DDR auf Sozialhilfeniveau.
Während jährlich mehr als 2,7 Milliarden €, das sind mehr als ein Viertel der Transferleistungen in die Neuen Bundesländer für die Renten und diversen Sonderversorgungssysteme der SED-Funktionäre und ihrer Erfüllungsgehilfen bei der Stasi und anderswo ausgegeben werden, hat es bisher jede Regierung abgelehnt, den Menschen, die sich gegen die SED-Diktatur gewehrt haben und einen hohen Preis dafür bezahlen mussten, eine kleine Ehrenpension zu zahlen
Das will die Große Koalition jetzt angeblich ändern.
Schaut man sich aber das entsprechende Eckpunktepapier der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD an, stellt man sehr schnell fest, dass die mit großen Phrasen angekündigte„Opferrente“ eine Mogelpackung ist. In der Presseerklärung von Arnold Vaatz und Norbert Röttgen wird ein Betrag von 250,00 € genannt, der allen länger als sechs Monate Inhaftierten zukommen soll. Schon diese Einschränkung ist zweifelhaft. Wer im Stasiknast landete, hatte in der Regel vorher schon andere Repressalien erdulden müssen, musste aber mit Sicherheit nach seiner Entlassung schwere Benachteiligungen erleiden. Es gibt von daher keinen Grund, eine Gruppe von Inhaftierten auszuschließen.
Liest man weiter, stellt man fest, dass der Betrag von 250 € nur mit mannigfachen Einschränkungen gewährt wird. Er soll an den Nachweis besonderer Bedürftigkeit gekoppelt werden und wird in vielen Fällen nicht in voller Höhe ausgezahlt werden. Was die besondere Bedürftigkeit sein soll, soll wieder von Bürokraten bestimmt werden, an die ein ehemaliger Häftling untertänigst Anträge stellen muß. Das im Eckpunktepapier angedeutete Verfahren Zur Beantragung und Bewilligung dieser „Opferrente“ist demütigend. Das CDU/CSU und SPD dann noch behaupten, bei der „Opferrente“ handele es sich um eine „moralische Anerkennung“ der „Zivilchourage“ der Politischen Häftlinge der DDR ist reiner Hohn. Seit wann gibt es moralische Anerkennung nach „Bedürftigkeit“?
Die Koalitionsfraktionen wollen dem moralischen Skandal des Vereinten Deutschland, dass es den ehemaligen Tätern gut geht, während Menschen, die vom SED-Regime verfolgt wurden mit existentiellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ein politisches Feigenblatt verpassen. Diese Schwierigkeiten werden von der Rehabilitierungsbürokratie eher verschärft als gelindert. Ich weiß, wovon ich rede. Meine berufliche Rehabilitierung ist nach zehn Jahren immer noch nicht erfolgt. Erst war mein Antrag verschwunden, dann hat der Bearbeiter mehrmals gewechselt, so dass meine Akte aus dem Blickfeld der Bürokraten geriet. Und nun weigert sich die bearbeitende Beamtin die ausführliche Schilderung meiner beruflichen Repressalien, die 1983 in ein Berufsverbot mündeten, in der ihr vorliegenden Form zur Kenntnis zu nehmen. Ich müsste alles noch mal neu aufschreiben. Wenn mir das als sogenanntem prominenten Fall schon so geht, kann man sich ausrechnen, was weniger Prominente ausstehen müssen. Übrigens habe ich passend zum Thema kürzlich eine vorläufige Rentenberechnung bekommen. Demnach wird meine Altersrente 169,83 € betragen. Nicht mal die Kindererziehungszeiten können mir voll angerechnet werden, denn ich hatte mich leider nach meiner Stasihaft im Exil in England befunden. Ein Rentenstrafrecht für Stasischergen darf es nicht geben, aber das Rentenstrafrecht für diejenigen, die sich gegen das Stasi-Regime gewehrt haben, ist bittere Realität in unserem Land.
Die Initiative der Großen Koalition beseitigt diese Missstände nicht, sondern versucht sie zu vertuschen.