Wirtschaftsinstitute rechnen noch in diesem Jahr mit einem Überschreiten der 50-Punkte-Marke.
Rente, Pflege, Bürgergeld: Höhere Ausgaben haben die Staatsquote in Deutschland im vergangenen Jahr nach oben getrieben, berichtet handelsblatt.com. Das Verhältnis der staatlichen Ausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei auf 49,5 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitgeteilt habe. 2023 hatte dieser Wert noch bei 48,4 Prozent gelegen. Ökonomen würden schon im laufenden Jahr mit einem Überschreiten der 50-Punkte-Marke rechnen.
„Die Staatsausgaben von heute sind die Steuern von morgen“, habe Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) der Nachrichtenagentur Reuters dazu gesagt. „Mit einem immer weiteren Drehen an der Abgabenschraube kalkuliert sich Deutschland aus dem internationalen Standortwettbewerb heraus, weil den höheren Abgaben keine verbesserten Produktionsbedingungen gegenüberstehen.“
Damit würde das Preis-Leistungs-Verhältnis des Standorts sinken. Das Land ähnele zunehmend einem Unternehmen, dessen Umsätze schmelzen und dem nichts anderes einfalle, als die Preise zu erhöhen. „Das kann nicht gut gehen“, habe Kooths gewarnt. Bei immer höheren Abgabenlasten drohten verstärkte Abwanderung und geringere Zuwanderung von Leistungsträgern. „Deutschland fällt so im Rennen um die Talente der Welt sowie bei Direktinvestitionen immer weiter zurück“, so Kooths weiter.
In ihrem Frühjahrsgutachten hätten die führenden Institute für Deutschland im laufenden Jahr ein Überschreiten der 50-Prozent-Marke vorausgesagt, heißt es bei handelsblatt.com weiter. 2026 könne die Staatsquote auf über 51 Prozent klettern. Kooths Fazit: „Damit wird mehr als jeder zweite Euro, der in Deutschland erwirtschaftet wird, einmal durch die öffentlichen Kassen geschleust – Tendenz eher noch steigend“. Aktuell liege die Staatsquote um 2,2 Prozentpunkte über dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2024. Dieser betrage 47,3 Prozent.
Im EU-Durchschnitt habe die Staatsquote im vergangenen Jahr 49,2 Prozent betragen. Am höchsten sei sie nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat mit 57,6 Prozent in Finnland, gefolgt von Frankreich (57,1 Prozent) und Österreich (56,3 Prozent). Den niedrigsten Wert weise demnach Irland mit 23,5 Prozent auf, das in den vergangenen zehn Jahren ein deutliches Wirtschaftswachstum verzeichnete. Vergleichsweise niedrige Staatsquoten hätten auch Malta (38,3 Prozent) und Litauen (39,5 Prozent) gemeldet.
Ihren höchsten Wert nach der Wiedervereinigung habe die Staatsquote in Deutschland 1995 mit 55,2 Prozent erreicht. „Dieser Höchststand war vor allem auf die Übernahme der Schulden der Treuhandanstalt durch das vereinigte Deutschland zurückzuführen, die im Staatskonto als geleisteter Vermögenstransfer unter die Staatsausgaben fiel“, so das Statistische Bundesamt. Weitere Höchstwerte wurden während der politisch verordneten Corona-Ausnahmezustände mit 51,1 Prozent im Jahr 2020 und 50,7 Prozent 2021 verzeichnet. Die niedrigsten Werte habe es 2007 (43,5 Prozent), 2008 (44,4 Prozent) sowie 2014 und 2015 (je 44,5 Prozent) gegeben.