Fundstück / 12.02.2009 / 19:44 / 0 / Seite ausdrucken

Spione für Israel

Berlin 12. Februar 2009 – Die sieben Mitglieder der informellen Führungsgruppe der iranischen Bahá’í-Gemeinde waren bereits am 5. März bzw. 14. Mai 2008 durch Angehörige des Geheimdienstes festgenommen worden und sind seitdem im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. ISNA zitiert nun den stellvertretenden Teheraner Staatsanwalt Hasan Haddad, der Anklage auf “Spionage für Israel”, “Beleidigung religiöser Gefühle” und “Propaganda gegen die Islamische Republik” bekannt gab und die Verurteilung durch das iranische Revolutionsgericht in der kommenden Woche ankündigte. Hierzu sagt der Sprecher der Bahá’í-Gemeinde Deutschland, Prof. Ingo Hofmann: “Die völlig unbegründeten und haltlosen Anklagepunkte werden von uns entschieden zurückgewiesen. Sie lassen für die Verurteilung das Schlimmste befürchten. Wir fordern ein faires Gerichtsverfahren und den Freispruch für die Inhaftierten.”

Über acht Monate lang erging keine Anklage, auch war den Inhaftierten jeglicher Kontakt mit ihrer Anwältin, der Menschenrechtlerin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi verwehrt. Seitdem Frau Ebadi den Fall übernommen hatte, war sie die Zielscheibe von Einschüchterungsversuchen bis hin zu Morddrohungen gegen sie und ihre Tochter geworden. Nach nunmehr erfolgter Anklage fordern die Bahá’í Akteneinsicht und den Zugang zu den Inhaftierten für Frau Ebadi.

Die Unterstellung der Spionage dient seit über einem dreiviertel Jahrhundert zur Verfolgung der Bahá’í im Iran. Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden ihre Widersacher im Iran nicht müde, die neue Religion als “politische Sekte” imperialistischer Regierungen zu bezeichnen, mit dem Ziel der Schwächung des Islams. So wurden die Bahá’í nacheinander als Werkzeuge der russischen, dann britischen und amerikanischen Expansionspolitik angeschuldigt, schließlich als Instrument des Zionismus.

Die sieben Männer und Frauen waren – stets mit Kenntnis der iranischen Regierung – seit Jahren mit der Aufgabe befasst, eine Art “Notverwaltung” der über 300.000 iranischen Bahá’í zu ermöglichen. Bei den Mitgliedern des am 14. Mai 2008 verhafteten Führungskreises handelt es sich um Frau Fariba Kamalabadi, Herrn Jamaloddin Khanjani, Herrn Afif Naeimi, Herrn Saeid Rezaie, Herrn Behrouz Tavakkoli und Herrn Vahid Tizfahm. Frau Mahvash Sabet wurde bereits am 5. März 2008 festgenommen.

Zum Hintergrund

Die jetzt verkündete Anklage ist Teil der nunmehr 30 Jahre währenden systematischen und staatlich gelenkten Verfolgungen an den Bahá’í im Iran, deren Ziel es ist, die iranische Bahá’í-Gemeinde zu eliminieren. Der Iran ist das Geburtsland Bahá‘u’lláhs, des Stifters der Bahá’í-Religion, der in seinen Lehren die Einheit Gottes, aller Religionen und der Menschheit verkündet. Er wurde 1868, achtzig Jahre vor der Gründung des Staates Israel, durch die Herrscher Persiens und des Ottomanischen Reiches in die damalige Gefängnisstadt Akka bei Haifa verbannt.

Die Bahá’í-Religion hat keine religiöse Hierarchie aus Berufsgeistlichen, vielmehr eine Selbstverwaltung durch demokratisch wirkende gewählte Gremien von jeweils neun Personen. Auf nationaler Ebene heißt die oberste gewählte Körperschaft Nationaler Geistiger Rat, auf lokaler Ebene Geistiger Rat. Das Weltzentrum der Internationalen Bahá’í-Gemeinde hat aus den erwähnten historischen Gründen seinen Sitz in Haifa, Israel.

Vor der islamischen Revolution 1979/1980 gab es im Iran trotz immer wieder aufflammender Verfolgung einen Nationalen Geistigen Rat sowie etwa 600 örtliche Geistige Räte. Am 21. August 1980 wurden alle neun Mitglieder des damaligen Nationalen Geistigen Rates für immer spurlos verschleppt. Acht Mitglieder des Nachfolgegremiums wurden am 27. Dezember 1981 hingerichtet. Seit 1979 wurden über 200 Bahá’í ermordet oder hingerichtet. Seit 1998 ruhten Hinrichtungen von Angehörigen der Bahá’í-Religion im Iran. Nach dem Verbot sämtlicher Verwaltungsgremien der iranischen Bahá’í-Gemeinde am 29. August 1983 koordinierten informelle Führungsgruppen mit Kenntnis der Regierung die notwendigsten Angelegenheiten der iranischen Bahá’í-Gemeinde. Der Vorwurf „illegaler Tätigkeit“ ist daher nicht aufrechtzuerhalten.

Kontakt und weitere Informationen:
Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Deutschland
Büro für Außenbeziehungen
Jägerstr. 67-69,  10117 Berlin
E-Mail: oea@bahai.de
Internet: http://www.bahai.de
Ansprechpartner: Peter Amsler
Mobil: 0179 – 676 55 71

Siehe auch: Baha’i in Mülheim
http://www.derwesten.de/nachrichten/nachrichten/staedte/muelheim/serie/2009/2/12/news-110829422/detail.html
und
Nobel laureate challenges Iran
http://www.washingtontimes.com/news/2009/feb/03/nobel-laureate-challenges-iran/

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